Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz
stattlicher Trauerzug gewesen, denn viele waren gekommen, um der Toten die letzte Ehre zu erweisen. Die meisten aus tiefer Anteilnahme, etliche, weil sie glaubten, daß es sich gehöre, oder weil sie nicht wollten, daß man schlecht über sie rede. Die Spitze hatten ein Mesner der Domkrypta mit einem Vortragekreuz und die Sargträger mit dem hellen Eichenholzsarg auf einer rollenden Bahre gebildet. Direkt hinter dem Sarg war der Priester gegangen, Professor Raimund Hanauer, mit zwei Ministranten. Er hatte die Leitung des Gottesdienstes und der Begräbnisfeier übernommen, hatte er es doch seinem Kollegen Konrad mitfühlend angeboten, wofür ihm dieser dankbar war. Professor Erich Konrad war zutiefst bewegt, hatte sich während der Zeremonie am Grab immer eng an der Seite Hanauers gehalten. Laubmann hatte erfahren, daß Konrad sich um den Erwerb des Grabes gekümmert hatte, eines Doppelgrabes, wobei er den freien Platz für sich selbst vorsah. Hartnäckig verbreitete sich das Gerücht, die Tote trage ihr weißes Kostüm im Sarg, wenn auch gereinigt. Außerdem hatte Konrad in seinem Schmerz einen Grabstein mit einer Engelsfigur in Auftrag geben wollen, einem trauernden Engel, was Kollege Hanauer ihm jedoch hatte ausreden können. – Laubmann würde Elisabeth per E-Mail über all das berichten, nicht zuletzt darüber, daß Erich Konrad seiner Haushälterin, wie es hieß, verziehen hatte. Durchaus ein Grund, ihm mit großer Hochachtung zu begegnen. Und wer hatte sich nicht alles eingefunden: Dr. Berthold Prestl, mit dem sich Konrad inzwischen ausgesprochen hatte, Wendelin Kappas, der Hausmeister der Universität, die Besitzerin des Ladens gegenüber Konrads Haus, Erna Ferdl, unweit von ihr Philipps Mutter und seine Cousine Irene; dann Sibylle Schmidt, die sich von Prestl endgültig getrennt hatte, und in offizieller Mission der Dekan der Theologischen Fakultät, Professor Friedrich mit Namen; Prälat Albert Glöcklein, gleich dahinter Philipps Freunde aus dem Kapuzinerkloster in ihren dunkelbraunen Ordensgewändern mit dem weißen Strick als Gürtel und mit den nur noch selten verwendeten ebenfalls dunkelbraunen weiten Umhängen aus grobem Wollstoff darüber, wobei sie diesmal die spitz zugeschnittenen Kapuzen nicht über die Köpfe gezogen hatten; die Devotionalienhändlerin Eva Weißhaupt und ein Händler von Heiligenberg oben, natürlich Pater Erminold Eichfelder mit weiteren Patres, jeweils in einem schlichten schwarzen Mantel über dem ohnehin schwarzen Habit.
Ganz dicht bei Hanauer waren sogar einige Verwandte Franziskas, die zum Teil von weither angereist waren, zu entdecken gewesen, daneben Almut Werner, die Cousine Elisabeths; außerdem Josef Maria Hüttenberger, Walter Frantz, der Zeuge, Pfarrer Gregor Nüßlein sowie Theresia Schmitthans-Jungbauer als Leiterin des Liegenschaftsamtes. Philipp Laubmann hatte sich extra weiter hinten neben den Kommissaren Glaser und Lürmann sowie deren Sekretärin Christine Fürbringer eingereiht.
Eduard Lang, der Fahrer des Unfallwagens, war nicht hier.
Er war noch nicht über das Unglück hinweggekommen. Pfarrer Dominikus Schultz war es von Prälat Albert Glöcklein untersagt worden, sich am Friedhof blicken zu lassen. Glöcklein hatte ihn sozusagen erneut strafversetzt; er hatte ihm in Absprache mit dem Generalvikar nicht nur absolutes Stillschweigen über die Vorfälle, sondern Hausarrest auferlegt, den er betend und fastend zubringen sollte.
Nach der Beerdigung blieb Philipp Laubmann am Parkplatz stehen, um sich von Dietmar Glaser und Ernst Lürmann zu verabschieden, denn er war von Professor Konrad höchstpersönlich zum Leichenschmaus eingeladen worden. Die Trauergäste zogen auf dem Rückweg nun gewissermaßen in umgekehrter Reihenfolge an Phillipp vorbei, in kleinen Gruppen oder einzeln. Fast alle grüßten ihn, sogar einige ihm unbekannte ältere Frauen und Männer aus dem Seniorenstift bei Konrads Wohnung, die am Grab wie auf ein verabredetes Zeichen hin verbrauchte Medikamentenfläschchen mit Weihwasser darin hervorgezogen und dieses über dem Sarg verspritzt hatten. Seine Mutter und Irene winkten ihm zu. Überhaupt schien sich die Trauerstimmung gelöst zu haben, als wäre in diesem Begräbnis kein Ende, sondern ein Anfang zu sehen.
Kurzentschlossen verabredeten sich die Kommissare in Anbetracht der gelungenen Zusammenarbeit mit Laubmann auf ein Rauchbier in der Altstadt, das ihm jedesmal erst ab dem zweiten Glas zu schmecken begann. Mochte der
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