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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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müssen Sie wissen, war eine Tortur für mich. Die fremde Burgatmosphäre, der Wind, kratzende Geräusche und Türenknarren im Flur; das hat mich um den Schlaf gebracht. Nun gut, vielleicht hat mir nur meine Phantasie einen Streich gespielt.»
    «Falls die nächtlichen Geräusche noch einmal zu hören sind, werde ich höchstpersönlich den Flur aufsuchen und die Angelegenheit klären», versicherte ihm die Tochter des Kastellans, ohne ihn ernst zu nehmen.
    Als Laubmann – durch die große Flügeltür kommend – im Konferenzsaal angelangt war, hatte er noch Zeit, ihn in aller Ruhe zu betrachten, denn es waren nur Professor Grunde und Professor Meister anwesend, die jeweils ihre Unterlagen durchblätterten. Gisela Merten hatte alles auf das Sorgfältigste vorbereitet. An jedem Platz lag eine Mappe, die unter anderem eine Liste der Themen und Termine, Kurzbiographien aller Referenten und Referentinnen sowie die wichtigsten Thesen der Vorträge enthielt.
    Die funktionalen Tische und Stühle waren in U-Form angeordnet. Dem Eingang gegenüber, also an der Stirnseite des Saals, war ein Pult aufgestellt, zu dem eine ausgerollte Leinwand und ein Overheadprojektor gehörten. Nur die vergessenen Reste silbernen Lamettas unter einem der Tischbeine erinnerten noch an die Weihnachtsdekoration.
    Die linke Wandseite des Saals wurde von drei Fenstern durchbrochen: hoch und schloßartig, mit dunkelweinroten, schweren, geöffneten Vorhängen, zwischen denen die kalte Winterdunkelheit draußen zu erkennen war. Laubmann dachte, daß es gemütlicher aussähe, wenn sie geschlossen wären; aber dann könnten die nachtaktiven Eulen und Käuze vom Burghof oder vom Wald her nicht zuschauen. Und Eulen, die mit ihren Blicken das Dunkel des Nicht wissens durchdringen, waren nun mal das Symbol der Weisheit und der Wissenschaft.
    Inzwischen trafen weitere Tagungsteilnehmer im Saal ein: der Pädagogikprofessor Heribert Bach und die Literaturprofessorin Barbara Burgerroth. Laubmann ließ sich aber vom Studium des Saals nicht abhalten, denn die Ritterrüstungen an den Wänden hatten es ihm angetan. Offensichtlich Imitate, Ende 19. Jahrhundert. ‹Vielleicht geht ja unser Kunsthistoriker aus Heidelberg mit einer streitbaren Bemerkung darauf ein›, sinnierte er.
    Zufällig kam gerade Heinrich Ippendorff herein und rückte seine weiße Fliege zurecht. Seine goldene Brille und sein silberner Füllfederhalter funkelten im Licht der Decken- und Wandlampen. Das cremefarben-seidig schimmernde Jackett paßte perfekt zu ihm. Für die Einrichtung des Saals hatte er allerdings keinen Blick.
    An der den Fenstern gegenüberliegenden Wand führten ein paar mit einem schlichten Geländer abgesicherte Treppenstufen zu einem Absatz und einer Tür, durch die man einen Verbindungsgang betreten konnte. In seinem Exemplar des Burgplans, das er diesmal seinen Tagungsunterlagen entnommen hatte, erkannte Laubmann, daß jener Gang in seitenverkehrter L-Form angelegt war. Unmittelbar hinter der Tür lief er linker Hand auf einen kleinen Erker zu, dessen schmale Fenster bei Tage wenigstens etwas Licht einfallen ließen. Denn folgte man dem Gang von der Tür aus in gerader Richtung, endete er blind. Man konnte allerdings von dieser längeren Seite des Korridors aus das Besprechungszimmer erreichen, das sich wiederum links davon befand.
    Laubmann wollte sich das bald mal im Original ansehen, zumal das Besprechungszimmer ‹Bärenzwinger› genannt wurde. Warum, wußte er noch nicht; aber allein schon diese Bezeichnung weckte sein Interesse. Es faszinierte ihn, daß auf der Burg eine Art Bärenkult betrieben wurde, was angesichts der Burgbärenhaltung nicht verwunderlich war. An jedem Schlüssel der Gästezimmer etwa war ein Bärenanhänger aus Stoff befestigt. Auch an der Rezeption wurden solche Schlüsselanhänger verkauft.
    Auf dem prächtigen Wandteppich im Konferenzsaal, welcher an der Seite mit dem Treppenzugang hing, war sogar eine Jagdszene abgebildet – wenn auch ohne Bärenmotive. Wahrscheinlich hatten die Vorbesitzer der Burg, die Grafen von Hohenfranken, auf diese Art ihre nostalgisch-romantischen Vorstellungen der Ritterzeit verwirklichen wollen. Darauf deuteten ebenfalls die wertvollen Bodenintarsien mit ihren Wappenmotiven hin.
    Mittlerweile waren die Theologieprofessoren Petrus von Bebenhausen und Alfonso Forster eingetroffen. Forster wirkte irgendwie zerstreut und winkte seinem jungen Kollegen Laubmann nur kurz zu.
    Philipp war auf den Verlauf der Tagung sehr

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