Laubmann 2 - Bärenzwinger
Unbeteiligten stammen?» fragte Laubmann.
«Bei der Vielzahl der Fingerabdrücke im gesamten Raum wäre ich geneigt, Ihnen zuzustimmen. Unter diese Verallgemeinerung fallen aber nicht alle Abdrücke; zum Beispiel die auf der Tatwaffe nicht. Außerdem, wer garantiert uns, daß die Tat nicht von zwei Tätern gemeinschaftlich geplant und ausgeführt wurde? – Aber», Glaser war mit seinen Erläuterungen noch keineswegs am Ende, «wie ich angekündigt habe, der Obduktionsbefund hat etwas recht Erstaunliches zu bieten: Alfonso Forster war todkrank. Er hätte vielleicht bloß noch ein halbes Jahr zu leben gehabt.
Bei der Leichenöffnung wurde ein fortgeschrittenes Prostatakarzinom mit Metastasenbildung entdeckt. Das war in diesem Stadium nicht mehr heilbar. Die frische Narbe einer Laparoskopie … dabei kann man mittels eines optischen Geräts in die Bauchhöhle schauen, hat man mir erklärt … also die Narbe beweist, daß die Leber auf Krebs geschwüre hin untersucht worden ist, und dies sicher mit einem positiven Ergebnis. Darüber hinaus haben die Medikamente, die wir in Forsters Zimmer gefunden haben, mit seiner Krebserkrankung zu tun. Zum Beispiel eine, allerdings unbenutzte, Packung mit Morphinpflastern, die bei eventuell auftretenden Schmerzattacken am Körper angebracht werden.»
«Indem Sie das alles so im Zusammenhang schildern, lassen sich auch seine Schwächeanfälle verstehen», meinte Laubmann. «Dabei wirkte er in seinem Reden und in seinem Verhalten gar nicht unglücklich.»
«Vielleicht war er tapferer, als wir ahnen.»
Sie schwiegen für einen Moment, jeder in seine Gedanken versunken.
«Wir haben noch einiges zu besprechen», mahnte Glaser. «Der zweite Punkt – die Fingerabdrücke. Kurz zusammengefaßt, wobei ich mich aufs Wesentliche beschränke: Auf dem Schlüssel des Mordzimmers sind die Abdrücke Bebenhausens. Ansonsten nur einige verwischte Reste, mit denen sich nichts anfangen läßt, und die höchstens bei einer Genanalyse relevant werden könnten.
Auf den im Konferenzsaal sichergestellten Unterlagen Forsters sind natürlich die Fingerabdrücke von ihm selbst vorgefunden worden sowie die Abdrücke von Gisela und Hans Merten. Auf den privaten Unterlagen Forsters aus dem Besprechungszimmer schließlich», Glaser hob die Stimme, «haben wir, wiederum außer seinen eigenen, ebenfalls die Fingerabdrücke von Gisela Merten festgestellt. Und auf der Tatwaffe – und das halte ich für besonders bemerkenswert – sind alleinig die Finger- und Handabdrücke von Sophia Merten.»
Lürmann und Laubmann hörten gespannt zu.
«Als letztes habe ich noch Wollfasern zu bieten, die auf der Leiche entdeckt wurden, näherhin auf der Kleidung des Toten, und zwar an der spitzen Halterung eines Kugelschreibers auf seiner Hemdtasche. Schwarze Fasern, von einem Wollpullover oder einer ähnlichen Jacke.» Glaser zog einen kleinen Plastikbeutel mit den Wollfasern darin aus seiner Ledermappe. «Ich schlage vor, wir denken darüber nach, wer ein solches Kleidungsstück trägt. Und wir werden die Familie Merten ein weiteres Mal befragen müssen. Im übrigen sollten wir die Krebserkrankung Forsters erst einmal für uns behalten. Womöglich läßt sich dieses Wissen dem Täter gegenüber geschickt ausspielen.»
«Mit der Jacke kommen wir vielleicht am schnellsten voran», ergriff Laubmann das Wort. «Ich denke, Dr. Böhmer trägt eine, zu der die Fasern passen könnten.»
«Dann her mit ihm!»
Philipp Laubmann verlor kein Wort über seinen eigenen schwarzen Pullover. Bestimmt war er nur aus Kunstfasern gefertigt, mutmaßte er. Im stillen dankte er Gott, daß er sich vor dem Abendessen umgezogen hatte und jetzt ein dunkelgrünes Cordhemd trug, denn im überheizten Speisesaal wäre ihm sein Pullover zu warm geworden.
Der Dresdner Sozialethiker Dr. Friedemann Böhmer wurde von Ernst Lürmann aus Barbara Burgerroths Vortrag geholt. Nicht ohne Nachdrücklichkeit. Er war sehr verwundert, daß er erneut befragt werden sollte – und verärgert über die Störung, obwohl ihn die Thesen der Kollegin fachlich kaum berührten. In Lürmanns Zimmer angelangt, bemerkte er sofort die gereizte Stimmung.
Laubmann und Glaser hatten den beiden Stühlen im Zimmer noch zwei vom Gang hinzugefügt. Denn daß sich jemand auf sein Bett setzte, mochte Lürmann trotz der darübergebreiteten Tagesdecke nicht.
Glaser kam ohne Umschweife zur Sache: «Ich sehe, Sie tragen eine schwarze Wolljacke, und ich vermute, nicht aus Gründen der
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