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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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von Hohenfranken, einen öffentlichen Charakter haben», erläuterte sie. «Ich verfüge nur nicht über die Möglichkeiten, feste Öffnungszeiten anzubieten. Deshalb halten wir die Bibliothek zumindest für die Gäste immer zugänglich.»
    Gisela Merten ging zu einem der Regale unter der Galerie. «Hier ist das alte Theaterprogramm, das ich Ihnen zeigen wollte.»
    Laubmann stellte die entnommenen Bücher ins Fach zurück und kam die Treppe herunter. Mit unverhohlener Neugier ließ er sich das vergilbte Heft überreichen, das nach der Mode der Zeit mit Jugendstilmustern verziert war. Pflanzenornamente rankten sich um die Titel-Lettern: «Don Juan, von Tirso de Molina, Theaterblatt für die Babenburg, aufgeführt daselbst am 12. Oktober 1905». Auf der ersten Seite war die Liste der Rollen und der Schauspieler wiedergegeben. Anschließend konnte man einige Textauszüge und Anmerkungen zu diesem Werk finden. Zeichnungen von Figuren in historischen Gewändern waren darin eingestreut, wobei sich nicht unterscheiden ließ, ob es sich um Phantasiegestalten oder um die Konterfeis der Schauspieler selbst handelte.
    Vorsichtig blätterte Laubmann die Seiten um und prägte sich, seiner Gewohnheit folgend, alles schweigend und nahezu ehrfurchtsvoll ein, bevor Gisela Merten das Programm wieder ins Regal schob. Höher konnte eine Frau bei ihm im Ansehen wohl kaum aufsteigen als zur Herrin über wertvolles bedrucktes Papier, zumal sie, wie er, zur Verwaltung der Bücher noch Karteikarten verwendete.

    ***
    Der Speisesaal verströmte die sterile Atmosphäre eines Knabeninternats. Darauf legte die kirchliche Leitung wert. Ein katholisches Bildungshaus diente nicht dazu, sich der Völlerei hinzugeben, sondern sich völlig den geistigen und geistlichen Aufgaben zu widmen. In der Regel wurde eine lange Tafel gedeckt, so daß sich bei jedem Kurs und bei jeder Tagung sämtliche Teilnehmer um einen Tisch versammeln mußten.
    Sophia Merten und ihr Küchenpersonal bemühten sich freilich trotz des beschränkten Budgets, die atmosphärische Kälte des Speisesaals durch warme und vor allem reichhaltige Gerichte auszugleichen. Was konnte es an einem Winterabend Tröstlicheres geben als dampfende Terrinen, Schüsseln und Kannen auf dem Tisch?
    Fast alle waren zum Abendessen erschienen, und die meisten ließen es sich schmecken, Laubmann und Lürmann nicht ausgenommen. Sogar Helmuth Grunde konnte auf seine Magentabletten verzichten. Einzig Petrus von Bebenhausen hatte einen traurigen Gesichtsausdruck und stocherte auf seinem Teller herum.
    Prälat Glöcklein fehlte. Er war, wie es hieß, zum Rapport beim Bischof. Dieser wollte über den Fortgang der Ermittlungen Bescheid wissen, konnte es doch sein, daß er dazu offiziell würde Stellung nehmen müssen. Glöcklein brauchte freilich um seine Körperfülle nicht bangen, denn Sophia Merten würde schon dafür sorgen, daß der Herr Prälat am späteren Abend noch zu einer Mahlzeit kam.
    Wiederum war der Speisesaal – auch ohne das dampfende Essen – überheizt. Philipp Laubmann mußte unweigerlich zu seinem Stofftaschentuch greifen und sich die gerötete Stirn abtupfen. Manchmal fiel sogar ein Tropfen, der sich in seiner Augenbraue verfangen hatte, auf die Brille.
    Der gepflegte Ippendorff aus Heidelberg, der ihm gegenübersaß, empfand das riesige dunkelblaue Taschentuch Laubmanns nicht gerade als appetitanregend. «Kochen Sie Ihre Taschentücher denn bei der Wäsche aus?» fragte er provokant.
    «Nein; warum soll ich sie kochen? Ich esse sie ja nicht», antwortete Laubmann bewußt unschuldig.
    «Ich finde, Herr Laubmann verhält sich korrekt», kritisierte die reizende Barbara Burgerroth den hochnäsigen Kollegen Ippendorff, und sie gewann auf einen Schlag Laubmanns Ansehen wieder zurück, das sie durch ihr mangelndes Wissen über Forsters Werke verloren hatte. «Warum soll er nicht sein Taschentuch verwenden dürfen? Ich würde meines trotz Ihrer Gegenwart ebenfalls benutzen.»
    «Aber Ihres ist zarter und damenhafter, Gnädigste», entgegnete Ippendorff.
    «Herr Dr. Laubmann ist ja auch ein Mann!»
    Philipp Laubmann fühlte sich verstanden, wie so oft bei Frauen.
    Bevor sich der Wortwechsel steigerte und am Ende gar zu einem Streit führte, wurden Lürmann und Laubmann von Kommissar Glaser, der unangekündigt auf die Babenburg gekommen war, aus dem Saal gebeten. Er hatte die Ergebnisse der Obduktion und der Spurensicherung parat.
    «Wo sind wir ungestört?»
    Der Konferenzsaal sollte nämlich

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