Laubmann 2 - Bärenzwinger
ernsten Erkrankung Professor Forsters gehabt hatten.
Ja, er habe ihnen davon schon in seinen Briefen berichtet. Sie seien sehr erschüttert gewesen; aber auch voller Achtung, wie bewußt er mit seinem bevorstehenden Tod umgegangen sei und wie tapfer er das alles ertragen habe. Äußerlich habe man Alfonso kaum etwas angemerkt.
«Wir hätten sofort einen Arzt geholt, wenn sich sein Zustand verschlechtert hätte, oder ihn in die Klinik gebracht. Wir hätten ihn sogar gepflegt», betonte Eugen Oberhauser. Karla drückte seine Hand. «Mit unserem Hausarzt war alles abgesprochen, falls Alfonso zum Beispiel dringend ein Medikament benötigt hätte. Alfonso und wir hatten zudem vereinbart, wenigstens alle zwei Tage miteinander zu telefonieren, solange er bei der Tagung sein würde. Er hat sich aber nur am Tag der Ankunft gemeldet und dann nicht mehr. Kurz darauf wurde uns sein Tod mitgeteilt.»
Lürmann notierte sich den Namen und die Anschrift des Arztes. Er hatte seine Praxis in einer der umliegenden Ortschaften.
Dietmar Glaser wurde die Stimmung zu rührselig. «Können Sie uns sagen, wen Professor Forster in den vergangenen Wochen getroffen hat?»
«Vor gut zwei Wochen hat Alfonso seinen früheren Arbeitsplatz in Bamberg aufgesucht, die Theologische Fakultät», meinte Eugen Oberhauser. «Er war dort auch in der herrlichen Barockbibliothek, hat sie sich noch einmal angesehen und sich Bücher ausgeliehen, die er in seinem Zimmer oben studiert hat.»
«Sind die Bücher noch im Haus?»
«Nein. Ich glaube, eines hat er zurückgegeben und die anderen mit zur Babenburg genommen.»
«Können Sie sich an die Titel erinnern?» erkundigte sich Laubmann.
«Wir haben sie nur flüchtig gesehen.»
«Zwischen den Jahren», ergänzte Karla Oberhauser, «war Alfonso für drei Tage bei den Kapuzinern im Kloster Gangolfsberg. Mit Pater Anton Baireuther war er eng befreundet. – Ebenfalls ein Abschiedsbesuch.»
«Das Kloster kenne ich!» rief Laubmann. «Ich habe selber Freunde dort.»
«Soweit ich weiß, wollte ihm Pater Anton ein wichtiges theologisches Manuskript heraussuchen und nachschicken. Alfonso hat sich noch den Kopf darüber zerbrochen, ob hierher oder auf die Babenburg oder gleich nach Brasilien. Bei uns jedenfalls ist es bisher nicht angekommen.»
«Händigen Sie es uns bitte aus, sofern es bei Ihnen abgeliefert wird», bestimmte Glaser.
«Hat Alfonso eigentlich Professor Ippendorff auf der Burg angetroffen?» fragte Eugen Oberhauser seinerseits.
«Allerdings. Wie kommen Sie darauf?»
«Ach, das ist eine tragische Geschichte. Vor Jahren hat ihn Alfonso zu einer Tagung nach Brasilien eingeladen, und Ippendorff hat sich wohl mit einer Angestellten des Hotels eingelassen; einer jungen Frau, die von ihm schwanger geworden ist. Ihre Eltern haben sich hilfesuchend an Alfonso gewandt, und er hat es schließlich geschafft, daß Professor Ippendorff zu seiner Verantwortung stand und wenigstens einen ansehnlichen Geldbetrag an die Familie gezahlt hat. Seitdem war Ippendorff freilich nicht mehr gut auf ihn zu sprechen, und Alfonso hat befürchtet, ihm auf der Babenburg zu begegnen.»
Glaser war innerlich in Wut geraten, weil Ippendorff verneint hatte, Forster zu kennen. Ganz abgesehen von dieser Frauengeschichte, aus der sich allemal ein Mordmotiv herleiten ließ. Ein wenig ungnädig forderte er von Lürmann die Liste der Tagungsteilnehmer und legte sie dem Ehepaar Oberhauser vor. «Ist Ihnen sonst jemand von dieser Liste näher bekannt?»
Karla und Eugen rückten ganz eng zusammen und lasen die Liste aufmerksam durch, konnten dazu aber nichts weiter aussagen. Nur beim Namen «Dr. Philipp E. Laubmann» stutzten sie, denn sie hatten ihn doch für einen Kriminalbeamten gehalten. Irritiert blickten sie zu ihm hinüber. Und Laubmann fühlte sich ertappt, hatte er doch schon das fünfte Honigvollkornplätzchen in sich hineingestopft, zumal die weihnachtliche Spezialität Karla Oberhausers von den anderen völlig unbeachtet geblieben war.
***
«Sie haben gelogen!» warf Dietmar Glaser dem Professor respektlos vor. Das tat dem Kommissar wohl, einen dieser Akademiker, zudem einen eingebildeten Gecken mit geziertem Gehabe, der Lüge zu überführen. Allein schon der aufgebauschte gelbe Krawattenschal im blütenweißen Hemd stach Glaser ins Auge. Und daß sich sein Gegenüber einen Oberlippenbart stehen ließ, verdrießte ihn erst recht, weil sein eigener nicht so gepflegt wirkte.
Als Glaser, Lürmann und Laubmann von der
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