Laubmann 2 - Bärenzwinger
vom Hausherrn empfangen. Sie waren bereits – entsprechend ihrer Voranmeldung – erwartet worden. Er hatte sie außerdem durch seine Fenster kommen sehen. Philipp Laubmann hielt er für einen Kriminalbeamten.
«Grüß Gott, meine Herren! – Oberhauser mein Name», stellte er sich höflich, wenn auch in gedrückter Stimmung vor. Er war etwas übergewichtig, trug eine Belesenheit andeutende Brille sowie einen zartgrünen Pullover, der zum «frischen Grün» der Gaststätte zu passen schien, hatte graues Haar, einen grauen Bart und einen ruhigen, festen Blick. Seine Frau hatte dunkle halblange und glatte Haare, keine Brille und trug durchweg schwarze Kleidung, wohl ihrer Trauer wegen.
Ohne lange Vorreden wurden die Ermittler ins Wohnzimmer geleitet. Dort wurde ihnen angeboten, sich auf einer schlichten bäuerlichen Sitzgruppe niederzulassen. Laubmann wurde ob der speziell angefertigten kostspieligen Regale an den Wänden neidisch. Vor allem die Regalwand mit den davor angebrachten Schieberegalen hatte es ihm angetan.
«Die sind sehr praktisch», sagte Eugen Oberhauser freundlich, als er Laubmanns Neugier bemerkte.
In den Regalen befanden sich dekorativ plazierte künstlerische und kunsthandwerkliche Gegenstände sowie eine Menge Bücher. Ein gerahmtes Foto, das Alfonso Forster in Petrópolis zeigte, war mit einem Trauerband geschmückt. Die wertvollen Tierfiguren aus Holz oder Bronze schienen exotischen Ursprungs zu sein. Solche waren auch im Garten hinter dem Haus zu bestaunen. Ein schwarzer Marabu etwa hob sich von einem hellen, aufgrund der höheren Lage noch verbliebenen Schneefeld überdeutlich ab.
Der Hausherr steckte sich eine Pfeife an, was der Gelehrsamkeit des Raums entsprach.
«Sie sind ebenfalls Wissenschaftler?» fragte Lürmann ein wenig zögerlich, was Oberhauser dann doch erheiterte.
«Man bemüht sich», antwortete er. «Genauer gesagt, meine Frau und ich haben moderne Sprachen und Religion am Gymnasium unterrichtet. Wir sind aber schon im Ruhestand. Ich widme meine Zeit allerdings literaturgeschichtlichen und theologischen Forschungen, denen dann ab und zu ein kleiner schriftlicher Beitrag entspringt.»
Laubmann hatte bereits die Jahrgangsbände der Zeitschrift «Christ in der Gegenwart» entdeckt und vermutete, daß Oberhauser darin etwas veröffentlicht haben könnte.
Karla Oberhauser brachte Tee und honigsüße Vollkornplätzchen, die noch von Weihnachten übrig waren. Aller Weihnachtsschmuck war freilich bereits weggeräumt. Ihr Mann legte seine Pfeife beiseite und holte Teller, Tassen, Milch und Zucker.
«Die Löffel fehlen noch», mahnte seine Frau.
«Woher kannten Sie Professor Forster?» Glaser wollte in der Sache vorankommen.
Die Eheleute Oberhauser berichteten geradezu beseelt von der gemeinsamen Bamberger Zeit in den Siebzigerjahren – «wir waren junge Religionslehrer, er ein junger Theologe» – und sprachen voller Bewunderung über ihren verstorbenen Freund.
«Wir waren alle traurig, als er damals nach Brasilien zurückging», sagte Karla Oberhauser mit Tränen in den Augen, wobei nicht erkennbar war, ob seines Weggangs oder seines Todes wegen.
«Wir hatten aber weiterhin Briefkontakt», fügte ihr Mann hinzu. «Durch die Briefe entwickelte sich sogar eine weitaus tiefere Freundschaft. Bei seinen Deutschlandaufenthalten hat er uns immer besucht oder ist länger hier auf dem Gutshof geblieben.»
«Alfonso hat auch dieses Mal bei uns gewohnt, im Grunde während der ganzen sechs Wochen seines Aufenthalts. Er hat das Weihnachtsfest mit uns verbracht.» Karla Oberhauser versank für einige Sekunden in der Erinnerung daran. «Natürlich hat er von hier aus einige Besuche gemacht. Wir verfügen über eine recht gute Busanbindung. Ich habe für Alfonso im oberen Stockwerk ein Zimmer hergerichtet. Da konnte er allein für sich sein, wenn er wollte.»
«Es war geplant, daß er die Tagungswoche über auf der Babenburg bleibt. Danach sollte er noch eine Woche bei uns verbringen.» Eugen Oberhauser wurde nachdenklich. «Ihn bei uns zu haben, war eine besondere Ehre für uns.»
«Wir wußten ja, daß es wohl ein Abschiedsbesuch sein würde.» Karla Oberhauser hielt sich plötzlich die Hände vors Gesicht und lief hinaus. Ihr Mann ging ihr nach, und aus einem entfernt gelegenen Raum hörte man, wie er beruhigend auf sie einredete.
Die Kommissare und Laubmann schauten sich wissend an.
Als das Ehepaar nach wenigen Minuten zurückkam, erkundigte sich Glaser, ob sie Kenntnis von der
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