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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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wirklich, Sie könnten jetzt noch etwas erfahren, was es Ihnen erleichtern wird, zu verkraften, dass Sie einen Mann erschossen haben? Meinen Sie das wirklich?«
    Bobby blickte sie unverwandt an, und in seinen schiefergrauen Augen malte sich ein Ausdruck, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte.
    Er verschlug ihr den Atem und ließ sie bis ins Mark erschaudern.
    »Ich werde sie kriegen, Doc«, sagte er leise. »Wenn sie den Jungen misshandelt und mich dazu verleitet hat, ihren Mann zu töten ... Catherine Gagnon mag meinen, dass sie weiß, wie man mit Männern umgeht. Aber mit jemandem wie mir hatte sie noch nie zu tun.«
    Er verknotete seinen Schal.
    Elizabeth seufzte auf und schüttelte den Kopf. Es gab zwar einiges, was sie ihm sagen wollte, aber ihr war klar, dass es zwecklos sein würde. Er war nicht bereit, ihr zuzuhören.
    Vielleicht verstand Bobby es ja noch nicht ganz, aber sie wusste genau, mit wem er sich in jener verhängnisvollen Nacht identifiziert hatte. Und es war eindeutig nicht der schießwütige Vater gewesen.
    »Sie sind nicht für Nathan Gagnon verantwortlich«, murmelte sie, aber Bobby war schon zur Tür hinaus und hörte sie nicht mehr.

14
     
    Catherine fuhr auf direktem Weg ins Krankenhaus. Nathan schlief noch. Der Herzmonitor piepste stetig, während das Morphium langsam in seine zarten Venen tropfte. Die Nachtschwester hatte nicht viel zu berichten. Nathan bekäme weiter intravenös Flüssigkeit zugeführt, sein Fieber sei gesunken, die Schmerzen hatten nachgelassen. Vielleicht würde er ja morgen entlassen werden. Aber da müsse sie zuerst den Arzt fragen.
    Catherine blickte die langen dämmrigen Flure entlang. Maschinen fiepten, Beatmungsgeräte surrten, Patienten warfen sich unruhig in ihren hinter Vorhängen verborgenen Betten hin und her. Aber es war dennoch ein Krankenhaus bei Nacht. Zu wenige Krankenschwestern. Zu viele Fremde. Überall dunkle Ecken.
    »Nathan ist sehr krank«, wiederholte sie.
    »Ja.«
    »Ich glaube, er braucht mehr Pflege. Gibt es die Möglichkeit, eine Privatschwester zu beschäftigen? Zusätzliches Personal? Ich würde natürlich alles bezahlen.«
    Die Schwester musterte sie spöttisch. »Wissen Sie, Ma’am, in diesem hochherrschaftlichen Haus sind wir die einzigen Dienstboten.«
    »Er ist mein Kind«, sagte Catherine leise. »Ich mache mir Sorgen um ihn.«
    »Schätzchen, alle Kinder hier haben Eltern.«
    Da die Schwester ihr offenbar nicht helfen wollte, ließ Catherine schließlich den Dienst habenden Arzt rufen, doch dieser weigerte sich, die Entlassungspapiere zu unterschreiben. Nathan müsse – insbesondere angesichts seines »Zustands« – im Krankenhaus bleiben. Und was für ein Zustand ist das?, fragte Catherine sich verzweifelt. Diese geheimnisvolle Krankheit, die niemand finden kann? Kurz spielte sie mit dem Gedanken, Tony Rocco anzurufen. Wenn sie ihn genug anbettelte und anflehte, würde er vielleicht herkommen, um Nathan zu entlassen.
    Und dann? Würde Nathan, wenn sie ihn mit nach Hause nahm, wie durch ein Wunder in Sicherheit sein?
    Buh!, hatte die Botschaft gelautet. Buh!
    In ihrem eigenen Auto, das in der Auffahrt ihres Elternhauses stand, geschrieben mit ihrem Lippenstift.
    Raschen Schrittes und mit zitternden Händen verließ Catherine das Krankenhaus.
    Zu Hause hastete sie panisch von Zimmer zu Zimmer. Die Reporter, die das Backsteinhaus belagert hatten, waren inzwischen abgezogen. Die Polizei ebenfalls. Wo waren denn die Geier, wenn man sie einmal brauchte? Vielleicht war heute Nacht ja wieder jemand erschossen worden. Oder man hatte einen Senator mit seiner hübschen jungen Assistentin ertappt. Selbst die zweifelhafte Berühmtheit nach einem Verbrechen währte nicht ewig. Catherine überprüfte Türen und Fenster. Dann machte sie Licht, bis das ganze Haus erstrahlte wie eine Landebahn. Nur das Schlafzimmer blieb Sperrzone. Die Polizei behandelte den Raum weiterhin als Tatort, sodass sie nichts darin verändern durfte. Leicht gesagt. Die Plastikfolie, mit der die Polizisten die zerschmetterte Balkontüre geflickt hatten, hielt nicht einmal den gottverdammten Wind ab. Wie sollte sie da einen Eindringling aussperren?
    Catherine beschloss, die Kommode vor die Balkontür zu schieben. Doch wenn das Möbelstück so leicht war, dass sie es bewegen konnte, stellte es auch für einen Mann kein Hindernis dar. Also gut. Dann würde sie eben die Kommode vor die Tür rücken, die Beleuchtung der oberen Terrasse einschalten, die Schlafzimmertür

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