Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
genau, dass eine Botschaft, die den Menschen erreichen soll, äußerst knapp gehalten sein muss. Sehr allgemein formuliert, leicht verständlich – und gleichzeitig verlockend. Und so hat sie sich mit Sicherheit bei vielen Erdenbewohnern festgesetzt.«
Da fiel Paravain etwas ein. »Borboron hat Euch also nicht aufgetragen, eine spezielle Nachricht zu schicken? Für einen seiner Verbündeten vielleicht? Oder sogar für Laura?«
Wieder schüttelte Orplid den schmalen Kopf. »Nein. Ich musste nur diesen einen schrecklichen Gedanken zusammenspinnen: ›Du selbst bist das Wichtigste in deinem Leben – und außer dir zählt nichts!‹« Resigniert schaute er den Ritter an. »Wir kennen die Menschen doch lange genug, um zu wissen, wie ungemein verführerisch diese Vorstellung für viele von ihnen sein muss. Deshalb werden sich immer mehr Bewohner des Menschensterns nach diesem Leitsatz verhalten, so schreckliche Folgen das für sie – und andere natürlich! – auch haben mag.«
L aura duckte sich tiefer in das Gebüsch. »Bereit?«, flüsterte sie.
»Klar.« Lukas spähte durch die Zweige zur Eingangstür des Gärtnerhäuschens, das im Zwielicht der hereinbrechenden Dämmerung lag. »Von mir aus kann es losgehen.«
Das Mädchen holte sein Handy aus der Tasche und drückte einen Kurzwahlknopf. »Kaja? Wir sind so weit. Du kannst sie jetzt aus dem Zimmer lassen.« Während Laura das Mobiltelefon in der Tasche verschwinden ließ, knurrte sie: »Bin mal gespannt, wie lange das Mistvieh braucht.«
Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, bis das Kätzchen auftauchte. Mit seinem schneeweißen Fell sah es von Ferne aus wie ein zu groß geratener Hermelin. Minzi hielt schnurstracks auf die Eingangstür von Albin Ellerking zu, verharrte direkt davor und ließ ein lautes Miauen hören.
»Offenbar hast du richtig vermutet«, flüsterte Lukas. »Und…«
»Pssst!« Laura legte den Zeigefinger vor den Mund. Schließlich waren sie kaum fünf Meter von der Tür entfernt, hinter der bereits die schlurfenden Schritte des Gärtners zu hören waren.
Beim Anblick des Kätzchens ging ein Strahlen über Ellerkings Gesicht. Er bückte sich behände und nahm es auf den Arm. »Nanu? Da bist du ja schon wieder.« Er wiegte das Tier wie ein Kleinkind und streichelte es zärtlich. »Es gibt also Neuigkeiten?«
Minzi miaute.
»Da bin ich aber gespannt!« Der Nachtalb küsste Minzi auf das rosarote Schnäuzchen, verbarg sie dann unter seinem weiten Arbeitskittel und spähte nach allen Seiten, bevor er in Richtung Henkerswald davonhuschte.
Laura und Lukas folgten ihm in sicherem Abstand, immer darauf bedacht, in der Deckung der Büsche und Bäume zu bleiben.
Als Ellerking am Saum des Wäldchens angekommen war, hielt er inne und setzte Minzi auf den Boden. Dünne Nebelschleier drifteten hinter ihm.
Die Geschwister verbargen sich in einem dichten Haselnussstrauch in ihrer Nähe. »Langsam ahne ich, was hier vor sich geht«, flüsterte Lukas. »Weißt du, was es mit diesem Platz auf sich hat?«
»Nein. Was denn?«
»Früher sollen sich dort die Hexen getroffen haben, um zu feiern und zu tanzen, bis sie völlig in Ekstase gerieten. Dann konnte ihr Geist die körperlichen Schranken überwinden und Verbindung mit den Dunklen Mächten aufnehmen. Aus diesem Grunde sind an diesem Ort auch ganz besondere Kräfte wirksam. Jedenfalls behauptet man das.«
Laura runzelte nur die Stirn. Hexen! Die gibt es doch nur im Märchen!, dachte sie, ohne Ellerking aus den Augen zu lassen.
Der Gärtner griff in seine Tasche und holte einen kleinen Glasbehälter daraus hervor.
Eine Phiole!
Verwundert kniff Laura die Augen zusammen. Erinnerte diese Phiole nicht an die des unheimlichen Fhurhurs, in der er das schreckliche Elixier aufbewahrt hatte? Das Teufelszeug, mit dem er ihren Vater auf Aventerra in die Todesstarre gebannt hatte? Es lief Laura kalt den Rücken herunter. Instinktiv kroch sie tiefer in das Buschwerk. Von wegen Hexen! Hier waren Kräfte am Werk, die ganz anderer Natur waren. Übermächtige dunkle Kräfte, die ihren Weg aus Aventerra auf die Erde gefunden hatten!
Albin Ellerking öffnete den Verschluss des kleinen Glasbehälters und ließ ein, zwei Tropfen einer giftig gelben Flüssigkeit auf die Zunge des Kätzchens perlen, während er einen Spruch in einer Sprache murmelte, die Laura völlig unbekannt war.
Plötzlich – Laura lief ein eisiger Schauer über den Rücken, und auch Lukas zuckte zusammen – geschah Ungeheuerliches: Rauch
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