Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Finsternis.«
»Wohl wahr.« Der Hüter des Lichts machte einen Schritt auf seinen Ersten Ritter zu. »Aber es heißt ebenso: Wer sich eines Schwerts in frevelhafter Weise bedient, gegen den wird es sich am Ende richten.«
Paravain schwieg betreten.
Morwena erhob sich, gesellte sich zu ihm und ergriff seine Hand, als wollte sie ihn trösten. »Und?«, sprach sie den Hüter des Lichts an. »Was bedeutet das jetzt für uns?«
»Das Gleiche wie immer: dass wir auf alles vorbereitet sein müssen! Wir müssen uns wappnen sowohl für den Fall, dass Paravain Recht behält, als auch dafür, dass meine Befürchtungen sich bewahrheiten – mit all ihren schrecklichen Folgen. Deshalb habe ich Pfeilschwinge bereits auf den Weg zu den Nebelflößern geschickt, damit sie Laura zur Seite stehen, wenn es so weit kommen sollte.«
»Zu den Nebelflößern?«, wiederholte Morwena tonlos. »Ist das nicht zu gefährlich? Wenn man ihre Dienste in Anspruch nimmt, ist der Preis dafür manchmal doch recht hoch.«
Der Hüter des Lichts schwieg einen Augenblick und starrte in die Ferne. Dann nickte er. »Ich weiß, Morwena. Doch wenn ich deine Vision richtig gedeutet habe, dann wird dieses Opfer wohl unumgänglich sein. Anderenfalls wäre alles verloren.«
Z unächst ging alles gut am zwanzigsten Juni. Viel zu gut vielleicht. Am Vormittag gab Schnuffelpuff endlich die Hausaufgabe über die Sphingen zurück. Die 7b konnte mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein. Der Lehrer hatte weder eine Fünf noch eine Sechs vergeben. Selbst Max Stinkefurz schien sich besonders angestrengt zu haben, denn er bekam eine Drei, was höchst selten war. Auch Laura hatte eine tolle Note erzielt: Die Zwei minus war weit mehr, als sie erhofft hatte. Wegen der Suche nach den Schwertteilen hatte die Arbeit ziemlich gelitten, sodass sie wirklich nicht meckern konnte, zumal ihre Versetzung damit so gut wie sicher war. Es sei denn, Pinky würde ihr in Physik keine Vier erteilen, wie es der Durchschnittsnote ihrer Tests entsprach, sondern ebenfalls eine Fünf wie in Mathe. Die hatte Laura nämlich trotz all ihrer Anstrengungen nicht vermeiden können. Aber die zwei Fünfen würde sie durch ihre guten Zensuren in Deutsch, Biologie, Sachkunde und nun noch Geschichte bestimmt ausgleichen können.
Kaja beglückwünschte ihre Freundin denn auch schon zur Versetzung. »Jetzt kannst du die fünf Tage bis zum Ferienbeginn ja ruhig schwänzen«, flüsterte sie ihr zu. »Und wenn deine Stiefmutter dir eine Entschuldigung schreibt, kann gar nichts mehr schiefgehen.«
»Klappt leider nicht«, wisperte Laura. »Sayelle ist wieder mal im Ausland und kommt erst übermorgen zurück.«
Kaja zog die Augenbrauen hoch. »Dann kannst du dich ja gar nicht von ihr verabschieden, bevor du morgen nach Aventerra aufbrichst.«
»Da leg ich auch keinen gesteigerten Wert drauf«, erwiderte Laura. »Ganz bestimmt nicht.« Dennoch fühlte sie ein brennendes Gefühl in der Magengrube, und Bitterkeit stieg in ihr hoch. Auch wenn Sayelle nur ihre Stiefmutter war, hätte sie sich ruhig mehr um ihren Bruder und sie kümmern können. Und Marius schien sie schon ganz vergessen zu haben. Sie hat Papa doch mal geliebt, dachte Laura verzweifelt. Sonst hätte sie ihn bestimmt nicht geheiratet. Wie ist es da möglich, dass sie ihn nicht so sehr vermisst wie Lukas und ich? Diese Gedanken waren jedoch das Einzige, was diesen Tag trübte.
Eine Stunde vor Mitternacht drang Laura mit Lukas in die Alte Gruft ein. Ohne Probleme gelangten sie in die Grabkammer und holten die Schwertspitze aus dem Sarkophag des Grausamen Ritters. Auf dem Rückweg jagte ihnen der Lemurenkopf, der urplötzlich ganz schauerlich zu heulen begann, zwar einen ordentlichen Schrecken ein, der aber bald verwunden war. Weitere Zwischenfälle ereigneten sich nicht. Die Dunklen schienen auf das Täuschungsmanöver hereingefallen zu sein, denn keiner von ihnen ließ sich blicken. Völlig ungehindert brachten die Geschwister das wertvolle Bruchstück in Lukas’ Zimmer und verbargen es im Geheimfach seines Kleiderschrankes.
Anschließend fuhr Attila Morduk die Geschwister mit der altersschwachen Limousine des Professors nach Drachenthal. Laura hatte zwar mit dem Gedanken gespielt, zu ihrer Unterstützung den Steinernen Riesen Portak mitzunehmen, die Idee jedoch gleich wieder verworfen. Der Ausflug würde bestimmt länger dauern, und so bestand die Gefahr, dass die Dunklen das Fehlen der Säule bemerkten und doch noch Misstrauen
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