Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
verpasste.
»Nun… weil es mich schlagartig wieder zu Sigbert zurückgebracht hat.«
»Wieso das denn?«
»Weil darin ein Ritter erwähnt wird, dessen Rüstung strahlender war als das Licht. Und sein Schwert glänzte heller als die Sonne.«
»Aber…« Staunen nistete sich ein in Lauras Gesicht. »Genauso wird Sigbert in der alten Legende doch auch beschrieben.«
»Du sagst es! Jetzt verstehst du bestimmt auch, warum dieses Pergament so überaus bedeutsam ist. Aber es kommt noch besser: Darin heißt es nämlich weiter, dass der Ritter aus dem Heiligen Land hinaus in die Welt gezogen sei, um diese von einem schrecklichen Drachen zu erlösen. Er wollte nicht eher rasten und ruhen, bis das Untier in den Staub gezwungen wäre, selbst wenn es ihn das Leben kosten sollte. Durch seine Heldentat werde er bis über den Tod hinaus unvergesslich und damit unsterblich werden.«
»Aber das gibt’s doch nicht!« Völlig perplex schüttelte Laura den Kopf. »Das hört sich doch fast so an, als wäre niemand anders als dieser Sigbert damit gemeint.«
»Ganz meine Meinung. Deshalb habe ich auch umgehend wieder angefangen, nach dem Drachentöter zu forschen. Und da ich endlich etwas in der Hand hatte, was meine Hypothesen untermauerte, habe ich auch einen Mäzen gefunden, der bereit war, die Ausgrabungsarbeiten auf dem Gelände der Drachenthaler Burgruine zu finanzieren. Der Legende nach soll Sigbert dort ja seinen Lebensabend verbracht haben.«
»Und?«, meldete sich Lukas zu Wort, der hibbelig auf dem Bett hin- und herrutschte. »Haben Sie etwas entdeckt?«
»Ja!« Rikas Augen strahlten. Dann sah sie sich nach allen Seiten um, als wolle sie sich versichern, dass sie von niemandem belauscht wurde. »Doch bevor ich es euch verrate, müsst ihr mir versprechen, es ganz allein für euch zu behalten. Der Konkurrenzkampf unter uns Archäologen ist groß, und ich möchte verhindern, dass mir jemand zuvorkommt, bevor ich einen endgültigen Beweis in Händen halte.«
»Natürlich!«, sagte Laura mit kokettem Augenaufschlag. »Ehrenwort!«
»Ist doch logosibel.« Lukas hob die rechte Hand zum Schwur. »Versteht sich von selbst.«
»Also gut«, sagte Rika gerade, als ein plötzliches Geräusch sie abbrechen ließ. Erschrocken richtete sie die Augen zur Decke. Offensichtlich vermutete sie, dass der Laut von dort gekommen war. »Was war das?«
»Keine Ahnung.« Laura blickte ebenfalls beunruhigt nach oben.
»Ach, bestimmt nichts von Bedeutung.« Lukas winkte ab. »Da oben ist der Speicher. Wahrscheinlich nur eine Maus. Soll dort eine ganze Menge davon geben – das behauptet zumindest Attila.«
»Ach so.« Obwohl Rika Reval beruhigt schien, senkte sie die Stimme. Sie beugte sich vor, damit die Geschwister sie trotz ihres Flüsterns deutlich verstehen konnten. »Also – auf einem Acker in der Nähe der Ruine bin ich auf etwas höchst Interessantes gestoßen: auf das Bruchstück einer mächtigen Schwertklinge!«
»Nein!« Lukas’ Augen wurden groß.
»Doch!« Rikas Wangen begannen zu glühen. »Ich vermute, dass es sich um ein Teil von Glanz, Sigberts Schwert, handelt. Jetzt muss ich nur noch den Rest davon finden. Dieses Schwert wird in den alten Überlieferungen ziemlich genau beschrieben – und wenn ich es tatsächlich entdecken sollte und es mit diesen Beschreibungen übereinstimmt, käme das einer archäologischen Sensation gleich. Endlich wäre der Beweis erbracht, dass der Drachentöter Sigbert tatsächlich existiert hat und in der Tat das Vorbild für Siegfried von Xanten gewesen sein könnte!«
Die Große Meisterin war von schlanker Gestalt und trug ein eng anliegendes smaragdgrünes Gewand, das aus Schlangenleder gefertigt zu sein schien. Schatten zuckten wie Irrlichter über das fahle Gesicht der schwarzhaarigen Frau, während sie sich in dem Kellergewölbe umsah, das von blakenden Fackeln in schummriges Licht getaucht wurde. Vier verrostete Ritterrüstungen lagen auf den Steinfliesen. Wurmstichige Knochen ragten aus den Arm- und Beinscharnieren hervor. Aus den offenen Helmen grinsten bleiche Schädel. Zwischen ihnen war eine Stoffpuppe auf dem Boden ausgestreckt. Die mit groben Strichen aufgemalten Augenhöhlen und der grinsende Mund ließen auch ihren Kopf wie den eines Skeletts aussehen. Die Köpfe nach innen und die Füße nach außen gerichtet, bildeten die seltsamen Figuren einen gespenstischen Strahlenstern auf dem verschmutzten Boden.
Mit fiebrigen Augen, die denen einer Schlange glichen, wandte sich
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