Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
gleichzeitig als Küche, Wohn- und Schlafzimmer diente. Den Knüppel fest umklammert, schlich er auf dieses Zimmer zu. Obwohl seine Füße in groben Lederstiefeln steckten, verursachten sie auf den rohen Holzdielen kaum einen Laut.
Den derben Stock schlagbereit über den Kopf erhoben, trat er rasch in den Wohnraum. Die staubblinden Scheiben in den drei kleinen Fenstern ließen nur wenig Licht herein. Zwielicht füllte die Stube, was Ellerkings Sicht jedoch kaum trübte. In Blitzeseile tasteten seine Augen jeden Winkel ab – und doch konnte er nichts entdecken.
Aber der Schwefelgeruch wurde stärker.
Zögernd ging der Gärtner weiter, vorsichtig die Füße voreinander setzend. Wieder schaute er sich um, und wieder konnte er nichts entdecken.
Albin Ellerking lauschte angestrengt – und hörte ein Geräusch hinter sich. Der Gärtner fuhr herum und schrie vor Entsetzen panisch laut auf!
Der Speisesaal von Ravenstein war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Die große Halle mit der hohen Balkendecke und den holzgetäfelten Wänden hallte wider von den fröhlichen Stimmen der Schüler und dem Geklapper der Teller und Bestecke. Links und rechts des Mittelganges reihten sich je zehn lange Tische aneinander. Die Bänke davor boten jeweils einem Dutzend Mädchen und Jungen Platz.
Lauras Tisch, der dritte vom Eingang aus gesehen, stand an der Fensterseite. Wie immer saß sie direkt am Gang. Verstohlen schielte sie zu Philipp Boddin hinüber, der zwei Tische entfernt auf der anderen Seite des Ganges saß. Er trug eine farbig gestreifte Strickmütze, die seine blonden Haare fast vollständig bedeckte. Er sah richtig gut damit aus. Und dann lächelte er ihr auch noch zu!
Oh, Mann!
Alexander Haase, der sich ein Zimmer mit Mr. Cool teilte und direkt neben ihm saß, entging Lauras Neugier nicht. Er grinste und schnitt ihr eine Grimasse.
Hastig wandte sie den Blick zu ihrer Freundin. Kaja, die neben ihr saß, war dicht über ihren Teller gebeugt und schaufelte voller Heißhunger eine Gabel Spinat-Lasagne nach der anderen in sich hinein.
»Du brauchst nicht zu schlingen«, mahnte Laura das Pummelchen. »Ist noch genügend da, sodass du bestimmt nicht verhungern wirst. Zumindest nicht in den nächsten Stunden.«
»Weiß wich woch«, antwortete Kaja mit vollen Backen, um die überladene Gabel umgehend wieder zum Mund zu führen. In ihrer Hast verfehlte sie allerdings das Ziel und stieß an ihr Kinn, sodass die ganze Ladung Lasagne nebst fettiger Sahnesauce auf ihre Jeans kleckerte. »Wuups«, mummelte sie hastig und zog ein Tempo aus der Tasche, um die Bescherung schnell abzuwischen. Ein hässlicher Fleck blieb auf der Hose zurück.
»Kommt davon, wenn man den Rachen nicht voll kriegen kann«, tadelte Magda Schneider kopfschüttelnd. Das hoch aufgeschossene blonde Mädchen gehörte ebenfalls zur Stammbesetzung von Lauras Tisch und saß Kaja gegenüber.
»Gar nicht!«, giftete die Rothaarige zurück, die endlich den Mund leer hatte. »Jemand hat mich angeschubst, sonst war mir das bestimmt nicht passiert – stimmt’s, Lukas?«
»Klaromaro«, antwortete der Junge mit hintersinnigem Grinsen. »Du hättest dir sonst höchstens den ganzen Teller über die Hose gekippt!«
Kaja pustete die Wangen auf. »Du… Du… Du gemeiner Kerl«, schimpfte sie. »Du bist ja so was von fies!«
Lukas wollte schon nachsetzen, als Laura ihm einen schnellen Blick zuwarf. Auch ohne Worte schien er die Bitte der Schwester zu verstehen: Lass gut sein, Lukas, und hack nicht dauernd auf ihr rum! Seine Lippen blieben jedenfalls geschlossen, und er verkniff sich weiteren Spott.
»Hey, zum Geier, auf die beiden hätte ich gerne verzichten können«, meldete sich da Magda zu Wort und schielte angewidert zum Lehrertisch. »Bis jetzt hat es mir nämlich richtig gut geschmeckt!«
Laura hob den Kopf und blickte zur Stirnseite des Speisesaals, wo Quintus Schwartz und Pinky Taxus eben am Tisch der Lehrer Platz nahmen. Das spöttische Lächeln, mit dem sie in die Runde nickten, wirkte richtig provozierend. »Eigenartig«, murmelte Laura vor sich hin, bevor sie sich wieder an die Freunde wandte. »Wieso grinsen die beiden denn wie zwei besoffene Kamele?«
»Weiß wich woch wicht!«, mummelte Kaja.
»Du vielleicht, Magda?«
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich hat Pinky wieder einen brutal schweren Test schreiben lassen, bei dem fast nur Fünfen und Sechsen rausgekommen sind. Bekanntlich freut sie nichts mehr, als uns eins auszuwischen.«
Stimmt!,
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