Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
»Woher weißt du, wer ich bin?«
Luminian lächelte. »Nur ein Narr kann diese Frage stellen. -Was willst du?«
Der Ritter senkte beschämt den Kopf, als ihm einfiel, dass der blinde Luminian das nicht sehen konnte.
»Führe mich ins Innere des Labyrinths«, bat er.
Die Züge des Grauen verhärteten sich. »Das ist unmöglich. Nur Elysion darf es betreten!«
»Ich weiß. Und ich würde dich auch nicht darum bitten, wenn es nicht wichtig wäre. Vielleicht sogar lebenswichtig.«
»Ausgeschlossen!«
»Wie du willst«, seufzte der Ritter. »Dann bleibt mir keine andere Wahl.« Seine Hand fuhr zu dem Schwert, das an seiner Seite hing, und schon hielt er die Waffe in der Hand. Die scharfe Klinge leuchtete blau auf im Licht.
Da stockte Paravain der Atem. Auch Luminian hielt nun ein Schwert in der Hand. Wie mochte es nur dahin gekommen sein? Und der Wächter des Labyrinths war plötzlich größer geworden – viel größer. Paravain schien, als rage die vormals schmächtige Gestalt nunmehr in fast doppelter Größe vor ihm auf! Dennoch ließ er sich nicht einschüchtern. »Ein letztes Mal!«, herrschte er den Alten an. »Tritt zur Seite, Luminian!«
»Selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht«, beschied ihn der Graue. »Du musst mich töten, wenn du das Labyrinth betreten willst.«
Paravain schloss die Augen und atmete tief durch – als eine Stimme in seinem Rücken erklang. »Haltet ein, ihr Narren – oder wollt ihr, dass noch mehr Unheil geschieht!« Erschrocken fuhr der Ritter herum – und da sah er den Hüter des Lichts.
Elysions Gesicht glich einem einzigen Vorwurf.
K apitel 7 Ein
entsetzlicher Traum
er Schein des Kaminfeuers beleuchtete Morgensterns greises Gesicht. Obwohl es bereits Mitte Mai war, wurde es in den Nächten noch immer empfindlich kalt. Der Professor heizte deshalb des Abends den Kamin an, damit er es in seinem Wohnzimmer, dessen enorme Ausmaße in keinem Verhältnis zu seinem von außen recht bescheidenen Häuschen standen, gemütlich warm hatte. Laura jedoch, die ein gutes Stück von der Feuerstelle entfernt saß, fröstelte ein wenig. Was allerdings weniger an der Raumtemperatur denn an den Ausführungen des Direktors lag.
»Mir passt die Entwicklung auch nicht, das könnt ihr mir glauben«, sagte er, während sein Blick von Miss Mary Morgain zu Percy Valiant wanderte, die neben Laura an dem runden Tisch in der Mitte des Raumes Platz genommen hatten. »Aber die Fakten sind nun einmal so: Der Mord an Pater Dominikus ist für die Polizei noch immer nicht aufgeklärt, und solange der wahre Mörder nicht gefunden ist, stehe ich nach wie vor unter Tatverdacht.«
»Aber das ist blanker Unsinn!«, warf Laura kopfschüttelnd ein. »Es ist doch so gut wie erwiesen, dass Konrad Köpfer den Mönch umgebracht hat.«
Aurelius Morgenstern ließ ein bitteres Lachen hören. »Eben nicht! Hinzu kommt, dass dieser Köpfer immer noch spurlos verschwunden ist, als habe der Erdboden ihn verschluckt.«
»Genauso wird es auch sein!«, ereiferte sich Laura. Sie erhob sich, weil es sie einfach nicht mehr auf dem Stuhl hielt. »Oder habt ihr schon vergessen, dass er ein Wiedergänger ist? Die Untaten, die er begangen hat, treiben ihn im Jenseits um, weshalb er immer wieder in unsere Welt zurückkehren muss. Im Augenblick hat er sich natürlich wieder in seinem Grab verkrochen. Kein Wunder also, dass die Polizei ihn nicht findet!«
Percy konnte seine Zweifel nicht verhehlen. »Dergleischen wirst du einem Kripobeamten, für den niischts als nackte Fakten und Indizien zä’len, wo’l kaum begreifliisch machen können – n’est-ce pas, werte Mademoiselle!«
Laura antwortete nicht sofort. Natürlich war ihr klar, dass normale Menschen gemeinhin nicht an Wiedergänger oder Untote glaubten. Sie jedoch hatte selbst herausgefunden, dass Konrad Köpfer wohl identisch war mit Kons, dem Henker des Grausamen Ritters Reimar von Ravenstein, den das schlechte Gewissen in der Sphäre zwischen Leben und Tod gefangen hielt. Hilfe suchend blickte sie den Professor an.
»Ich fürchte, Percy hat Recht.« Müdigkeit stand in das blasse Gesicht des alten Mannes geschrieben. »Die Polizei wird uns das niemals abnehmen. Zumal auch nirgendwo Fingerabdrücke von Köpfer gefunden wurden.«
»Was nur ein weiteres Indiz dafür ist, dass es sich tatsächlich um einen Wiedergänger handelt«, murmelte das Mädchen.
»Selbst wenn das hundertmal stimmen sollte, Laura, können wir es der Kripo trotzdem nicht klar machen. Noch
Weitere Kostenlose Bücher