Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
Lichts befindet sich nicht mehr in der Gralsburg – seit undenklichen Zeiten schon nicht mehr! Als der Menschenstern noch jung war, drohte ihm großes Unheil. Die Mächte des Bösen waren kurz davor, die Übermacht über die Anhänger des Lichts zu gewinnen – und du weißt, was das bedeutet hätte, Paravain. Das Ende der Welten hätte bevorgestanden, und die Herrschaft des Ewigen Nichts wäre nicht mehr zu verhindern gewesen.«
Der Ritter schwieg und lauschte begierig der Erzählung seines Herren.
»In dieser Stunde größter Not entsandten die Wächter eine Abordnung zu mir in die Gralsburg. Inständig baten sie mich, ihnen Hellenglanz zu überlassen, um den Untergang noch abzuwenden.«
Paravain hielt den Atem an. »Und was habt Ihr getan?«
»Du weißt, dass es uns streng verboten ist, uns in die Geschehnisse auf dem Menschenstern einzumischen. Aber die Not und die Verzweiflung der Wächter haben mich so gerührt, dass ich es nicht übers Herz gebracht habe, ihre Bitte abzuschlagen. Und außerdem – «
Elysion brach ab. Sollte er dem Ritter offenbaren, welche Rolle diese Frau dabei gespielt hatte?
Nein, lieber nicht!
»Nach reiflicher Überlegung habe ich ihnen das Schwert des Lichts übergeben.«
Paravain schloss die Augen und stöhnte. »Oh, nein.«
»Natürlich habe ich ihnen aufgetragen, es nur im Dienste unserer Sache einzusetzen und es sofort wieder nach Aventerra zurückzubringen, sobald das Schicksal sich wenden sollte.«
»Und das ist nicht geschehen?«
Elysion deutete auf die Nische in der Wand. »Wie du siehst. Die Verlockungen der Macht, die ihnen das Schwert verliehen hat, waren offensichtlich stärker als das Versprechen, das sie mir gegeben haben.«
»Aber was ist mit Hellenglanz geschehen, Herr? Befindet es sich immer noch auf dem Menschenstern?«
»Das nehme ich an. Obwohl…«
Mit banger Miene musterte der Ritter den greisen Mann. »Ja?«
»Seit unsere Feinde mit Hilfe eines Verräters in das Labyrinth eingedrungen sind, wissen auch sie, dass das Schwert sich nicht mehr in der Gralsburg befindet. Und wenn ich die Zeichen richtig deute, dann haben sie sich bereits auf die Suche danach gemacht, um sich der großen Kräfte zu bedienen, die ihm innewohnen.«
»Oh, nein.« Paravain hob abwehrend die Hände. Alles war genauso, wie er vermutet hatte! »Und unsere Verbündeten, diese Wächter, warum unternehmen sie nichts, um die Dunklen an ihrem schändlichen Tun zu hindern?«
»Weil sie nicht die geringste Ahnung zu haben scheinen, in welch tödlicher Gefahr wir schweben. Offensichtlich ist das Wissen um das Schwert bei ihnen verloren gegangen. Sie glauben wohl noch immer, dass es sich in der Gralsburg befindet. Und da wir keinerlei Möglichkeiten haben, sie eines Besseren zu belehren, werden unsere Feinde ein leichtes Spiel haben.«
»Demnach sind wir verloren?«
»Natürlich nicht! Es besteht immer noch Hoffnung, dass die Wächter herausfinden, was gespielt wird. Dieses Mädchen, Laura, hat schließlich bislang noch jede Aufgabe gelöst. Diesmal allerdings – «
Elysion brach ab. Sollte er dem Anführer seiner Leibgarde wirklich anvertrauen, was er insgeheim befürchtete? Dass selbst dann, wenn es Laura tatsächlich gelingen sollte, den Dunklen zuvorzukommen und das Schwert des Lichts vor ihnen zu finden, wahrscheinlich noch längst nichts gewonnen war?
Besser nicht!
Manchmal war es klüger, ein Geheimnis zu bewahren, besonders wenn es solch eine Tragweite hatte, dass es nicht leicht zu verkraften war.
Nein, er durfte nicht einmal erwägen, Paravain einzuweihen. In das Geheimnis um das Orakel der Silbernen Sphinx schon gar nicht!
E s war längst nach Mitternacht. Der Mond stand hoch am Himmel über Ravenstein. In dem kleinen Zimmer im dritten Stock war es still. Silbriges Mondlicht flutete durch die Gardinen vor den Fenstern und tauchte den Raum in einen fast magischen Glanz. In der Ferne war eine Turmuhr zu hören, und vom Henkerswald her erklang das heisere Bellen eines Fuchses, dem der schaurige Ruf einer Eule antwortete. Aus Kajas Bett kam ein sanftes Schnarchen, das vom leisen Ticken des Weckers auf ihrem Nachttisch untermalt wurde.
Auch Laura schlummerte, ruhig und regelmäßig atmend, friedlich vor sich hin. Einige blonde Strähnen hingen ihr wie ein haariger Vorhang ins Gesicht.
Mit einem Mal leuchtete es hell auf vor einem der Fenster. Kleine Lichtpunkte, die an Glühwürmchen erinnerten, irrten durch das Mondlicht und suchten sich durch die Scheiben und
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