Laura Leander - 03 Laura und das Orakel der Silbernen Sphinx
schreckliche Fluch, der Silva in der Nacht in einen Wolf verwandelt, hier auf Ravenstein über sie verhängt worden. Machst du dir überhaupt keine Gedanken um die beiden?«
»Weshalb denn?« Lukas winkte genervt ab. »Was soll ihnen schon passieren? Es gibt doch nur wenige, die um ihr Geheimnis wissen. Und wer sollte diesen ollen Schinken schon stehlen wollen? Man weiß doch noch nicht einmal, wer ihn gemalt hat – oder?«
Keines der Mädchen hatte eine Antwort auf diese Frage. Was Lukas durchaus zu befriedigen schien. Jedenfalls legte sich ein leicht spöttischer Zug um seine Lippen. »Na, also!«, sagte er von oben herab. »Ich bin mir ganz sicher, dass es für das Verschwinden des Bildes eine ganz simple Erklärung gibt. Und ich weiß sogar, wer darüber Bescheid wissen müsste!«
K apitel 17 Ein
belauschter Streit
aravain war auf der Hut. Nicht nur vor den Feinden, sondern auch vor Pfeilschwinge, dem Boten des Lichts. Schon bei der Planung seines Vorhabens war ihm bewusst: Sollte Elysion das Verschwinden seines obersten Ritters bemerken und ahnen, was dieser plante, würde er ihm den Adler nachschicken und ihm die Rückkehr nach Hellunyat befehlen. Der Hüter des Lichts würde nicht wollen, dass Laura eine Botschaft erhielt, denn sonst hätte er die längst selbst überbringen lassen. Schließlich wusste der Herrscher seit geraumer Zeit, dass die Dunklen Kenntnis davon hatten, dass das Schwert des Lichts sich auf dem Menschenstern befand und nicht im Labyrinth der Gralsburg, wie Elysion seiner Gefolgschaft vortäuschte! Deshalb spähte der Ritter auf seinem Weg zum Traumwald immer wieder zum Himmel.
Die Reise war weitaus beschwerlicher, als Paravain vermutet hatte, und so beschloss er, an einem malerischen See eine Rast einzulegen. Flimmerschilf und Torkelweiden säumten die Ufer, und dicht über dem frischen Grün der Entengrütze schwebten bunte Luftseerosen. Wie verzaubert saß der Ritter ab, ließ seinen Hengst im Schatten einer Weide grasen und kniete am Ufer nieder, um zu trinken. Währender sich wieder aufrichtete, hob er die Augen zum Himmel – und da erblickte er über der Bergkette am Horizont die Silhouette eines Raubvogels, der geschwind näher kam.
Pfeilschwinge – kein Zweifel!
Unverzüglich hechtete Paravain in den See, pflückte ein Seerosenblatt, schlüpfte in ein Schilfdickicht und ließ sich so weit unter die Wasseroberfläche sinken, bis nur noch sein Gesicht herausragte. Das bedeckte er mit dem großen Blatt.
Dennoch hatte der Adler des Lichts Verdacht geschöpft. Mehrere Male kreiste er über dem See, bevor er sich wieder höher schraubte und endlich abdrehte. Zur Sicherheit wartete Paravain noch eine geraume Weile, bis er sich zurück ans Ufer traute.
Geschafft!, dachte er, während er sich die nassen Kleider vom Leib zog. Elysion sollte nur nicht glauben, dass er ihn aufhalten konnte! Er würde den Traumwald erreichen – und wenn die Traumspinner mitspielten, würde er Laura eine Botschaft übermitteln, die das drohende Unheil vielleicht doch noch abwenden konnte.
Ü ber dem weitläufigen Park von Burg Ravenstein war bereits die Nacht hereingebrochen. Die Dunkelheit machte Laura jedoch nichts aus. Mit Minzi im Arm ging sie unbeschwert den Kiesweg entlang, der sich zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch zu Morduks Häuschen schlängelte. Selbst der geflügelte Schatten, der wie aus dem Nichts auftauchte und völlig lautlos über sie hinwegsegelte, konnte sie nicht erschrecken. Laura wusste, dass es sich um einen der beiden Steinkäuze handelte, die sich in der alten Eiche hinter der Turnhalle eingenistet hatten. Erst als das Standbild des Grausamen Ritters vor ihr auftauchte, verlangsamte sie unwillkürlich die Schritte und beäugte das granitgraue Denkmal argwöhnisch. Jedes Mal befiel sie beim Anblick des Steinernen Ritters auf seinem Pferd ein beklemmendes Gefühl. Kein Wunder! Schließlich hatte Reimar von Ravenstein ihr in den vergangenen Monaten schon mehr als einmal übel mitgespielt, und so war ihr erst wieder wohler, als sie das Rondell mit dem Monument endlich hinter sich gelassen hatte.
Im Wipfel der mächtigen Buche, die ihre Äste über das graue Feldsteinhäuschen des Hausmeisters spannte, hatten sich bereits die Schatten der Nacht eingenistet. Trotz der Dunkelheit konnte Laura erkennen, dass ihre Zweige ebenso wie der benachbarte Haselnussstrauch in sattem Grün standen.
Als Attila Morduk die Haustür öffnete, erkannte Laura sofort, dass er ziemlich
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