Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
Erscheinungsformen. »Oh, nein!«, hauchte sie fassungslos. »Bist du ein Gestaltwandler?«
»Keine Angst.« Laura las Verbitterung in Riaanus Zügen. »Ich bin das Opfer eines Gestaltwandlers. Oder besser gesagt: einer Gestaltwandlerin – Syrin hat mich mit dem Fluch belegt, der mir das Leben vergällt.«
Auch Venik stand mit offenem Mund da. »Tut mir Leid, aber ich verstehe nicht das Geringste.« Sein Blick wanderte von Laura zu Riaanu und dann wieder zurück. »Wenn einer von euch mir vielleicht erklä –«
»Gerne«, fiel der junge Mann ihm ins Wort. »Aber das können wir unterwegs doch genauso gut, nicht wahr? Der Weg ins Drachenland ist weit, und deshalb sollten wir keinen Augenblick länger als nötig säumen.«
Als die Sonne im Zenit stand, hatten die drei das Güldenland längst hinter sich gelassen. Sie ritten am nördlichen Rand des Schwefelsumpfes dahin und hofften, noch am gleichen Abend den See der Roten Tränen zu erreichen.
»Was hast du ihr denn getan, dass sie dich so fürchterlich bestraft hat?«, wollte Laura wissen.
Riaanu lachte bitter. »Nichts, rein gar nichts – aber genau das war mein Verbrechen.«
»Hä?«
»Vor vielen Jahren bin ich dieser Syrin rein zufällig begegnet. Sie hat sich damals längere Zeit am Unterlauf des Schlangenflusses aufgehalten, keine Ahnung warum. Jedenfalls hat sie sich für mich erwärmt.«
»Erwärmt?« Laura glaubte sich verhört zu haben. »Willst du damit sagen, dass diese widerliche Kröte sich in dich… ähm… verliebt hat?«
»Verliebt ist der falsche Ausdruck, Laura, denn nichts ist den Dunklen mehr verhasst als die Liebe. Sie führen dieses Wort auch niemals im Munde.«
»Ich weiß.« Die Erinnerung an das Siegel der Sieben Monde stieg in Laura hoch, dessen Geheimnis sie vor nicht allzu langer Zeit hatte lösen müssen. »Aber wie würdest du es dann bezeichnen, was Syrin…?«
»Sie hat einfach Gefallen an mir gefunden und mich begehrt.« Riaanu seufzte. »Aus welchem Grunde auch immer. Was übrigens schon häufiger vorgekommen ist im Laufe ihrer fast endlosen Existenz. Und wie man hört, hat es durchaus schon Männer gegeben, die sich mit ihr eingelassen haben.«
Laura musste sich vor Schreck am Sattelknopf festhalten, um nicht vom Pferd zu fallen. »Das glaub ich nicht!«, rief sie aus. »Das würde ja bedeuten, dass… dass…« Die Vorstellung war so entsetzlich, dass ihr die Worte fehlten.
»… dass sie Kinder haben könnte, genau. Syrin hat tatsächlich im Laufe der Jahrhunderte mehrere Sprösslinge in die Welt gesetzt.«
O h nein!
Laura blieb fast die Luft weg. Nicht auszudenken, wenn Borboron mit ihr ein Kind gezeugt hatte! Wenn dieses Balg die unterschiedlichen Kräfte der beiden Dunklen in sich vereinte, musste es noch schlimmer sein als sein Vater, die Ausgeburt des Bösen!
»Ich habe Syrin nicht die geringste Beachtung geschenkt. Und das hat sie so erzürnt, dass sie mir einen bösen Fluch auferlegt hat: Sobald die Sonne untergeht, verwandele ich mich in eine Ratte – in Aurian eben. Beim Anbruch des neuen Tages werde ich wieder zurückverwandelt.« Er senkte den Blick und seufzte bekümmert. »Und wenn ich meinem Leben nicht selbst ein Ende setze, wird das wahrscheinlich immer so weitergehen, bis Syrin den Tod findet. Denn zu allem Übel bin ich in all der Zeit nicht einen Tag gealtert.«
Genau wie bei Silva, kam es Laura in den Sinn. Bis sie sich vom Turm der Burg Ravenstein in den Tod stürzte, wurde sie jeden Abend in einen Furcht erregenden schwarzen Wolf verwandelt. Erst am nächsten Morgen gewann sie ihre ursprüngliche Gestalt zurück. Auch bei ihr war verschmähte Liebe im Spiel. Sollte es gar nicht der von Silva zurückgewiesene Reimar von Ravenstein gewesen sein, der dafür verantwortlich war, sondern ebenfalls Syrin?, überlegte Laura. Schließlich hielt sich die Gestaltwandlerin damals auf der Erde auf und stand mit dem Grausamen Ritter auf vertrautem Fuß, wie Laura auf einer Traumreise zurück ins Mittelalter zu ihrem Leidwesen hatte erleben müssen.
Riaanus Worte holten sie in die Gegenwart zurück. »Selbst wenn ich gewusst hätte, welches schreckliche Schicksal mich erwartete«, erklärte der nun, »wäre ich niemals auf Syrins Avancen eingegangen.«
Ein verständnisvolles Lächeln spielte um die Lippen des Mädchens. »Du hattest wohl eine andere im Sinn, was?«
»Du meinst – Analina?«
Laura nickte.
»Nein, Laura. Die hatte ihr Herz längst an einen anderen vergeben – lange, bevor ich sie
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