Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
rechtzeitig erfahren, was auf sie zukommt!«
»Wie Ihr befehlt, Herr.« Mit einer tiefen Verbeugung zog der Fhurhur sich zurück.
Die Frau im smaragdgrünen Gewand strich über die Oberfläche der Kristallkugel, die sich augenblicklich wieder trübte, und starrte sinnierend vor sich hin. Was mochte dieser doppelköpfige Drache nur offenbart haben, dass der Schwarze Fürst und der Fhurhur so überzeugt von Lauras Tod sprachen?
Während Syrin noch darüber grübelte, nahm ein perfider Plan Gestalt an. Es wäre doch schade, dachte sie, wenn das Mädchen es nicht bis zur Hochebene der Eisigen Flammen schaffen würde. Das böte die Chance, Laura zu übertölpeln und unschädlich zu machen, gleichzeitig aber auch den Schwarzen Fürsten in die Knie zu zwingen. Und dann könnte sie, Syrin, sich zur Herrscherin über die Dunklen Mächte aufschwingen!
Laura staunte. Das Gewässer, das sich zu ihrer Linken bis zum Horizont erstreckte, war von einem so tiefen Rot, als sei es vollständig mit Blut gefüllt!
»Ich weiß, was du wissen willst«, sagte Riaanu in diesem Moment.
»Wieso?« Laura war verblüfft. »Kannst du am Ende auch Gedanken lesen?«
»Nein.« Immer noch lächelnd, schüttelte der junge Mann den Kopf. »Das ist auch gar nicht nötig. Es steht dir ins Gesicht geschrieben, was dich bewegt: Du willst wissen, ob der ›See der Roten Tränen‹ seinen Namen zu Recht trägt und tatsächlich mit roten Tränen gefüllt ist, nicht wahr?«
»Und? Ist er es?«
»Ja.« Riaanu zog die Stirne kraus. »Zumindest der Legende nach, die man sich in weiten Teilen Aventerras erzählt. Danach hat sich der See mit den Tränen aus den rotgeweinten Augen unzähliger Mütter und Väter gefüllt. Sie haben sie um ihre Kinder vergossen, die im Laufe der Zeit den Drachen zum Opfer gefallen sind.«
»Hm.« Das Mädchen rümpfte die Nase. »Eine anrührende Geschichte. Glaubst du die etwa?«
»Wie klug du doch bist«, entgegnete Riaanu mit sanftem Spott. »Nein, Laura – wie fast alle Legenden, so besitzt auch diese mit Sicherheit nur einen wahren Kern. Möglicherweise wurden am Ufer dieses Sees dereinst bittere Tränen geweint.«
»Die rote Farbe jedoch hat einen anderen Grund?«
»Bestimmt!«, mischte Venik sich ein. »Oder hast du schon mal erlebt, dass jemand rote Tränen vergossen hat?«
Laura wandte sich dem Magier zu, der sie vom Rücken seines Hornbüffels aus schräg angrinste, als wolle er sagen: Also ich nicht!
»Natürlich nicht. Zumindest nicht bei uns auf der Erde. Aber hast du mir nicht erklärt, dass das Leben auf Aventerra ganz anderen Gesetzen gehorcht als das auf dem Menschenstern? Warum also sollte es hier keine roten Tränen geben?«
»Ähm«, war alles, was der Junge darauf zu antworten wusste.
»Vielleicht hast du sogar Recht, Laura«, sprang Riaanu ihr bei. »Aber die Rotfärbung des Sees rührt trotzdem nicht von roten Tränen her.« Er legte den Kopf in den Nacken und spähte zum glühenden Ball der Sonne, die hoch am Mittagshimmel stand. »Wir sind gut vorangekommen«, sagte er, »und könnten eine kleine Pause gut vertragen.«
Im Schatten der Torkelweiden, die das Seeufer säumten, hielten sie an und befreiten die Reittiere von der Trense, damit sie grasen konnten.
Laura holte gerade einen Apfel aus der Provianttasche, als sie bemerkte, dass Sturmwind an das Gewässer trat, den Kopf senkte und das Maul ins rote Wasser steckte, um zu saufen. »Nicht doch! Lasst das sein!«, rief sie erschrocken aus, als sich der Swuupie dem Schimmel anschloss.
Riaanu legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. »Keine Angst«, sagte er. »Das ist bestes Trinkwasser, auch wenn es etwas merkwürdig aussieht – und auch so schmeckt.«
»Ähm – wie merkwürdig?«
»Probier doch mal.«
Laura zögerte, überwand den Ekel dann aber doch. Sie kniete am Ufer nieder, formte mit den Händen eine Kelle, schöpfte von der Flüssigkeit und führte sie zum Mund. Sie schmeckte in der Tat eigenartig. Irgendwie… metallisch.
Sturmwind jedenfalls schien gar nicht genug davon zu bekommen. Erst recht, als Kraomir und Melusine sich zu ihm gesellten und ihm beim Saufen Gesellschaft leisteten.
Laura schüttelte verständnislos den Kopf.
Die unwirsche Reaktion blieb Riaanu nicht verborgen. »Lass sie ruhig gewähren«, redete er ihr zu. »Vielleicht ahnen sie, dass wir auf unserem weiteren Weg nicht so schnell wieder an einem Gewässer vorbeikommen. Sie sollen sich ruhig satt trinken. Und auch wir dürfen nicht vergessen, die
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