Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
Sklavin?«
Alarik warf der Schwester, die mit angehaltenem Atem am Tisch stand, einen verstohlenen Blick zu. »Nein, aber sie erinnert mich an meine Schwester«, erklärte er.
Borboron wirkte überrascht. Er schien mit jeder Antwort gerechnet zu haben, nur nicht mit dieser.
Syrin musterte Alarik so scharf, als wolle sie die Augen in sein Gehirn bohren.
Oh nein!, durchzuckte es Alienor. Sie will seine Gedanken lesen!
In diesem Moment begriff Alienor, wie geschickt Alariks Antwort gewesen war. Als habe er geahnt, dass die Frau mit den Reptilienaugen sich auf das Gedankenlesen verstand und jede seiner Antworten auf ihre Richtigkeit überprüfen würde, hatte er nichts als die Wahrheit gesagt. Am liebsten wäre sie auf den Bruder zugestürmt und hätte ihn in ihre Arme geschlossen. Wie klug er doch ist, dachte sie vergnügt, während sie die Vorgänge weiter beobachtete.
»An deine Schwester also?«, wiederholte der Schwarze Fürst, nachdem die Gestaltwandlerin mit einem enttäuschten Achselzucken zur Seite getreten war. »Und wer bist du?«
»Meine Name ist Alarik, Herr! Alarik von Gleißenhall.«
»Dann entstammst du also der Herrscherfamilie, die das Güldenland regiert?« Borborons Miene erhellte sich.
Alarik antwortete nicht. Schweigend senkte er den Kopf und biss sich auf die Lippen. Er schien sich zu ärgern, dass er so unbedacht gewesen war, seinen vollen Namen zu nennen.
»Wie man sich erzählt, verfügt dein Vater über große Reichtümer«, fuhr Borboron fort, während er sich erhob und auf den Jungen zutrat. »Vielleicht ist er ja daran interessiert, mit mir ins Geschäft zu kommen?«
»Niemals!« Mit einem Ruck hob der Junge den Kopf und blickte den Tyrannen furchtlos an. »Mein Vater steht auf der Seite des Lichts und macht keine Geschäfte mit den Dunklen Mächten!«
Stimmt, dachte Alienor. Unsere Familie zählt seit alters her zu den treuesten Dienern Elysions.
»Nein?« Der Schwarze Fürst lächelte verschlagen. »Weißt du, dass eure Urahnen dereinst sogar Handel mit den Drachenkönigen getrieben haben, die den Kriegern des Lichts alles andere als freundlich gesonnen sind?«
»Das kann nicht stimmen!« Alariks blaue Augen blitzten. »Ihr müsst Euch irren!«
»Ich verstehe!« Ein schmales Lächeln verlieh Borborons fahlem Gesicht gespensterhafte Züge. »Dein Vater hat das bislang schamhaft für sich behalten.« Er hob die Arme und seufzte theatralisch. »Nun, Alarik von Gleißenhall, dann will ich König Malik nicht vorgreifen. Er soll dir selbst offenbaren, welcher Makel auf der Dynastie derer von Gleißenhall lastet! Was mich im Moment viel mehr interessiert…« – Er stützte sich auf die Lehne von Alariks Stuhl und beugte sich dicht zu ihm herunter – »… Warum hast du dieses Mädchen vom Menschenstern auf seiner Reise zum Fatumgebirge begleitet?«
Der Junge zögerte nicht einen Augenblick mit der Antwort. »Weil Laura für die Sache des Lichts streitet genau wie ich!«, erklärte er mit kühnem Trotz.
»Dann weißt du sicherlich auch, was sie vorhat?«
»Nein, Herr, leider nicht.« Ehrliches Bedauern zeigte sich auf dem Gesicht des Knappen. »Schließlich hatten wir den verwunschenen See noch längst nicht erreicht, als Euer Drache mich geschnappt hat.« Er richtete sich im Stuhl auf, und sein Körper straffte sich. »Aber selbst wenn, würde ich es Euch nicht verraten!«
»Selbst nicht, wenn du sterben müsstest?«
»Selbst dann nicht.« Furchtlos sah Alarik den Schwarzen Fürsten an. »Ich kann doch nicht zulassen, dass Ihr und Eure Krieger die Oberhand gewinnt, um dem Ewigen Nichts zur Herrschaft zu verhelfen!«
Alienor fiel vor Schreck beinahe ein Teller aus der Hand. Wenn Borboron etwas noch mehr hasste als offenen Widerspruch, dann war es das klare Bekenntnis für die Sache des Lichts!
Syrin konnte nicht mehr an sich halten. Das Gesicht zu einer wilden Fratze der Wut verzerrt, sprang sie wie ein Derwisch vor Alarik auf und ab. »Du elender Wurm!«, schrie sie, und einmal mehr hatte Alienor den Eindruck, als schwebe der Kopf einer riesigen Schlange auf dem Hals der Gestaltwandlerin, wenn auch nur für den Bruchteil eines Augenblicks. »Du weißt, dass du damit dein Todesurteil gesprochen hast!«
Noch immer schien Alarik die Ruhe selbst. »Und wenn schon«, erwiderte er, während er dem stechenden Blick der Tobenden standhielt. »Tötet mich nur – aber das wird Euch nichts nutzen. Dadurch werdet Ihr Laura nicht aufhalten können. Ihr wisst doch genauso gut wie
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