Laura Leander 04 - Laura und der Fluch der Drachenkönige
ist.«
Laura straffte den Rücken. »Habt Ihr ›Verschwinden‹ gesagt?«
Aurian nickte bedächtig.
»Ich dachte, Analina hat Selbstmord begangen?«
»Nun.« Wieder huschte ein menschliches Schmunzeln über Aurians Gesicht. »Diesen Eindruck hatte ich zunächst auch, als ich ihr Kleid am Ufer des Schlangenflusses fand. Daneben lag ein Brief, den ich ihrer Familie überbringen sollte.«
»Wisst Ihr, was da drin stand?«
Die Ratte nickte. »Ich muss gestehen, ich konnte es mir nicht verkneifen, einen Blick hineinzuwerfen.«
Damit ihr auch nicht eines seiner Worte entging, rutschte Laura aufgeregt nach vorn, bis sie nur noch auf der Sesselkante saß.
»›Das Leben hier ist mir unerträglich geworden‹ hat Analina geschrieben, ›und so muss ich diesen schweren Schritt nun gehen. Ich weiß, Ihr könnt mich nicht verstehen, aber dennoch bleibt mir keine andere Wahl. Ich bin sicher, dass ich mein Glück in einer anderen Welt finden werde. Verurteilt mich nicht – und lebt wohl! Wenn das Schicksal es will, wird es uns dereinst wieder zusammenführen‹ So lautete ihr Brief, den ich auftragsgemäß König Dragan übergeben habe, ihrem Vater, der damals noch lebte. Und wie dieser darauf reagiert hat, hast du inzwischen bestimmt erfahren.«
Laura nickte stumm und brütete eine Weile betroffen vor sich hin. »Die Nachricht muss ihm einen Schock versetzt haben, anders ist seine Reaktion nicht zu erklären«, meinte sie schließlich und schaute Aurian fragend an. »Aber wenn ich Euch recht verstanden habe, seid Ihr nicht davon überzeugt, dass Analina tot ist. Warum?«
»Weil ich gelernt habe, hinter die Oberfläche der Dinge zu sehen, Laura, und deshalb weiß, dass vieles in Wahrheit ganz anders ist, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.«
Die Ratte sah das Mädchen an, als erwarte sie Zustimmung. Als diese jedoch ausblieb, fuhr sie fort: »Zudem weiß ich, was unmittelbar vor Analinas Verschwinden geschehen ist, zumindest zum Teil. Und das wirft ein völlig anderes Licht auf ihr Verhalten.«
Laura schluckte, weil die brennende Neugier ihr die Kehle zuschnürte. »Nun erzählt schon, bitte, bitte!«, bettelte sie.
Der Bibliothekar schmunzelte, griff zu seinem Glas und trank einen Schluck von dem roten Wein. Danach berichtete er von den aufregenden Entdeckungen, die Analina vor vielen Jahren gemacht hatte, und je länger er erzählte, desto mehr geriet Laura ins Staunen.
B eklommen starrten Lukas und Mr. Cool durch die Luke hinunter auf den Scheunenboden, wo sich der Rote Tod aufgebaut hatte und ihnen mit geballten Fäusten drohte. »Freut euch nicht zu früh, ihr Bälger«, krächzte der Albino. »Glaubt bloß nicht, dass ihr uns entkommen könnt.«
Der Steinerne Ritter an seiner Seite fuchtelte mit dem Schädelspalter in der Luft herum und ließ wütende Laute hören, die an tollwütige Hunde erinnerten.
Lukas sah Philipp zweifelnd an. »Glaubst du, dass sie hier hochkommen?«
»Durchaus möglich«, entgegnete Mr. Cool. »Wenn sie die Leiter wieder aufstellen, die sie offensichtlich weggenommen haben, damit du ihnen nicht entwischen kannst.«
»Mist!«, brummte Lukas. »Und dann?«
»Verschwinden wir auf dem gleichen Wege, wie ich hier raufgekommen bin«, erklärte der Junge mit der Strickmütze. »Über die Regenrinne nämlich. Für einen Bergsteiger ist das doch kein Problem. Ob du das allerdings schaffst« – Er musterte Lukas grinsend – »muss sich noch zeigen.«
Lukas blieb stumm. Ihm war gar nicht nach Scherzen zumute, zumal Konrad Köpfer nun tatsächlich die lange Holzleiter heranschleppte und im Begriff war, sie aufzurichten. Nichts wie weg!, dachte Lukas, als der Rote Tod die Leiter unvermittelt fallen ließ und sich schleunigst durch die Hintertür davonmachte.
Reimar von Ravenstein stapfte schwerfällig hinter ihm her. Nur Momente später war keine Spur mehr von den beiden Bösewichten zu entdecken.
Dafür hörten Lukas und Philipp Motorengeräusche, die immer lauter wurden.
Als sie wenig später vor die Scheune traten, fuhr gerade die altersschwache Limousine von Aurelius Morgenstern auf den Hof und hielt vor dem Wohnhaus des Bauern an. Zwei massige Gestalten schälten sich aus dem Wagen: Attila Morduk und Nikodemus Dietrich.
Beim Anblick der Jungen waren die Männer mehr als überrascht. »Was treibt ihr denn hier mitten in der Nacht?«, wunderte sich der Bauer und zog an der Pfeife, die in seinem Mundwinkel hing.
Lukas ging ihm hastig entgegen. »Ich hab auf meinem Handy
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