LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons - Freund, P: LAURA und der Kuss des schwarzen Dämons
den Nagel auf den Kopf! Laura ist vom grässlichen Liebesbazillus befallen und deshalb schon seit Langem nicht mehr ganz zurechnungsfähig.«
Als Lukas und Laura bei Friedemann Fromm ankamen – der Pförtner hatte ihnen verraten, wo sie ihn finden würden –, hob der gerade mit einem Spezialbagger ein Grab aus. Er war groß und hager, hatte einen grau behaarten Geierschädel, war von Kopf bis Fuß in verflecktes Schwarz gekleidet und erinnerte Lukas an einen der Totengräber aus den uralten Wildwest-Filmen, die gelegentlich im Spätprogramm kleiner Fernsehsender gezeigt wurden. Das waren meistens billige B-Pictures in Schwarz-Weiß, die kaum Lizenzgebühren kosteten und sich deshalb bestens als Programmfüller eigneten. Nur der breitkrempige schwarze Hut fehlte, der im Wilden Westen wohl unverzichtbar für jeden Herrn über Boot Hill gewesen war.
Herr Fromm schien die Störung nicht ganz ungelegen zu kommen. Nachdem sie ihm freundlich zugenickt hatten, stellte er jedenfalls augenblicklich den Motor ab, saß ab und trat auf sie zu. »Wollt ihr
zu mir?«, fragte er völlig überflüssigerweise und musterte sie misstrauisch.
Lukas wollte schon antworten, als er die mächtige Schnapsfahne bemerkte, die ihm aus dem Mund des alten Friedhofswärters entgegenflatterte. Obwohl er unwillkürlich einen Schritt zurückwich, konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es verging ihm selbst dann nicht, als er die anderen Gerüche wahrnahm, die Fromm ausdünstete: Altmännerschweiß und Katzenurin. Fromms schmutzstarre Hose war zudem von Katzenhaaren übersät.
Laura dagegen verzog angewidert das Gesicht und rümpfte die Nase, als könnte sie der penetranten Schnaps-Schweiß-Urin-Wolke auf diese Weise entgehen.
Fromm schien das gar nicht zu bemerken. Und wenn, dann machte es ihm offensichtlich nichts aus. Zunächst hörte er sich ihr Anliegen recht interessiert an, gab sich dann aber ähnlich wortkarg wie Attila. Als Lukas ihm jedoch das Mitbringsel zeigte, das er vorsorglich eingesteckt hatte – »Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft«, hatte er Laura augenzwinkernd anvertraut –, wurde Fromm schlagartig zugänglicher. Sein Geierkopf ruckte nach vorne. Das zerknitterte und offensichtlich schon seit Tagen unrasierte Gesicht hellte sich auf, und die wässrigen Augen starrten begierig auf den Flachmann in Lukas’ Hand, der den gleichen vierzigprozentigen Obstler enthielt wie die Pulle von Rudi Lose.
»Das wäre doch nicht nötig gewesen, mein Junge!«, säuselte Fromm. Doch schon im nächsten Augenblick riss er Lukas die Flasche aus der Hand. »Bei der Bullenhitze kann ein Schluck ja bestimmt nicht schaden, oder?« Mit fahrigen Bewegungen schraubte er den Verschluss ab und setzte die Flasche an die faltigen Lippen.
Während Laura entrüstet die Augen verdrehte, stimmte Lukas ihm voll und ganz zu: »Richtig, Herr Fromm! Wer ordentlich arbeitet, hat auch einen ordentlichen Drink verdient.«
Friedemann Fromm antwortete mit einem herzhaften Rülpser, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und klopfte Lukas dann anerkennend auf die Schulter. »Sag ich doch, Kumpel! Ich sehe, wir verstehen uns!« Nach einem weiteren Schluck sah er die Geschwister neugierig an. »Also, noch mal: Was kann ich für euch tun, ihr beiden Hübschen?«
»Es geht um den Urnendiebstahl vor fast zwei Wochen«, wiederholte Lukas. »Wir hätten gerne gewusst, aus welcher Gruft die Urne entwendet wurde und wie sich das Ganze abgespielt hat.«
»Lest ihr denn keine Zeitung?«, brummte Friedemann. Er kratzte sich am stoppeligen Kinn. »In unserem Käseblatt stand doch eigentlich schon alles drin. Und mehr, als ich der Polizei und den Pressefritzen erzählt habe, kann ich euch auch nicht sagen.«
Die Gruft entpuppte sich als prächtiges Mausoleum. Es stand in der hintersten Ecke des Friedhofs im Schatten von riesigen Kastanien und wurde von zwei imposanten Engelsstatuen flankiert. Mit seinen reich geschmückten Kuppeln, Säulen und Giebeln, der kunstvoll geschmiedeten Flügeltür und den aufwendig gerahmten farbigen Ornamentfenstern erinnerte der fast kreisrunde Bau an ein prunkvolles Barockschlösschen.
»Wow«, kommentierte Lukas sarkastisch. »Manche Menschen lassen ja selbst noch im Tod den dicken Otto raushängen.«
»Das kannste laut sagen, mein Junge«, pflichtete Fromm ihm bei. Die verschwenderische Pracht des Bauwerks schien auch ihn nicht im Geringsten zu beeindruckten. »Aber das macht die toten Geldsäcke nicht einen
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