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Lauras Liebhaber

Lauras Liebhaber

Titel: Lauras Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Rabengut
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eine Menge Geld haben, oder?« Immer noch blieb sie kurz an dem Wort »Kunde« hängen, weil es ihr merkwürdig erschien, das Thema so professionell zu betrachten. Als Chloe nickte, fuhr sie fort: »Was ich nicht verstehe, ist, warum sie überhaupt zu einer Prostituierten gehen?«
    »Das ist unterschiedlich. Bei den meisten meiner Kunden ist es eine Sache der Diskretion und auch des Zeitdrucks.« Als sie Lauras fragenden Gesichtsausdruck bemerkte, erklärte sie: »Die Männer haben Geld, und meist sieht man es ihnen auch an. Viele von ihnen haben also zum Beispiel Angst, sich eine Geliebte zu nehmen, um nicht plötzlich mit einem Baby oder einer Enthüllung der Affäre vor der Ehefrau erpresst zu werden.
    Die andere große Gruppe sind die Männer, die häufig auf Geschäftsreisen hierherkommen, sich entweder einsam fühlen oder zu Hause nicht das bekommen, was sie gerne wollen. Neben der Angst, die sie mit der ersten Gruppe Männer teilen, kommt da noch hinzu, dass es zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde, eine Frau erst anständig zu umwerben und dann vielleicht festzustellen, dass diese Frau aber nicht für Sex zu haben ist.
    Ich habe jeden zweiten Sonntag erst immer ein nettes Mittagessen mit einem Kunden und dann hemmungslosen Sex im Hotelzimmer, am Montagmorgen bringt er seiner Frau dann Blumen von der Geschäftsreise mit und belästigt sie nicht mit seinen Vorlieben. Und alle sind glücklich.« Sie faltete die Hände und sah Laura aufmerksam an.
    »Hm, darüber habe ich noch nie nachgedacht.«
    »Ich glaube, das tun die wenigsten. Und, was hast du heute vor?«
    Sie waren langsam fertig mit dem Frühstück, und Chloe wollte heute in ihrem Zimmer an einem neuen Stück für ihre Ausstellung arbeiten.
    »Ich denke, ich werde mir die Stellenanzeigen in der Samstagsausgabe vornehmen und mich um einen Job kümmern.«
    Laura zerknüllte die Zeitung und warf sie verärgert auf den Boden. Sie hatte gerade vier Stunden verschwendet und war keinen Schritt weitergekommen. Über kurz oder lang brauchte sie eine Einkommensquelle, und wenn es ginge, vielleicht sogar eine, bei der sie mehr als drei Pfund in der Stunde verdiente.
    Da es kaum noch schlimmer kommen konnte, trottete sie hinüber in Chloes Zimmer. Diese stand mit einem niedlichen Farbfleck auf der Wange mit schräg gelegtem Kopf vor der Staffelei und bemerkte zunächst gar nicht, dass Laura hereingekommen war.
    »Sag mal,« begann Laura, und Chloe schreckte zusammen, fing sich aber sofort wieder, »wie viel verdient deine Zuschauerin denn so?«
    Chloes Lippen umspielte ein Lächeln. »Pro Kunde so um die fünfhundert Pfund.« Zufrieden sah sie, wie Laura große Augen bekam und ihr die Kinnlade herunterklappte.
    »Fünfhundert Pfund?«, fragte sie mit zutiefst ungläubiger Stimme nach. Sie rechnete im Kopf kurz nach: Dafür hatte sie in dem Supermarkt, in dem sie gejobbt hatte, fast achtzig Stunden arbeiten müssen.
    Chloe verschränkte die Arme vor der Brust, den Pinsel in der rechten Hand.
    »Wirklich jetzt? Fünfhundert Pfund nur fürs Zusehen?«, hakte Laura noch einmal nach, nur um ganz sicherzugehen.
    Chloe grinste lediglich und schwieg. Sie wusste genau, dass Laura mit sich rang, aber sie sagte nichts, diese Frage musste Laura mit sich selbst ausmachen.
    Wortlos ging Laura aus dem Raum, noch immer mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck. Sie hatte zwar verstanden, dass Chloe viel Geld verdiente – aber fünfhundert Pfund, nur um zuzusehen, wie zwei Menschen miteinander Sex hatten? Damit hatte sie nicht gerechnet.
    In ihrem Zimmer setzte sie sich erst einmal aufs Bett und atmete schwer aus. Fünfhundert Pfund waren eine Menge Geld und würden fast wieder das hereinholen, was sie im ersten Monat hier ausgegeben hatte.
    Sie legte sich hin, schloss die Augen und versuchte, rational darüber nachzudenken. Sie müsste sich nur in einen Sessel setzen und für zwei oder drei Stunden nett aussehen, nicht einmal Sex haben. Wenn sie einmal im Monat mit Chloe ging, dann brauchte sie sich das ganze Studium über keine finanziellen Sorgen mehr zu machen. Aber nein, sie konnte das nicht. Oder doch? Noch während sie grübelte, überkam sie eine ungeahnte Müdigkeit.
    Als sie wieder aufwachte, bemerkte sie als Erstes, dass es draußen bereits dämmerte, und als Nächstes, dass Chloe in der Tür stand und sie beobachtete. Laura setzte sich auf, räkelte sich und gähnte.
    »Sag mir bitte, dass du mir nicht den ganzen Tag beim Schlafen zugesehen hast.«
    Chloe lachte leise.

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