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Lauter reizende alte Damen

Lauter reizende alte Damen

Titel: Lauter reizende alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nachdem sie all diese Mühen auf sich genommen hatte. Wie spät war es? Sie sah auf die Uhr, aber die war stehen geblieben. Sie hörte ein Geräusch und spähte durch das Tor. Eine Frau war aus der Haustür gekommen. Sie setzte eine Milchflasche ab, richtete sich auf und wandte den Blick zum Tor. Als sie Tuppence entdeckte, zögerte sie einen Augenblick, fasste dann aber wohl einen Entschluss, denn sie kam auf das Tor zu. »Oh«, sagte Tuppence zu sich selbst, »sie ist eine freundliche Hexe.«
    Die Frau war etwa fünfzig. Sie hatte langes, strähniges Haar, das über ihre Schulter wehte. Tuppence fühlte sich flüchtig an ein Gemälde – von Nevinson? – erinnert, einer jungen Hexe auf einem Besen. Aber diese Frau war weder jung noch schön. Sie hatte ein faltiges Gesicht und war nachlässig gekleidet. Auf ihrem Kopf thronte ein spitzer Hut; Kinn und Nase näherten sich bedenklich. Nach dieser Beschreibung hätte sie finster aussehen müssen, aber das Gegenteil war der Fall. Ja, dachte Tuppence, du siehst genau wie eine Hexe aus, aber wie eine freundliche. Wahrscheinlich bist du das, was man früher eine »weiße« Hexe nannte.
    Die Frau trat fast schüchtern ans Tor. Ihre Stimme war angenehm und leicht von einem ländlichen Dialekt gefärbt.
    »Suchen Sie etwas?«, fragte sie unsicher.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Tuppence, »Sie müssen mich für sehr unhöflich halten, dass ich so in Ihren Garten starre, aber… das Haus hat mich interessiert.«
    »Möchten Sie hereinkommen und sich den Garten ansehen?«, fragte die freundliche Hexe.
    »Ja, gern. Aber ich möchte Ihnen nicht lästig sein…«
    »Das sind Sie nicht. Ich habe Zeit. Ist es nicht schön heute?«
    »Ja, sehr schön.«
    »Ich habe schon gedacht, Sie hätten sich verirrt«, sagte die freundliche Hexe. »Das geht vielen Leuten so.«
    »Als ich auf der anderen Seite der Brücke den Berg hinunterfuhr, fand ich das Haus so schön«, sagte Tuppence.
    »Das ist auch die schönste Seite. Manchmal kommen Künstler, um es zu malen – das heißt, einmal ist einer gekommen.«
    »Oh, das kann ich verstehen. Ich glaube sogar, dass ich ein Bild gesehen habe – auf einer Ausstellung«, fügte Tuppence rasch hinzu. »Ein ganz ähnliches Haus. Vielleicht war es sogar dieses hier.«
    »Das kann schon sein. Wissen Sie, eigentlich ist es komisch, einmal kommt ein Künstler und malt ein Bild. Und dann kommen andere nach. Wie bei der jährlichen Kunstausstellung. Alle Maler scheinen dasselbe zu suchen. Entweder eine Wiese und einen Bach oder eine ganz bestimmte Eiche oder eine Gruppe von Weiden oder die normannische Kirche von einer bestimmten Stelle aus. Fünf oder sechs Bilder mit demselben Motiv, und die meisten sind ziemlich schlecht, finde ich wenigstens. Aber ich versteh nichts von Kunst. Kommen Sie herein.«
    »Vielen Dank«, sagte Tuppence. »Sie haben einen sehr schönen Garten.«
    »Ach, es geht so. Wir haben ein paar Blumen und Gemüsebeete. Aber mein Mann kann nicht mehr so schwer arbeiten, und ich komme kaum dazu.«
    »Ich habe das Haus einmal vom Zug aus gesehen«, sagte Tuppence. »Der Zug fuhr ganz langsam; ich sah das Haus und habe damals überlegt, ob ich es wohl jemals wiedersehen würde. Das ist schon lange her.«
    »Und dann fahren Sie plötzlich mit dem Auto den Berg hinunter und sehen es. Ist das nicht merkwürdig?«
    Was für ein Glück, dass man mit der Frau so gut reden kann, dachte Tuppence. Man braucht sich gar keine Ausreden auszudenken, man kann einfach sagen, was einem in den Kopf kommt.
    »Möchten Sie nicht ins Haus kommen?«, fragte die freundliche Hexe. »Ich seh Ihnen an, dass es Sie interessiert. Es ist schon alt. Georgianisch, glaube ich. Aber es ist später umgebaut worden. Wir haben natürlich nur die eine Hälfte.«
    »Ach? Ist es aufgeteilt?«
    »Ja. Dies ist eigentlich die Rückseite. Die Vorderseite haben Sie von der Brücke aus gesehen. Merkwürdig, nicht wahr, ein Haus der Länge nach durchzuteilen? Normalerweise teilt man es doch in eine linke und eine rechte Hälfte, nicht in eine Vorder- und eine Rückseite. Wir haben die Rückseite.«
    »Wohnen Sie schon lange hier?«, fragte Tuppence.
    »Seit drei Jahren. Als mein Mann pensioniert wurde, wollten wir aufs Land ziehen, irgendwohin, wo es ruhig ist – und billig. Und hier ist es nicht teuer, weil es so einsam ist. Es ist kein Dorf in der Nähe.«
    »Ich hab einen Kirchturm gesehen…«
    »Ja, den von Sutton Chancellor. Bis dort sind es zweieinhalb Meilen. Wir gehören zur

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