Lauter reizende alte Damen
waren sie nachts mit dem Schlafwagen gefahren.
Penzance – die Sommerferien –, aber die Strecke kannte Tuppence in- und auswendig.
Nein, es musste eine Zufallsreise gewesen sein.
Mit emsigem Fleiß hatte Tuppence eine genaue Liste aller Reisen aufgestellt, die eine Verbindung zu dem gesuchten Haus gehabt haben konnten. Es waren zwei oder drei Fahrten zu Pferderennen, ein Besuch in Northumberland, zwei möglicherweise in Frage kommende Orte in Wales, eine Taufe, zwei Hochzeiten, eine Auktion, an der sie teilgenommen hatten; dann hatte sie einmal zwei Welpen für eine Freundin abgeliefert, die Hunde züchtete und plötzlich Grippe bekommen hatte. Der Treffpunkt mit dem Käufer war irgendein gottverlassener Umsteigebahnhof auf dem Land gewesen, an dessen Namen sie sich nicht erinnern konnte.
Tuppence stöhnte. Es sah fast so aus, als müsste sie doch auf die von Tommy vorgeschlagene Lösung eingehen, sich eine Netzkarte kaufen und die möglichen Strecken abfahren.
Auf einen kleinen Notizblock hatte sie alles notiert, was ihr eingefallen war – plötzliche Ideen, vage Erinnerungen. Vielleicht fand sich etwas Brauchbares.
Ein Hut, zum Beispiel… ja, einen Hut, den sie ins Gepäcknetz geworfen hatte. Sie hatte also einen Hut getragen – demnach war es eine Taufe oder eine Hochzeit gewesen – bestimmt kein Hundetransport.
Und – wieder ein Geistesblitz – sie hatte die Schuhe ausgezogen – weil ihr die Füße wehtaten. Ja, das stand ganz fest – sie hatte das Haus gesehen – und sie war aus den Schuhen geschlüpft, weil ihre Füße wehtaten.
Dann war es also ganz bestimmt irgendein gesellschaftliches Ereignis gewesen, zu dem sie gefahren oder von dem sie zurückgekehrt war. Natürlich war es die Rückreise – ihre Füße schmerzten, weil sie lange in ihren besten Schuhen hatte herumstehen müssen. Und was war das für ein Hut? Das konnte weiterhelfen – ein Blumenhut? – Eine sommerliche Hochzeit? – Oder der Samthut für den Winter?
Tuppence suchte eifrig Zugverbindungen aus dem Fahrplan, als Albert hereinkam, um zu fragen, was sie zum Abendessen wünsche und was er beim Fleischer und beim Lebensmittelhändler bestellen solle.
»Ich glaube, ich werde in den nächsten Tagen nicht hier sein«, sagte Tuppence. »Sie brauchen nichts zu bestellen. Ich plane ein paar Fahrten mit der Bahn.«
»Brauchen Sie keine belegten Brote?«
»Ja, vielleicht. Kaufen Sie Schinken und sonst noch was.«
»Eier und Käse vielleicht? Ach, wir haben in der Speisekammer noch eine Dose mit Pastete – die müsste mal weg.« Die Empfehlung klang nicht sehr verlockend, aber Tuppence sagte: »Na schön. Das reicht.«
»Soll ich Briefe nachschicken?«
»Nein, ich weiß noch nicht mal genau, wohin ich überhaupt fahre.«
»Aha«, sagte Albert.
Das angenehme an Albert war, dass er alles hinnahm. Man brauchte ihm nie etwas zu erklären.
Er ging hinaus, und Tuppence machte sich wieder an die Arbeit. Sie brauchte ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem ein Hut und elegante Schuhe gehörten. Leider waren die, an die sie sich erinnerte, mit anderen Bahnstrecken verbunden. Eine Hochzeit auf der Southern Railway und die andere in East Anglia. Die Taufe war nördlich von Bedford.
Wenn sie sich doch nur besser an die Landschaft erinnern könnte… Sie hatte rechts im Zug gesessen. Was hatte sie vor dem Kanal gesehen? Wälder? Bäume? Felder? Vielleicht in der Ferne ein Dorf?
Sie zermarterte sich den Kopf und blickte stirnrunzelnd auf. Albert war zurückgekommen. Sie hätte nie im Traum daran gedacht, dass Albert, der vor ihr stand und wartete, dass sie mit ihm sprach, die personifizierte Lösung des Rätsels war.
»Was ist denn noch, Albert?«
»Wenn Sie morgen den ganzen Tag fort sind…«
»Übermorgen wahrscheinlich auch noch…«
»Könnte ich dann vielleicht einen Tag frei haben?«
»Ja, natürlich.«
»Es ist wegen Elizabeth – sie hat rote Flecken. Milly meint, es sind die Masern…«
»Ach du liebe Güte.« Milly war Alberts Frau, und Elizabeth war seine jüngste Tochter. »Dann möchte Milly Sie gern zu Hause haben?«
Albert wohnte in der Nähe in einem kleinen, hübschen Haus.
»Eigentlich hat sie mich lieber aus dem Weg – sie mag es gar nicht, wenn sie viel zu tun hat und ich im Haus bin. Aber ich könnte mit den anderen Kindern was unternehmen.«
»Ja, natürlich. Sind sie alle in Quarantäne?«
»Ach, am besten bekommen sie sie alle gleichzeitig, dann ist es ein Aufwaschen. – Also ist es Ihnen
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