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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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»Ich gratuliere und danke Ihnen, Captain, und ich wünsche Ihnen Erfolg in unser aller Interesse. In der Tiefgarage wartet ein Wagen, der Commander Morris und Sie zum Stützpunkt bringen wird. Sergeant Baker wird Sie hinunterbegleiten.« Er klingelte. »Danke, Sir!«
    Philipp war wie in Trance. Selbstvergessen ging er an der Seite des blonden Fräulein Sergeant. Hin und wieder wehte ihn ein herber Duft an. Doch er hatte kein Ohr für ihre Stimme, kein Auge für das schimmernde Blond ihres Haares und keine Nase für ihren Duft. Im Lift stand er unbewegt wie ein Stein neben ihr.
    Glenn Morris saß schon im Fond des Wagens. »Mensch, Glenn!« sagte Philipp. »Wir haben es geschafft.«
    Morris blickte ihn von der Seite her an. Seine Brauen zogen sich ein wenig zusammen. »Sie werden sich eine neue Form des Umgangs angewöhnen müssen, Captain«, sagte er schleppend. »Ich räume Ihnen zwei Möglichkeiten ein: Sie nennen mich ›Sir‹ oder, was mir lieber wäre, ›Commander‹. Sie können wählen, Captain!«
    Er brauchte nicht erst im Gesicht des anderen zu lesen, er wußte, daß die Worte ernst gemeint waren.
     
     
Das Ende der Drachen
     
    »Lageberatung!« befiehlt der Commander und deutet mit einer knappen Handbewegung zur Stirnwand der Zentrale, auf der die Generalstabskarte erscheint. Über den Atlantik zieht ein kleiner roter Punkt dahin, die Ortsprojektion der Odin. Als sich Glenn Morris in seinen Sessel schiebt und die Gurte befestigt, sprüht sein vergoldeter Skaphander Funken.
    Der Commander beginnt die Beratung sehr konzentriert. Der eingespiegelte Lichtpfeil wandert über die Karte, als werde er nicht von der Hand eines Menschen, sondern durch die emotionslose Elektronik des Ortungsgerätes gelenkt.
    »Das Territorium unseres Gegners ist«, erklärt Glenn Morris, »was seine Lage und Ausdehnung anbetrifft, für einen überraschenden Angriff mit dem Ziel optimaler Wirkung, also schnellstmöglicher Verteidigungsunfähigkeit, denkbar ungeeignet. Sie sehen, daß sich das zu bekämpfende Gebiet etwa vom zehnten Grad östlicher bis zum einhundertsiebzigsten Grad westlicher Länge erstreckt, das ist nahezu exakt die Hälfte des Erdumfangs. Als weiteres, für unsere Absichten ungünstiges Merkmal kommt die subarktische Lage hinzu, zwischen ungefähr vierzig und achtzig Grad nördlicher Breite.«
    Der Lichtpfeil gleitet mehrmals von Nordosten nach Südwesten über das langgestreckte Abbild des Zielterritoriums, als wolle man es mit einem spitzen gelben Messer in schräge Streifen schneiden.
    »Wenn wir davon ausgehen, daß das Ziel eines Angriffs mit modernen Waffen immer in der vollständigen Vernichtung des Gegners besteht, dann sind unter Berücksichtigung der Wirkungsbreite unserer Fächerlaser und der im Orbit physikalisch möglichen optimierten Bahnkurven mindestens neun Überflüge notwendig, was einem Gesamtzeitraum von ungefähr sechzehn Stunden entspräche. Daraus abgeleitet, ergibt…«
    »Präzise fünfzehn Komma vier eins Stunden, Sir!« unterbricht der kleine Graves.
    »… kann mit der…, muß mit der Möglichkeit gerechnet…« Morris verhaspelt sich und läuft rot an. »Verdammt noch mal, Mister Graves! Diese Lageberatung leite ich. Und ich leite sie allein. Sie reden gefälligst nur, nachdem ich Ihnen das Wort erteilt habe. Ist das klar, Graves?«
    »Jawohl, Commander! Ich habe verstanden.«
    »Wir müssen also damit rechnen, daß der Gegner spätestens ab Beginn des zweiten Überfluges mit Gegenmaßnahmen antwortet, was unsere Operation erheblich erschweren dürfte. Trotzdem kann es für uns kein anderes Ziel geben als die vollständige Vernichtung des Gesamtterritoriums innerhalb der technisch möglichen Zeit von sechzehn…, fünfzehn Komma vier Stunden.«
    Ich habe das Gefühl, daß sich Glenn Morris jetzt, nachdem ihn der kleine Graves unterbrochen hat, nur noch mit äußerster Mühe zu konzentrieren vermag. Vielleicht resultiert daraus diese seltsame Logik. Obwohl er die Vernichtung des Gegners als kaum möglich bezeichnet, akzeptiert er sie als Ziel der Operation, weil es ein anderes für ihn nicht geben kann, nicht für einen Hai, wie er einer ist. Dabei stellt er die Situation dar, als handle es sich bei der Odin um die einzige zur Zeit einsetzbare Waffe seines Landes, als stände unsere Station allein den kriegerischen Mitteln der ganzen Welt gegenüber. Das ist schwer zu begreifen, denn Morris scheint mir nicht der Mann zu sein, der eine so prekäre Lage total falsch beurteilen

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