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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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aufeinander abgestimmte Befehle zu erteilen, um den Mechanismus in Funktion zu setzen und die richtige Abfolge der einzelnen Schritte zu gewährleisten. Ein zufälliges Zustandekommen des Bedienungsablaufs, selbst unter der Annahme, die Befehle könnten, bei verminderter geistiger Leistungs- und Rezeptionsfähigkeit einem antrainierten Muster folgend, eingegeben worden sein, ist nach menschlichem Ermessen auszuschließen.
    Bleibt also Selbstmord. Die verspielte, freundliche, manchmal aber auch ironisch verschmitzte Liliana Brix hat fraglos Selbstmord begangen, und zwar einen der grausigsten Art, die man sich vorstellen kann. Ohne Zweifel wollte sie ebenfalls ein Zeichen setzen. Vielleicht nicht mit der Ausschließlichkeit Bergersons, ihre Gründe mögen andere oder zusätzliche gewesen sein, Komponenten ihres Verhältnisses zu Skelton eventuell, oder was auch immer – ein deutliches Zeichen war es.
    Und der Zeitpunkt der Tat läßt vermuten, daß auch bei ihrer Entscheidung die Tests zumindest eine Rolle gespielt haben, und sei es nur die des berühmten Tropfens, der das Faß zum Überlaufen bringt.
    Sicherlich sind dem Commander derartige Überlegungen nicht fremd, nur, wäre er gezwungen, sich die wirklichen Zusammenhänge einzugestehen, seine ohnehin schon stark beschädigte Welt liefe Gefahr, vollends in Trümmer zu fallen.
    Am meisten aber scheint ihn in dieser Zeit zu erschrecken, daß sich eine totale Isolation seines Landes andeutet, der Nation, die er für die beste der Welt hält, für die er bereit ist, sein Leben und das Leben anderer bedingungslos einzusetzen. Ich behaupte nicht, daß er über die Gründe dieser Isolation nachzudenken beginnt, es ist allein die Tatsache, die ihm Betroffenheit verursacht. Ich rechne damit, daß er sich irgendwann auf den längst nicht mehr gültigen Spruch, der Starke sei am mächtigsten allein, zurückziehen wird.
    Im Augenblick, da die Odin als Wrack um die Erde taumelt, richten sich seine Aktivitäten ausschließlich auf deren Inneres.
    Wenn jetzt ein gegnerischer Satellit auftauchte, der Commander würde sich wahrscheinlich weigern, ihn zur Kenntnis zu nehmen, weil er ihn nicht bekämpfen könnte. Selbst über den zweifellos noch immer in unserer Nähe operierenden chinesischen Beobachtungssatelliten hat er sich bisher mit keinem Wort geäußert, während er bei funktionsfähiger Station sicherlich alles darangesetzt hätte, ihn zu vertreiben.
    Falls es gelungen wäre, die Chinesen zu orten, was nicht als sicher angenommen werden kann, da sie offenbar über Möglichkeiten der Tarnung verfügten, von denen man bisher keine Ahnung hatte. Jedenfalls hat sich während eines langen Zeitraums vor und nach dem Unfall kein wie auch immer gearteter Reflex auf den Bildschirmen der Ortungsgeräte gezeigt. Vor dem Commander haben sich also mehrere Hürden aufgetürmt, die ihn hindern, sich in angemessener Weise abzureagieren.
    Das einzige, was ihm geblieben ist, scheint wirklich der Kampf gegen die Adaptiva zu sein. Außerdem hat er ein aufreibendes Gefecht mit der Basis zu führen, der er im Abstand von zwei Stunden verschlüsselte Lagemeldungen übermitteln läßt, jetzt durch einen schnell verpflichteten und eingewiesenen Sergeanten aus dem Bereich Technik. Der Commander schärft ihm ständig ein, auf keinen Fall die Frage nach dem Starttermin des Reparaturshuttles zu vergessen. Glenn Morris glaubt nicht an objektive Gründe der Verzögerung, zumal sich die Leute der Basis weigern, nähere Auskünfte zu erteilen. Er vermutet vielmehr durch die Bürokratie hervorgerufene Lähmungserscheinungen im Apparat der Space Force. Solche von kleinlich an ihren Paragraphen klebenden Beamten verursachte Mißhelligkeiten seien an der Tagesordnung, wo hierarchische Strukturen sich selbst zu genügen beginnen, behauptet er.
    Er mag recht haben. Aber er kann und will nicht sehen, daß sich diese Lähmungserscheinungen mittlerweile auf sein ganzes Land und vor allem auf dessen Präsidenten beziehen.
    Zwar sage ich mir immer wieder, daß der Welt Besseres eigentlich nicht geschehen kann, fürchte jedoch andererseits das letzte, verzweifelte Aufbegehren eines weidwunden Raubtiers.
     
    Direkt über mir schwingt die Glocke der kleinen Kirche von Calman’s Edge, und nichts ist zwischen ihr und meinem Körper als die hallenden Schläge des Bronzeklöppels. Ich muß also wohl auf den gekreuzten Turmbalken liegen, das Gesicht nach oben, doch ich verspüre keinen Druck im Rücken, es ist, als habe

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