Lautlose Jagd
ihm.
Park bedachte sie mit einem schiefen Lächeln. »Ich kenne mich in der Politik gut genug aus, Madam«, antwortete er, »um zu wissen, dass alles, was ein General ausländischen Spitzenpolitikern erzählt, unmöglich vertraulich bleiben kann. Es ist Ihre Aufgabe, Ihre Pflicht, solche Informationen weiterzugeben.« Park hatte natürlich Recht. Falls etwas passierte oder Martindale sie danach fragte, würde Whiting dieses Gespräch Wort für Wort wiedergeben. Trotzdem versuchte sie es nochmals.
»General, diese Frage interessiert mich wirklich - wird Südkorea Krieg führen?« Parks Miene blieb ausdruckslos. »Es kommt entscheidend darauf an, dass wir zusammenarbeiten, um Ihr Land zu schützen und potenzielle Aggressoren zu entmutigen, General«, fuhr sie fort. »Einseitiges Handeln kann nur zu einer Katastrophe führen.«
»Krieg ist selbstverständlich nicht erstrebenswert, Madam Vizepräsidentin«, sagte Park. »Wahre Soldaten verabscheuen Krieg.«
Dann folgte eine lange Pause, die immer unbehaglicher wurde, bevor er sie aufforderte: »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, Madam Vizepräsidentin.« Whiting fühlte, wie ihr ein kalter Schauder über den Rücken lief.
Admiral Allen deutete auf die Großbildschirme. »Mehrere Verbände scheinen schon gestartet zu sein«, stellte er fest. Alle drehten sich nach den Bildschirmen um. Auf den digitalen Landkarten schoben sich einige weiße Linien, deren Ausgangspunkte die südlichsten Stützpunkte Kwangju, Kunsan und Taegu waren, stetig nach Norden vor. »Ich dachte, die Übung sollte erst in einer Stunde beginnen...«
In diesem Augenblick erhielt Special Agent Corrie Law vom Secret Service einen Anruf über ihr abhörsicheres Handy und teilte der Vizepräsidentin mit, sie werde aus Washington angerufen.
General Park führte die Vizepräsidentin, Admiral Allen und ihre Begleiter nach oben in den Beobachtungsraum, vor dessen großen Fenstern das Kontrollzentrum lag, und ließ sie dort allein. Corrie Law hielt drinnen Wache; draußen vor der Tür postierte sich ein Sergeant des Marine Corps, der Zivil trug.
»Hier Professor, kann nicht vertraulich sprechen«, meldete Vizepräsidentin Whiting sich. Sie benutzte ein abhörsicheres Handy und stand in einem Raum, der zumindest teilweise den Vereinigten Staaten gehörte und von ihnen betrieben wurde, aber sie vertraute nicht darauf, dass es hier keine Abhörmikrofone gab.
»Hallo, Professor, hier Sanitäter.« Das war CIA-Direktor Robert Plank. Diesen Monat scheint die Nachrichtenzentrale des Weißen Hauses auf Berufsbezeichnungen zu stehen, dachte Whiting. »Genießen Sie Ihre Reise?«
»Sie wissen, wie viel Spaß ich an militärischer Technologie und dem überall wahrnehmbaren Geruch eines bevorstehenden Krieges habe«, antwortete Whiting sarkastisch. »Was gibt's denn?«
»Ich belästige Sie ungern«, sagte Plank, »aber wir beobachten auffällig starken Fernmeldeverkehr. Ich mute Ihnen nicht zu, als ausgebildete Analytikerin zu füngieren, aber geht dort drüben...
irgendwas Ungewöhnliches vor?«
»Sie haben Recht - es ist ziemlich unverschämt von Ihnen, mir diese Frage zu stellen, obwohl Sie wissen, dass ich Gast der südkoreanischen Regierung bin und hier in ihrem streng bewachten Kontrollzentrum stehe«, sagte Whiting. »Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, mir ist nichts Ungewöhnliches aufgefallen.
Was ist an dem Fernmeldeverkehr so auffällig?«
»Wahrscheinlich hängt er mit der Übung Team Spirit zusammen«, antwortete Plank, aber sie hörte den besorgten Unterton seiner Stimme. »Eine Flut von verschlüsselten Meldungen, die unsere Leute nicht entschlüsseln können - falls sie zu dieser Übung gehören, müssten wir sie entschlüsseln können, denke ich.
Aber was wir nicht empfangen, ist mindestens genauso interessant.«
»Nämlich?«
»Aus Nordkorea ist kaum etwas zu hören«, sagte der CIA-Direktor. »Alle südkoreanischen Militärstützpunkte quasseln in einem neuen Code durcheinander, überall herrscht hektische Aktivität - auch bei Verbänden, die offiziell nicht an Team Spirit teilnehmen -, aber aus dem Norden kommt so gut wie nichts. Normalerweise verlaufen solche Aktivitäten nach einem vertrauten Schema: die einen beginnen zu reden, die anderen melden diese Tatsache, die einen melden, dass sie gemeldet worden ist, die anderen erstatten wieder Meldung... und so geht es weiter, bis alles wieder einschläft. Diesmal ist der südkoreanische Fernmeldeverkehr merklich stärker, aber
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