Lautlose Jagd
bestimmt wusste, dass er in sicherer Höhe über dem Erdboden und den Bergen und allen gottverdammten Tieffliegern war. »Jäger haben dort unten nichts zu suchen, nichts zu suchen, nichts zu suchen«, murmelte er immer wieder wie ein Mantra.
Das war ein illegales Manöver gewesen. Es musste illegal gewesen sein. Er war auf weniger als drei Meilen an den Tanker herangekommen, hätte in wenigen Sekunden einen Abschuss mit Bordwaffen für sich beanspruchen können. An diesem ersten Übungstag waren Mindestabstände von zwei Meilen und addierte Geschwindigkeiten von weniger als 1000 Knoten vorgeschrieben - keine Anflüge von vorn mit Überschallgeschwindigkeit. Der F-15-Pilot kannte die Regeln, er wusste, dass die Bomber-Rabauken dagegen verstoßen hatten, und er wusste, dass er den AWACS-Controller auffordern konnte, den gesamten Verstoß zu dokumentieren ...
... aber dann rief er doch nicht »Feuerpause!« und meldete den Verstoß. Als er sich wieder im Horizontalflug befand - in 18000 Fuß, wo er in sicherer Höhe über den Bergen war -, musste er lachen und vor diesen verdammten Bomber-Rabauken sogar den Hut ziehen. Sie hatten ihren Tanker gerettet und den modernsten USAF-Abfangjäger vom Spielplatz gescheucht. Bis er auf Gegenkurs gegangen war, sich wieder orientiert hatte und die Verfolgung hätte aufnehmen können, hatte der als Köder eingesetzte Tanker KC-135 das Übungsgebiet verlassen und befand sich auf dem Rückflug.
Das würde ihm ewig, ewig anhängen.
»Hey, Two-One, ihr habt jetzt elf Meilen Abstand«, sagte Rebecca Furness auf der Einsatzfrequenz. »Seid ihr defensiv?«
»Ganz im Gegenteil, Go-Fast«, antwortete Rinc. »Mussten nur schnell einen Jäger verscheuchen. Unterbrechung. Pioneer One-Seven, hier Aces Two -One, hinter euch alles klar, frei zum Verlassen des Übungsgebiets, Ausflug über Hokum. Squawk normal und ruft Joshua Approach. Wir sehen uns beim Betanken. Vielen Dank für eure Hilfe. Wir sind euch ein paar Runden schuldig.«
»Pioneer One-Seven, verstanden«, bestätigte der Pilot des Tankers KC-135R erleichtert. »Danke fürs Eingreifen. Hat Spaß gemacht, mit euch Jungs im Dreck zu fliegen. Viel Erfolg! Wir hauen ab.«
»Danke, Pioneer«, funkte Rinc. »Unterbrechung. Aces Two - Zero, frei zum Angriff. Wir passen hinter euch auf. Macht eure Ziele platt, sonst braucht ihr nicht mehr heimzukommen. Wir sind dicht hinter euch.« Über die Bordsprechanlage sagte er:
»Okay, Crew: Wir passen hinter Two -Zero auf, wir werfen unsere Bomben ins Ziel, und wir machen keinen Scheiß. Reißt euch zusammen! Keine Fehler.«
Patrick hatte alles vor sich ablaufen gesehen - er hatte den sicheren Tod vor Augen gesehen. Er wusste nicht - wollte nicht wissen -, wie nahe sie diesem Jäger F-15 Eagle gekommen waren. Jedenfalls nahe genug, um den Aufnäher am Ärmel des Piloten, den hochgeschlagenen Kragen seines Nomex-Anzugs und den Knick in seinem Sauerstoffschlauch zu sehen, als er den heranrasenden über 200 Tonnen schweren Bomber B-1B entsetzt durch seine große Cockpithaube angestarrt hatte.
Wie nahe die beiden Maschinen sich gekommen waren, würde er sich später von den AWACS-Leuten und den Controllern der Nellis Range sagen lassen, die alle Flugzeuge und die insgesamt 130000 Quadratkilometer großen Zielgebiete genau überwachten und jeden Augenblick eines Kampfes in verblüffend detailreicher Computerdarstellung zeigen konnten. Jedenfalls hatten sie vorsätzlich gegen die Übungsbestimmungen verstoßen und um ein Haar einen spektakulären Zusammenstoß provoziert. Jede minimale Abweichung - ein Fehler von wenigen Sekunden, von einigen Meilen, eine zusätzliche Kurve, das Umfliegen eines Gipfels im Osten statt im Westen, ein halbes Grad steileres Sinken oder ein Prozent mehr Fahrt - hätte katastrophale Folgen haben können.
»Geradeausflug, Kurs ist gut«, kündigte John Long an. Seine Stimme dröhnte aus ihren Kopfhörern wie ein Schuss in einem Tunnel. »Vierzig Sekunden bis zur Ausgangshöhe, sechzig Sekunden bis zu meiner Peilung.«
»SA-3 bei zwo Uhr«, meldete Hauptmann Oliver »Ollie« War- ren, ihr Defense Systems Officer, mit einem Blick aufs angezeigte elektronische Bedrohungsprofil. »Standort im Zielgebiet. Hohe Impulsfolgefrequenz und intermittierende Zielsuchfunktion, aber nicht auf uns gerichtet - es versucht anscheinend, Two -Zero zu orten.«
»Ein paar Sekunden lang stören, Ollie«, wies Rinc ihn an. »Mal sehen, ob wir es von Two -Zero ablenken können.« Patrick zuckte
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