Lautlose Jagd
seiner Seelenqualen war. »Du hast damals versagt, nicht wahr, Rinc?«
Sein Blick blieb starr auf den Fußboden gerichtet, »Ja«, sagte er mit leiser, kaum hörbarer Stimme. »Ich bin völlig durchgedreht, Beck. Ich konnte die Maschine nicht abfangen. Wir waren praktisch im Rückenflug. Ich dachte, ich könnte sie noch abfangen.
Mad Dog wollte die Warnleuchten einschalten, damit die anderen sich aufs Aussteigen vorbereiten konnten, aber ich hab' es ihm verboten. Ich habe immer wieder ›Ich hab sie, ich hab sie!‹ gesagt.
Dann habe ich plötzlich gemerkt, dass ich die Maschine in den Boden fliegen würde, und gar kein Kommando mehr gegeben - ich bin einfach ausgestiegen.«
»Rinc, das ist in Ordnung«, versicherte Rebecca ihm. Sie trat auf ihn zu und nahm seine Hand. »Wichtig ist nur, dass du lebend rausgekommen bist...«
»Nein, das stimmt nicht!«, brüllte John Long. Er stand mit zornrotem Gesicht an der Tür von Rebeccas Dienstzimmer. »Sie geben es also endlich zu - Sie haben versagt!«
»John, verschwinden Sie«, forderte Rebecca ihn auf. »Das hier geht nur ihn und mich an.«
Aber Long war bereits hereingestürmt und stieß Seaver rückwärts gegen Rebeccas Schreibtisch. Rinc versuchte nicht, sich zu wehren. Long drückte ihn gegen den Schreibtisch und fing an, ihn mit der rechten Faust zu bearbeiten. »Du Hundesohn!«, brüllte er.
»Feiges Schwein! Du bist an dem Unfall schuld! Du bist an dem Absturz schuld! Du hast diese Männer auf dem Gewissen! Deinetwegen sind meine Freunde tot!«
Furness blieb keine andere Wahl - sie rammte Long ihren rechten Ellbogen ins Gesicht und stieß ihn dann weg. Blut spritzte aus seiner Nase, als er mit einem Aufschrei zurücktorkelte.
»Deshalb haben Sie ihn also immer in Schutz genommen - ihr beiden habt die ganze Zeit miteinander gebumst«, sagte Long, während er sich die Nase zuhielt, um die Blutung zum Stillstand zu bringen. »Verdammte...«
»Schluss damit, Oberstleutnant!«
»Ich bin nicht mehr Ihr Untergebener, Schlampe!«, knurrte Long. »Und selbst wenn ich es wäre, könnten Sie mir nicht den Mund verbieten. Sie haben ihn in Schutz genommen, obwohl Sie den Verdacht hatten, er habe den Absturz verschuldet. Wie konnten Sie das bloß tun, Furness? Wie konnten Sie es Ihrer Einheit antun, diesen Scheißkerl zu decken? Es gibt keinen Kerl, der es wert ist, dass man seinetwegen die eigenen Leute verrät!«
»Schnauze!«, fuhr Rebecca ihn an. »Halten Sie einfach die Klappe, Long!« Er verstummte endlich und starrte sie beide wütend an. Rinc Seaver, der eine aufgeplatzte Lippe und ein blaues Auge hatte, rappelte sich vom Schreibtisch auf. »Ich will von euch beiden kein Wort mehr hören, verstanden? Die Streiterei bringt uns nicht weiter. Was passiert ist, lässt sich nicht mehr ändern.«
»Für mich ist der Fall noch längst nicht abgeschlossen«, widersprach Long. »Erst muss Seaver vor der gesamten Staffel zugeben, was er getan hat. Und dann sorge ich dafür, dass er unehrenhaft aus der Air Guard entlassen wird!«
»Scheren Sie sich zum Teufel, Long«, forderte Seaver ihn trotzig auf. »Ja, ich bin ausgestiegen, ohne den Befehl dazu zu geben.
Ja, ich bin im Tiefstflug zu aggressiv gewesen. Ja, ich habe mich darauf verlassen, dass die Automatik alle rechtzeitig rausschießen würde. Aber dass es Tote gegeben hat, war nicht meine Schuld!
Die rauchenden SAMs haben uns getroffen, die Maschine war nicht mehr zu steuern...«
»Verdammter Scheißkerl!«, brüllte Long. »So ist es recht - immer die Schuld woanders suchen!« Er machte drohend einen Schritt auf Seaver zu.
Rebecca vertrat ihm den Weg. »Schluss damit, habe ich gesagt!«
Dann sah sie plötzlich zwei weitere Männer an der Tür ihres Dienstzimmers stehen: Oberstleutnant Hal Briggs und ein Oberstleutnant, von dem sie nur wusste, dass er zu General McLanahans Inspektionsteam gehört hatte. Die vorn ausgebuchtete Kampfjacke zeigte, dass Briggs selbst hier die kleine Maschinenpistole trug, die sie in Dreamland bei ihm gesehen hatte.
»Wir stören hoffentlich nicht, Oberstleutnant?«, fragte Briggs wie immer lächelnd. Er nickte John Long zu. »Sie sind wieder mal blutig, Oberstleutnant Long, aber diesmal ist es Ihr eigenes Blut.«
»Doch, Sie stören«, antwortete Rebecca gereizt. »Können Sie bitte unten auf uns warten?«
»Nein, das können wir nicht«, sagte der andere Mann. »Ich bin Oberstleutnant David Luger, General McLanahans Stellvertreter.
Wir möchten, dass Sie sofort mitkommen.
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