Lautlose Jagd
Vergiss wenigstens einmal die Verantwortung und den Auftrag und genieß die Aufregung, die dir bevorsteht.
Obwohl die B-1B fast 45 Meter lang war und ein maximales Startgewicht von über 215 Tonnen hatte, war im Cockpit nur eben genug Platz für vier Besatzungsmitglieder in Schleudersitzen und etwas Stauraum. Rinc verstaute seine Fliegerjacke in einem Fach über dem Zugangstunnel, legte seine Unterlagen auf die kleine Ablage über der Mittelkonsole, kontrollierte, dass sein Schleudersitz gesichert war und setzte sich dann, um seine Checklisten durchzugehen, die vor dem Anlassen des Hilfstriebwerks abzuhaken waren.
Patrick stopfte seine Jacke in das Fach hinter dem rechten Sitz, stellte die Helmtragetasche mit zusätzlichen Handbüchern und Ringordnern neben seinen Sitz und kontrollierte dann den Schleudersitz. Er überzeugte sich davon, dass die vier Sicherungsstifte eingesteckt waren, dass der Auslösegriff verriegelt und der Wählschalter auf MANUELL stand, damit bei Fehlfunktion oder unabsichtlicher Betätigung einer der Pilotensitze nicht automatisch die gesamte Besatzung aus der Maschine geschossen wurde.
Dann nahm er Platz und begann sich anzuschnallen.
Im Vergleich zur B-1B hatte die EB-52 Megafortress, die Patrick zuletzt geflogen hatte, ein höhlenartiges Cockpit. Er war es nicht gewohnt, in einer dicken, sperrigen Flakweste zu stecken, und das Anlegen des Gurtzeugs mit den vielen Schnallen und Schlössern war schwieriger, als er erwartet hatte. In einem Bomber B-1B saß man nicht einfach - man trug ihn wie Maßkleidung. Patrick musste seine Schultergurte zunächst ganz locker lassen und mit beiden Händen blindlings nach den Schlössern tasten. Anschließend brauchte er sogar ein paar Sekunden, um sich daran zu erinnern, wie die Sitzverstellung funktionierte.
»Wie geht's dort drüben, Sir?«, fragte Rinc leicht amüsiert. »Sie kommen wohl zurecht?«
Patrick war etwas verlegen, als er sein letztes Gurtschloss einschnappen ließ. Er schlang das Klettband der Checkliste um seinen linken Oberschenkel, befestigte ein kleines Kniebrett aus Aluminium am rechten Oberschenkel und schlug in seiner Checkliste die Seite Vor dem APU-Anlassen auf. Zuletzt streifte er neue Pilotenhandschuhe aus Nomex über, strich die Finger glatt und schlug sich dann so aufgeregt wie vor 20 Jahren vor dem Anlassen der Triebwerke mit der rechten Faust in die linke Handfläche.
»Danke, ich komme zurecht, Major«, sagte er dabei. »Treten Sie mich ruhig in den Hintern, wenn ich Sie aufhalte.«
»Sie halten niemanden auf«, versicherte Rinc ihm. »Ich habe drei Anläufe gebraucht, bis mein Gurtzeug richtig angelegt war.«
Als Erstes mussten sie das Hilfstriebwerk (Auxiliary Power Unit, APU) anlassen. Das APU war ein kleines, unabhängig arbeitendes fünftes Triebwerk im Heck der B-1B, das Strom, Hydraulikdruck und Druckluft lieferte, ohne dass eines der Haupttriebwerke angelassen oder ein Startwagen angeschlossen werden musste.
Dank seines Hilfstriebwerks war der Bomber völlig autark: Er brauchte keine externe Stromversorgung, um seine Triebwerke anlassen zu können. Sobald das APU der B-1B Strom lieferte, schalteten die Besatzungsmitglieder ihre Geräte ein und arbeiteten die Checklisten durch, die vor dem Anlassen der Haupttriebwerke abgehakt werden mussten. Auf die Minute pünktlich nahm die Besatzung sich die Checklisten vor, die zum Anlassen und nach dem Anlassen abzuhaken waren. Es dauerte nur wenige Augenblicke, um alle vier Triebwerke zum Laufen zu bringen.
Danach ging alles sehr schnell. Die Piloten hakten weitere Checklisten ab und testeten jedes System, jedes Reservesystem und alle Gerätefunktionen an Bord. Der TACAN-Empfänger versagte beim Selbsttest, aber das Avionikteam der Staffel brachte sofort einen neuen Empfänger und baute ihn in Rekordzeit ein. Natürlich hätten sie ohne TACAN-Empfänger fliegen können - wegen der modernen Trägheits- und Satellitennavigations-Systeme an Bord wurde das alte TACAN praktisch nur noch für Instrumentenlandungen benutzt -, aber es gehörte zur vorgeschriebenen Instrumentierung. Oberstleutnant Furness meldete sich pünktlich zur festgelegten Zeit. Patrick schrieb die Einsatz- und Startfreigaben mit und begann dann zur Startlinie zu rollen.
Bis auf einen kurzen Ausfall der Bugradsteuerung von Rincs Flugzeug, der sofort durch einen Neustart des Systems korrigiert wurde, gab es beim Rollen der beiden B-1B keine Probleme. Auf den Dächern der Terminals auf dem Reno-Tahoe
Weitere Kostenlose Bücher