Lavinia & Tobais 03 - Skandal um Mitternacht
gewesen.
Anthony und Dominic hatten sich nur zu gern mit der Änderung der Pläne einverstanden gezeigt und sie zu dem kleinen Cafe begleitet, in dem sie sich nun Limonade und kleine Kuchen leisteten. Aber beide Männer blieben gedämpfter Stimmung, so dass die Konversation ziemlich einsilbig verlief, bis Emeline offen zur Sache kam und um eine genaue Schilderung der Ereignisse des vorangegangenen Abends bat.
»Ich denke, wir haben ein Recht, es zu erfahren«, sagte sie leise. »Schließlich waren Priscilla und ich an den Ermittlungen beteiligt.«
Es war, als wäre ein Damm gebrochen. Anthony und Dominic überboten einander geradezu, als sie abwechselnd die Ereignisse vom Anfang bis zum Ende schilderten. Schließlich waren sie fertig.
»Da war so viel Blut.« Anthony umklammerte das Glas ganz fest. »Unglaublich, wie viel.«
Dominic starrte in seine Limonade. »Mr March drehte ihn um, um die Wunde zu untersuchen. Ich hätte es nicht gekonnt.«
»Mr March hatte schon oft mit gewaltsamen Todesfällen zu tun«, wandte Emeline ein. »Er muss inzwischen gegen den Anblick einigermaßen abgehärtet sein.«
»Und gegen den Geruch«, murmelte Anthony.
Priscilla faltete die Hände im Schoß. »Ich kann mir nicht vorstellen, mir eine Pistole an den Kopf zu halten und abzudrücken.« Sie schauderte.
Dominic schwieg und starrte weiterhin in sein Glas.
»Als wir ihn fanden, hatte er die Pistole noch in der Hand«, sagte Anthony. Er musterte seine Finger, die das Glas hielten.
Alle folgten seinem Blick. Niemand sagte ein Wort.
Eine Gänsehaut überlief Emeline. Sie konnte die Augen nicht von Anthonys Fingern lösen.
»In welcher Hand?«, kam es leise von ihren Lippen.
Anthony sah erstaunt auf. »Wie bitte?«
»Du hältst das Glas in der rechten Hand.« Sie schluckte. »Habt ihr Mr Pierce so vorgefunden? Mit der Pistole in der Rechten?«
»Ja«, sagte Anthony.
Priscilla verharrte reglos. »Bist du ganz sicher, dass es die Rechte war?«
»Neben dem Kopf seitlich ausgestreckt.« Dominic demonstrierte es. »So.«
Emeline sah Priscilla an und erkannte in deren Gesicht das gleiche erschrockene Begreifen, das sie selbst erlebte.
»O du lieber Himmel«, stieß Priscilla hervor. »Da stimmt etwas ganz und gar nicht.«
Tobias ließ den Finger noch einmal über die Aufstellung der Verkäufe gleiten, die Swaine an dem Tag der Hausparty getätigt hatte. Wieder hielt er auf halber Höhe der Seite inne.
Er studierte die kurze Eintragung des Perückenmachers einen bestimmten Verkauf betreffend so intensiv, als wäre sie in einem geheimen Code abgefasst. Er ahnte nun, wie Alexander sich gefühlt haben musste, als er es schließlich aufgab, den Gordischen Knoten zu entknüpfen, und sein Schwert zu Hilfe nahm.
»Ja.« Er klappte das Geschäftsbuch zu und stand auf. Ein starkes Gefühl drohenden Unheils erfasste ihn. »Natürlich.«
Als er nach seinem Mantel griff, hörte er Schritte auf dem Gang. Anthony war seit seiner Kindheit nicht mehr so durchs Haus gestürmt. Und noch jemand kam mit ihm. Zweifellos Dominic. Die beiden waren rasch unzertrennlich geworden.
Die Tür zum Arbeitszimmer sprang auf. Anthony und Dominic stürzten im Zustand höchster Erregung herein.
»Tobias, er war Linkshänder«, rief Anthony.
»Emeline und Priscilla sind ihrer Sache ganz sicher.« Dominic blieb mit einem Ruck stehen. »Sie verbrachten einen ganzen Nachmittag in seiner Gesellschaft, als er sie frisierte, und können sich deutlich erinnern, dass er Linkshänder war.«
»Danke, Gentlemen.« Tobias zog eine Schreibtischlade auf und entnahm ihr seine Pistole. »Eure Information deckt sich mit meiner Erinnerung. Ich weiß noch, dass Mr Pierce seine Linke benutzte, als er Mrs Lake seine Geschäftskarte überreichte. Nein, der Friseur beging nicht Selbstmord. Er wurde ermordet - wie vor drei Jahren Zachary Eiland.«
»Wohin willst du?«
»Ich setze meine Ermittlungen fort.« Er kam hinter dem Schreibtisch hervor und eilte zur Tür. »Der Fall ist weit davon entfernt, beendet zu sein. Ich brauche erneut eure Hilfe.«
»Natürlich«, sagte Anthony.
»Was sollen wir tun?«, fragte Dominic.
Der Schock der ernüchternden Ereignisse vom vergangenen Abend ist aber rasch vergangen, dachte Tobias. Vielleicht besaßen die beiden wirklich Eignung für diese Art von Tätigkeit.
»Wo sind Miss Emeline und Miss Priscilla?«
»Sie sind im Café geblieben.«
»Geht zurück und holt sie sofort ab. Dann bringt ihr sie zu Mrs Lakes Haus.« Tobias hastete
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