Lea - Untermieterin bei einem Vampir

die Mimik in seinem so gar nicht hölzernen Gesicht. Falls überhaupt war er nur die Marionette seines Humors. Er war unkompliziert und hatte keinen Überbiss , will sagen: keine Vampirzähne. Ich fand ihn gelinde gesagt charmant. Gleich das zweite Date lief also viel besser als mein erstes. Ich fand es äußerst bedauerlich, als der Gong uns trennte.
    „ Hat mich gefreut, Lea“, verabschiedete er sich und machte sich zu Sarah auf.
    Dieses Date ließe sich vielleicht freudig bezeichnen als: Pinocchio ist überhaupt keine Mogelpackung oder äh... na ja, mein nächster Gedanke hatte damit zu tun, ob die Analogie von Männernasen auf andere Körperteile wohl auch für Pinocchio galt. Wobei, dann würden nicht Dessous sondern Lügen für spannende Nächte sorgen. Eigentlich eine verteufelt gute Kombination, wenn er mir in zehn Jahren immer vorlog, dass ich noch genauso hübsch wie früher sei.
    Wieder lehnte ich mich zu Sarah hinüber.
    „Sssst, Sarah“, zischte ich. „Pinocchio war total nett. Finde mal raus, was er beruflich und hobbymäßig so macht.“
    „ Alles klar.“
    „ Wie war Elvis?“
    „ So schmalzig wie seine Haare. Ich glaube, abgesehen von der Haarpflegeindustrie hat niemand Freude an dem. Betty tut mir jetzt schon leid.“ Betty saß wiederum neben Sarah.
    Innerlich schmunzelte ich. Das war irgendwie eine Art Flüsterpost des Bedauerns, wo Elvis entlang zog. Sarah lächelte ihrem Rendezvous mit Pinocchio entgegen und ich sah mich einem der Blues Brothers gegenüber. Gong.
    „ Hey, welcher bist du? Elwood oder Jake?”, begrüßte ich ihn heiter.
    Er zog überrascht die Augenbrauen aufwärts. „Hey, nicht schlecht. Du kennst die Namen. Ich bin Elwood. Und das da ist Jake.“ Er deutete mit seinem Finger einen Platz neben sich auf den nächsten Kandidaten in meiner Reihe. „Kannst mich aber Ronny nennen.“
    „Hallo Ronny. Ich bin Lea.“
    Er räusperte sich und schielte einen Platz weiter.
    „Sag mal, kennst du die?“
    Er deutete auf Sarah.
    „Zufällig ja.“
    „ Oh gut.“ Er lehnte sich vor und flüsterte verschwörerisch: „Ich kenne Miles vom Volleyball. Als er mir ein Foto von seiner Schwester zeigte, hab ich ihn angebettelt, mich mit ihr bekannt zu machen. Also hat er mich zur Party eingeladen. Aber...“
    Er zuckte mit den Schultern.
    „Aber?“
    „ Ich bin etwas schüchtern. Wenn mich eine Frau interessiert, weiß ich nie, was ich sagen soll. Also hatte Miles die Idee, seine Kostümparty um das Speed-Dating zu erweitern, sodass ich ganz ungezwungen an die Reihe käme und sie nicht so offensichtlich anflirten muss.“
    Ich kicherte. Der Abend nahm eine wirklich lustige Wendung. Das steckte also hinter dieser Date Aktion. Ich hatte mich bereits gefragt, wie Miles auf die schräge Idee kam, eine Maskerade mit Rendezvous zu kombinieren. Irgendwie lag das nicht gerade auf der Hand. Das Verkleiden passte zu Miles, und nachdem Ronny mir das fehlende Puzzleteil in die Hand gespielt hatte, ergab auch diese witzige Idee einen Sinn. Wir alle flirteten samt und sonders nur wegen Ronny und Sarah auf Kommando. Ich war mir sicher, dass Sarah von dieser fragwürdigen Ehre noch nichts wusste. Aber ich freute mich darauf, es ihr am Ende des Abends aufs Butterbrot zu schmieren. Armer Ronny.
    „Verstehe”, sagte ich nur.
    „ Bitte sei nicht böse, dass ich dich hier wegen ihr ausquetsche.“
    „ Schon in Ordnung, Ronny.“
    „ Und, hast du einen Tipp für mich?“
    Ich überlegte. „Sarah ist ziemlich romantisch. Ich könnte mir vorstellen, dass sie die Wahrheit recht lustig fände. Das wäre doch ein guter Aufmacher.“
    „Eher nicht. Hast du keine andere Idee? Sie gibt mir sicher keine Chance, wenn sie mich für einen Psychopathen hält.“
    „ Wohl wahr“, meinte ich leichthin und zuckte mit den Achseln. Ronny sah etwas schockiert aus.
    „ Du hältst es also auch für verrückt?“
    „ Total“, gestand ich. „Aber glaub mir, sie wird es mögen, dass dies alles nur für sie stattfindet. Nebenbei: Sie mag total gern ins Kino gehen, hat ein loses Mundwerk und du entsprichst ihrem Typ.“
    Er schaute etwas verblüfft. Vielleicht waren diese drei zusammenhanglosen Offenbarungen etwas viel für ihn.
    „Ehrlich?”
    „ Hör mal, wir haben nur fünf Minuten. Lade sie also zum Kino ein.“
    „ Einfach so? Hallo, du gefällst mir, lass uns in Kino gehen. Ich bin übrigens Ronny und übernehme die Rechnung? Wo ist der Aufhänger?“
    „ Na ja, falle nicht so mit der Tür ins Haus. Aber