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Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Lea - Untermieterin bei einem Vampir

Titel: Lea - Untermieterin bei einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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anrufen. Tom hatte im Gerangel unser Gespräch beendet und ich war völlig verwirrt, was mit meiner Welt passiert war seither. Seit Tom aufgelegt hatte, seit Tom mich unterm Sternhimmel küsste, seit Tom mich unter einem Mistelzweig küsste. Sarah ahnte nicht einmal, was ich zu erzählen hatte. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie entzückt sein würde, dass Tom und ich unseren Streit irgendwie beigelegt hatten.
    Aber nun waberte diese eigenartige Stimmung zwischen uns. Das Plastik des Telefons fühlte sich merkwürdig surreal an. Doch ich erkannte, dass nicht das Telefon anders war, sondern meine Gefühlswelt. Ich hing noch immer in dieser verrückten Situation mit Tom am Boden fest, als lebte ich eine kleine Zeit im Rückstand von der Gegenwart, als liefen Ton- und Bildspur nicht synchron. Plötzlich kehrte die Realität zurück, spürte ich den Boden unter meinen Füßen wieder, hörte ich die Geräusche der Wohnung, der Stadt, lärmten meine Gedanken viel zu laut durch meinen Kopf. Und das Telefon war wieder echt. Die Benommenheit war fort, doch die Fragezeichen in mir blieben.
    Mein Daumen schwebte über der Wahlwiederholungstaste, als ich mich zu Tom umdrehte. Er stand in der Tür und sah mich einfach nur an, seine Arme am Rahmen abgestützt. Seine Hände hatten eben noch mich gehalten und lagen nun auf dem Holz. Ich selbst stand zum ersten Mal überhaupt in Toms Zimmer… neben seinem Bett. Was wohl eine alternative Lea darin mit ihm täte? Mir wurde merkwürdig heiß. Ich hatte mir Tom schon einmal nackt auf mir vorgestellt. Es war erst zwei Tage her. Was wenn ich meine Miete hätte zahlen können? Keine Frage: So vieles wäre anders gelaufen und ich stünde definitiv nicht hier. Und völlig ungewiss fragte ich mich, wo ich wohl in ein paar Tagen stehen mochte.
    „ Ich rufe nur schnell Sarah zurück, bevor sie die Spezialeinheiten zu meiner Rettung die Wohnung stürmen lässt.“ Ich lächelte schwach und Tom nickte sanft. „Weißt du, wir wollten uns etwas eher treffen. Sie möchte ihren Blog schreiben, wegen dem Speed-Dating und dafür will sie noch die Telefonaktion machen.“
    „ Oh je.“ Tom lächelte gespielt gequält.
    „ Komm Indianer, das stehst du durch“, heiterte ich ihn auf.
    „ Klar. Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss.“
    „ Ja weißt du, heutzutage scheint da telefonieren zu reichen. Früher hättest du Drachen töten sollen.“
    „ Hab ich ein Glück.“
    Ich schlüpfte an ihm vorbei aus dem Zimmer. „Tom?“, fragte ich und wandte mich noch einmal zu ihm um.
    Er drehte seinen Kopf über die Schulter. „Ja?“
    „ Vielleicht wurde Drachentöten auch mit Popcorn machen vertauscht.“
    Ich zwinkerte ihn an und er lachte. Aber es war befangen, grüblerisch. So als fragte auch er sich, was ein Tom in einer alternativen Welt getan hätte oder gerade täte, der weniger Gentleman war als er. Keine Frage, er würde mich küssen. Doch der echte Tom in meiner Welt stand in der Tür und nickte.
    „Okay. Alles klar. Große oder kleine Schüssel?“, fragte er mich statt eines Kusses.
    Ich sah ihn an, als hätte ich eine Sehstörung.
    „Sag nichts“, wehrte er ab. „Das war eine dumme Frage von mir. Ich schau mal, ob ich die Wanne aus dem Badezimmer reißen kann, damit wir sie als Popcornschüssel benutzen können.“
    Ich kicherte. „Los Graf Dracula, schnapp sie dir“, feuerte ich ihn an.
    „Ich schnapp gleich dich, wenn du mich weiter Dracula nennst.“
    Ach wie süß. Wieder eine dieser Drohungen, die entgegen seines Wissens in die Rubrik heimliche Verlockungen gewandert waren. So wie ich den Apfel zu Boden geworfen hatte, kurz bevor er mich küsste, so sehr reizte es mich nun, ihn Dracula zu nennen.
    Doch ich tat es nicht und lief winkend in mein Zimmer, täuschte eine Heiterkeit vor, die ich angesichts meiner Verwirrung nicht empfand. Aber zum Glück sah Tom nur meinen Rücken, als ich davonging, um meine gravitationslose Welt – in der mir alles entschwebte – mit Sarah zu ergründen und alles an den rechten Platz zu sortieren, der wohl nicht mehr derselbe war.
    Ich warf mich zurück in mein Bett. Seit ich es verlassen hatte, hatte der angebrochene Montag eine seltsame Richtung eingeschlagen. Was wäre wohl passiert, wenn ich vorhin liegengeblieben wäre? Weniger Verwirrtheit. Ganz sicher. Und definitiv weniger Spaß und... ja auch weniger Bauchkribbeln. Wobei ich mich bei Tom regelmäßig fragte, ob es Angst oder etwas anderes war, das diesen Aufruhr in mir

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