Lea - Untermieterin bei einem Vampir
mich und flüsterte in mein Ohr. „Wo hast du also deinen ominösen Vermieter versteckt?“
Ich deutete mit der Hand in die Wohnung.
„Sitzt im Wohnzimmer und sieht fern. Aber wir haben schon gekocht. Es ist alles fertig für unseren lustigen Abend. Fehlt nur noch Sarah.“
„ Ach sie kommt auch?“
„ Klar.“ Ich lächelte ihn unschuldig an, als es erneut klingelte. „Oh, das ist sie schon. Ein Glück. Ich bin am Verhungern.“
„ Ich gehe mich mal selbst vorstellen, Bunny“, meinte Kyle und verschwand im Wohnzimmer. Die Geräusche des Fernsehers lenkten seine Schritte in die richtige Richtung. Sarah kam die Treppe herauf und lächelte. Sie sah hübsch wie immer aus.
„ Hey Leamaus. Hast du mich vermisst?“
Ich drückte sie. „Na klar.“ Dann zog ich sie noch etwas fester an mich. „Kyle ist auch da“, tuschelte ich an ihr Ohr.
Sie sah mich mit großen Augen an. „Ach Lea, ist das nicht etwas auffällig?“
„ Wieso? Du bist ständig bei mir. Außerdem wollte er meinen Vermieter kennen lernen. Er denkt sich also, dass es darum geht, Tom vorgestellt zu werden. Er hat keine Ahnung, dass ich euch verkuppeln will.“
„ Ach willst du das?“ Sie grinste mich an.
„ Klar. Tom und ich haben extra die Zweiercouchen vor den Fernseher geschoben. Du darfst dich nachher fürchten und bei Kyle Schutz suchen.“
Sie sah mich wieder mit großen Augen an, die mich wie jedes Mal an ein putziges Kaninchen erinnerten. Wenn Kyle mich schon immer Bunny nannte, war ich gespannt, welchen Kosenamen er Sarah verlieh, wenn die beiden zusammen waren. Vermutlich Rabbit. Dann wären Sarah und ich Rabbit und Bunny. Ich fand den Gedanken irgendwie süß.
„ Was meinst du mit: Schutz suchen? Was gucken wir denn?“, wollte sie wissen.
„ Kein Plan. Tom hat die Filme ausgesucht. Aber es würde mich nicht wundern, wenn wir Bram Stoker’s Dracula schauen. Es wäre Toms Humor jedenfalls zuzutrauen.“ Ich zwinkerte und sie nickte schmunzelnd.
„ Horrorfilme sind eigentlich gar nichts für mich, aber wenn ich dafür mit Kyle kuscheln kann, will ich mich mal anstellen, wie ein echtes Mädchen.“
Wir kicherten und schlenderten zu den beiden.
„Lasst uns essen“, meinte ich. „Sonst verhungere ich neben vollen Kochtöpfen.“
Tom nickte. „Einverstanden.“
Er schaltete den Fernseher aus und kaum waren die Geräusche der Serie verstummt, tönten sanft die Klänge der italienischen Musik zu uns heran.
„ Hach wie schön“, seufzte Sarah. „Und das duftet so köstlich. Hey Kyle, hey Tom”, begrüßte sie die beiden.
„ Hey Sarah“, klangen sie aus einem Munde.
„ Kyle hat sich schon bei dir bekannt gemacht, oder?“, fragte ich Tom, weil ich mal wieder völlig die Gastgebermanieren vergessen hatte.
„ Ja, Bunny “, sagte Tom grinsend als er Kyles Spitznamen für mich aufgriff.
Ich blitzte ihn herausfordernd an. Na warte, Freundchen. Kyle seinerseits kicherte, als er die kleine Spitze von Tom bemerkte.
„Sorry Bunny“, entschuldigte Kyle sich wenig bekümmert. „Aber du bist nun mal mein kleines Bunny. Das wird sich niemals ändern.“
Er schlang seinen Arm um meine Schultern und wir trotteten in die Küche an den gedeckten Esstisch. Ich hatte Kyle schon bei meiner Einladung am Telefon davon in Kenntnis gesetzt, dass er offiziell mein Bruder sein durfte und ich kein Verstellspiel vor Tom mehr bräuchte. Er wollte trotzdem einen näheren Blick auf meinen Scheinfreund und Vermieter werfen. Merkwürdig, ich dachte in letzter Zeit von Tom immer mehr als Tom, statt als Vermieter oder Vampir. Seit er mir vorgeworfen hatte, ich würde ihm keine Persönlichkeit gönnen, hatte ich ihn zunehmend als Tom erfasst. Mehr und mehr erkannte ich seine liebenswerte Art an und gestand mir ein, dass er – zumindest vor mir – nichts Gruseliges tat. Aber ich fragte mich trotzdem, wo Tom sein Blut trank.
Doch den Gedanken verdrängte ich schnell wieder, denn ich wollte nun endlich essen und mir den Appetit auf die weltbeste Pasta nicht selbst verderben. Ich setzte mich neben Tom, damit Sarah bei Kyle sitzen konnte. Gleichzeitig befand ich mich dadurch selbst recht nah bei Tom, aber das machte nichts. Wenn ich an die gestrige Tuchfühlung zurückdachte, an unsere Küsse der beiden anderen Vortage oder sogar unseren Lambadatanz vorhin oder mein Anschmiegen im Supermarkt, dann war es geradezu eine Fernbeziehung jetzt auf einem anderen Stuhl neben ihm zu sitzen.
Was außerdem passierte, wenn ich an all das dachte
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