Lea - Untermieterin bei einem Vampir
meinem, dass ich mich in seinen großen, schwarzen Pupillen spiegelte. Ich fühlte seinen Atem auf meiner Haut und konnte beinahe meine Nasenspitze gegen seine reiben. Tom duftete nach einer interessanten Mischung aus Pastasauce und herbem Deo. Er roch hervorragend und unbewusst sog ich die Luft ein, um mehr davon einzufangen. Definitiv männlich und vermutlich ausgeprägt pheromonlastig. Ich errötete leicht, nicht unbedingt vom Wein. Rein freundschaftlich, um ihm nicht das Gefühl zu geben, optisch der einzige Aussätzige an diesem Tisch zu sein, sagte ich: „Du siehst sehr attraktiv aus, Tom. Jetzt weißt du es.“
Ich lächelte und schaute wieder zu meiner Pasta, um mir die nächste Gabel voll zu nehmen und jedweder Romantik einen Riegel vorzuschieben, denn wenn ich statt Toms Augen meinen Teller betrachtete, ging nicht ständig diese Sturmflut irre tanzender Hormone durch mich hindurch. Ich hatte erkannt, dass ich schnell die Welt um mich herum vergaß und nichts anderes als zwei Seen aus flüssigem, mokkabraunem Gold wichtig wurden, wenn ich meinen Blick zu sehr in Toms tauchen ließ. Je weniger ich ihn ansah, umso einfacher würde sich die freundschaftliche Beziehung zwischen uns auskleiden lassen.
Als ich die Nudeln zu meinem Mund führte, glitt mein Blick zu Sarah und sie lächelte mich an. Das geheime Überraschungsdate schien gut zu laufen. Ich wusste nicht, ob da mehr in ihrem Funkeln lag, als nur die Verzückung über Kyles Nähe. Mir schien, als freute sie sich auch darüber, dass ich reibungslos mit Tom auskam. Und es stimmte, stellte ich fest. Tom und ich waren heute noch keinem Missverständnis erlegen und kamen bereits den ganzen Tag miteinander klar. Ich freute mich über den Gang der Dinge und betrachtete versonnen Kyle.
Meinem Bruder schien das Essen zu schmecken. Er hatte sich etwas Pastasauce um den Mund gekleckert und Sarah würde sich bestimmt hilfsbereit nachher darum kümmern. Vielleicht erlebte ich ein zweites Susi und Strolchi mit den beiden. Allerdings hatten wir keine Spaghetti, sondern Farfalle auf den Tellern. Ich mochte die schleifenförmigen Nudeln, wobei Sarah fand, dass sie wie Schmetterlinge aussahen. Kyle würde es vermutlich für eine Fliege halten, die man gut zu Anzügen kombinieren konnte und Tom hielt es sicher einfach nur für Nudeln. Ich schmunzelte bei dem Gedanken.
Ich betrachtete Sarah und Kyle wie sie nebeneinander saßen und Sarah ihm etwas sagte. Er lächelte und nickte und ich fand, dass die beiden toll zusammen passten.
Tom stupste mich von der Seite an und ich sah zu ihm. Mir fielen wieder seine braunen Augen auf und der feine Goldregen darin, denn der faszinierte mich am meisten.
„Magst du etwas Sauce?“, erkundigte er sich zuvorkommend mit der Kelle in der Hand.
Ich betrachtete seinen frisch aufgefüllten Teller und besah meinen halbtrockenen Nudelberg. „Ja gern.“
Toms Sauce war so lecker, dass ich sie komplett von meiner Portion verputzt hatte. Er füllte mir großzügig auf.
„ So oder noch etwas mehr?“
Ich grinste. „Also wenn du mich so fragst...“
Er nickte geschmeichelt und legte noch einmal nach. Die Farfalle verschwanden unter einer cremeroten Sauce voller Gewürzpunkte.
„ Wo hast du eigentlich so kochen gelernt?“, fragte ich ihn.
„ Meine Oma ist Italienerin“, erklärte er.
„ Ach toll. Wo wohnt sie denn?“
Er lächelte ironisch. „In Italien.“
Ich schaute etwas verwirrt. „Aber wie...“
„ Sie ist erst vor einigen Jahren wieder dorthin gezogen, nachdem mein Opa starb. Sie wohnt nun bei ihrer Schwester in Milano. Mailand. Heimweh hatte sie schon immer, aber die Liebe hielt sie hier.“
„ Verstehe.“ Ich nickte. „Dann bist du also zu einem Viertel Italiener?“
„ Ja.“
„ Daher also deine gebräunte Haut, dein braunes Haar und die braunen Augen.“
„ Auch, ja“, stimmte er zu.
„ Aber zum Glück bist du nicht so klein, wie die meisten Italiener“, sagte ich lächelnd.
Tom grinste mich an. „Da komme ich eher nach meinem Paps oder meinetwegen seinem Paps.“
„Wie ist denn der Name deiner Oma?“
„ Locorotondo.“
Ich lachte. „Was?“
„Locorotondo“, wiederholte er mit rollendem R in der Mitte.
„ Dann würdest du Tom Locorotondo heißen?“
„ Wenn meine Oma nicht den Namen von meinem Opa angenommen hätte, ja. Dann würde auch mein Papa Locorotondo heißen und ich folglich auch.“
„ Das wäre ein Name mit ganz schön vielen Os“, lachte ich.
„ Ich kaufe ein O“,
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