Lea - Untermieterin bei einem Vampir
erheiterte mich.
Ich lächelte Tom an und legte meinen Kopf an seine Schulter. Meine Hände wanderten um seinen Nacken und ich spürte die Wärme seines Körpers durch unsere Kleidung. Ich fühlte dem Spiel seiner Muskeln nach und lauschte dem Schlag seines Herzens und dem sanften Geräusch seines Atems. Sein linker Arm glitt um meine Taille, der Rechte schlang sich um meinen Rücken und hielt meine Schulter in der Hand. Ich schloss verträumt die Augen.
Der Abend war wunderbar sorglos. Ich hörte, wie zwei Stühle über den Boden schabten und merkte, wie Sarah und Kyle sich ebenfalls zu uns gesellten und miteinander tanzten. Kleine Gesprächsfetzen der beiden drangen an mein Ohr, doch ich kümmerte mich nicht darum, war viel zu schwerelos in Toms Armen. Es war gut, dass er mich hielt, sonst hätte ich wie ein Heliumballon an die Decke steigen mögen. Bloß gut, dass die Fenster geschlossen waren. Sonst wäre ich hindurch geschwebt und leise hinaufgestiegen, empor über die Lichter der Stadt in der lauen Abendluft, Mond und Sternen entgegen, ohne eine bestimmte Richtung als immer nur hinauf, still mit der Strömung der Luft im Einklang.
„Woran denkst du, Lea?“, fragte Tom mich leise.
Ich kicherte. „Ich dachte gerade, ich wäre ein Ballon und schwebe über die Stadt.“
Er grinste und rieb sein Kinn über mein Haar. „Du hast schon seltsame Gedanken manchmal.“
„ Ich kann nichts dafür. Es ist der Wein. Ich vertrage keinen Alkohol.“
„ Wieso trinkst du ihn dann?“
„ Weil du ihn eingeschenkt hast“, meinte ich leichthin.
„ Meinen Apfel wolltest du auch nicht essen.“
„ Ganz schön nachtragend von dir. Aber du verwechselst mich da.“
„ Ach ja?“, fragte er vergnügt.
„ Denn weißt du, Schneewittchen wollte keinen Apfel. Das war nicht ich selbst.“
„ Sah dir verblüffend ähnlich.“
Ich lächelte ihn an und er betrachtete mich nachdenklich. Dann nickte er.
„Dieselben Augen, möchte ich schwören.“
„ Zufall.“
„ Der gleiche Sturkopf.“
„ Noch mehr Zufall“, kicherte ich.
Tom senkte seinen Kopf ein klein wenig weiter zu mir herab. Seine funkelnden Augen tanzten über mir und seine goldenen Sprenkeln wurden zu Sternen am Nachthimmel. Wenn ich nur tief genug blickte, würde ich Sternbilder darin erkennen können. Im Moment entdeckte ich vor allem ein glutvolles Funkeln, das mich beinahe schwindlig machte und meinen Atem stocken ließ. Mein Herzschlag wechselte irritiert den Takt und für einen Wimpernschlag hing mein ganzes Gewicht in Toms starken Armen, die mich mühelos bargen.
„Ich würde auch wetten, dass deine Lippen genauso schmecken“, flüsterte er mit rauchiger Stimme.
Oh Junge, Junge. Mir wurde irgendwie wärmer. Mein Blick ruckte von seinen Augen zu seinem Mund und machte mich taumelig. Für eine kleine Weile entrückte die Welt um mich herum und ich dachte nur daran, dass Tom mich gleich küssen würde, dass seine weichen, warmen Lippen sich auf meine legen und sie sanft massieren würden. Ich fände den Geschmack meines Mundes in seinem, denn wir hatten von derselben Pasta genascht. Seine Zunge würde zwischen meine Lippen in meinen Mund gleiten und mich besinnungslos küssen. Gleich. Nur noch ein flüchtiger Moment und dann…
Doch Tom tat nichts dergleichen, obwohl ich in diesem Augenblick nichts sehnlicher wollte, als meine Lippen über seine zu reiben, ganz egal, ob mein Bruder und Sarah uns sahen. Ich war mir sicher, dass sie uns beobachteten. Es gab hier sonst niemanden weiter und Tom und ich waren in unserem Tanz erstarrt und hatten uns mit Blicken gefesselt, die von spannender Erwartung und kribbelndem Verlangen zeugten. Es war der perfekte Moment für einen von Toms perfekten Küssen. Wieder stimmte alles, wieder wollte ich mit der Alternativwelt tauschen, in der Tom mich um den Verstand küsste.
Aber der Tom in dieser Welt und dieser Zeit sagte nur: „Doch das kann ich schlecht herausfinden, oder?“
Ich blinzelte und sah ihn mit großen Augen an. War es wirklich Tom, der mich erst daran erinnern musste, dass uns nicht mehr als eine sanft aufkeimende Freundschaft verband? Würde ich seine Willensstärke brauchen, um diesen tugendhaften Pfad beizubehalten? Einmal mehr hatte ich nur Lippen und keine Zähne gesehen. Einmal mehr hatte ich mich in der Schönheit eines Kusses verlieren wollen. Ich sehnte mich danach, unsere Küsse haben zu können, als würde ich in der realen Welt nur ein Märchenbuch aufschlagen und nach dem Kuss
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