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Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Leander und der tiefe Frieden (German Edition)

Titel: Leander und der tiefe Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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hineinversetzen.«
    Eiken blickte ihn zweifelnd an, sagte aber nichts dazu.
    »Vielleicht sollte ich Hauke Petersen noch einmal mit diesem
Vertrag, oder was immer es auch ist, konfrontieren«, fuhr Leander fort. »Als
Notar kann er mir sicher erklären, was es damit auf sich hat.«
    »Das würde ich nicht machen. Ich traue ihm nicht über den Weg,
auch wenn ich im Moment nicht weiß, wie er dir schaden könnte. Aber bei dem
wäre ich sehr vorsichtig. Außerdem ist Hauke Petersen der Letzte, der dir
sagen würde, wenn da irgendetwas faul wäre. Das steht alles im Zusammenhang mit
den glorreichen Heldentaten seines Vaters, und auf den Ruf seiner Familie lässt
ein Petersen garantiert nichts kommen. Such dir dafür lieber einen anderen
Anwalt – einen vom Festland.«
    Leander bemerkte den angewiderten Ton in Eikens Stimme. Er
hatte das Gefühl, dass es dafür persönliche Gründe gab, traute sich aber nicht,
danach zu fragen. Dafür kannte er sie noch nicht lange genug.
    Eiken stand auf und entzündete eine Petroleumlampe, die in der
Mitte des Wagens von der Decke hing. Erst jetzt merkte Leander, wie dunkel es
inzwischen geworden war.
    »Wird Zeit, dass wir uns auf
den Rückweg machen«, erklärte Eiken. »Nachts wird es verdammt finster hier draußen.«
    »Rückweg?«, rief Leander erschrocken. »Du meinst, wir müssen
den ganzen Weg über den Deich zu Fuß wieder zurück?«
    »Nein, Unsinn. Ich habe mein Fahrrad draußen. Wenn es dir
nichts ausmacht, nehme ich dich auf den Gepäckträger, und dann sind wir in
einer halben Stunde durch die Marsch wieder zurück in Wyk.«
    Leander lief ein Schauer über den Rücken, als er daran dachte,
eine halbe Stunde lang in der Eiseskälte da draußen auf einem Gepäckträger
sitzen zu müssen, auch wenn er sich dabei an Eiken festhalten konnte.
    »Gibt es hier auf der Insel ein Taxiunternehmen?«, fragte er
stattdessen.
    »In Wyk, ja, aber Taxifahren ist teuer.«
    »Egal, in diese Kälte kriegt mich heute kein Mensch mehr. Ich
zahle das Taxi. Dein Fahrrad nehmen wir einfach mit.«
    Eiken griff nach ihrem Handy und rief das Taxiunternehmen an.
    »Henk hat gerade noch eine Fahrt. Danach kommt er direkt hierher.
Er hupt, wenn er da ist.«
    »Henk?«, fragte Leander.
    »Henk ist Holländer. Irgendwann hat er unsere Insel besucht und
ist hier hängen geblieben. Seitdem betreibt er ein Taxiunternehmen. Ich frage
mich immer, wie er davon leben kann.«
    »Holländer sind genügsam«, scherzte Leander. »Die brauchen nur
einen Wohnwagen und jeden Tag dreimal ihre Frikandeln.«
    Eiken antwortete nicht. Sie
schaute aus dem Fenster, obwohl in der Dunkelheit da draußen rein gar nichts zu
sehen war.
    Während sie auf Henk warteten, dachte Leander über die vielen
Informationen und Fragen nach, die er im Laufe dieses Tages angesammelt hatte.
    »Sag mal, Eiken, gibt es hier auch einen Heimatforscher? Ich
meine jemanden, der sich mit der Geschichte, auch mit der des Zweiten
Weltkriegs, auskennt?«
    »Brodersen. Tom Brodersen
aus Boldixum. Er ist Geschichtslehrer an unserem Gymnasium und betreibt als
Hobby Heimatforschung. Allerdings hat er sich damit nicht nur Freunde gemacht,
weil er auch vor unangenehmen Fragen nicht zurückschreckt. Über die Nazizeit
sprechen die Friesen nämlich nicht so gerne, und eben das ist sein Steckenpferd.«
    »Das ist genau mein Mann«, stimmte Leander zu. »Wo finde ich
den? Außer in der Schule, meine ich.«
    »Zu dieser Jahreszeit entweder im Stadtrat – da sitzt er für
die Grünen – oder im Kleinen Versteck . Da spielt er regelmäßig dienstags
Skat.«
    Leander lachte laut auf.
    »Das trifft sich gut. So ein merkwürdiger Priester hat mich
gestern Abend genau dorthin eingeladen.«
    Er erzählte Eiken von dem denkwürdigen Preisskat und dem
kleinen Geistlichen mit den buschigen Brauen und den flinken Augen.
    »Mephisto!«, rief Eiken.
    »Mephisto?«, wunderte sich Leander. »Ist das bei Goethe nicht
eher der Teufel?«
    »Wenn du ihn näher kennenlernst, wirst du verstehen, warum er
bei uns so heißt. Der Mann ist gar kein Priester mehr. Irgendwann wurde er
hierher strafversetzt, und als seine kleine Kirche dann endgültig geschlossen
wurde, hat er sie kurzerhand gekauft und eine Kneipe daraus gemacht – das Kleine Versteck . Wahrscheinlich hätten die ihn sonst in irgendein Kloster
gesteckt, auf eine Gemeinde hätten sie ihn wohl kaum mehr losgelassen. Ein
Querulant, wie er im Buche steht!«
    »Aber er trägt doch Priesterkleidung mit weißem Kragen

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