Leander und die Stille der Koje (German Edition)
solchen Fragen eher aufnehmen. »Klar liebe ich meine Freundin.«
»Da haben wir aber ganz andere Sachen gehört. Sie sollen ja gleich mehrere Freundinnen haben, oder sind das nur Verehrerinnen?«
»Wer behauptet denn so einen Scheiß? Ariana und ich sind schon lange zusammen. Nach dem Abi wollen wir zusammen studieren, in Amerika. Mit anderen Mädchen ist da nichts.«
»Das sah beim Hafenfest aber etwas anders aus«, warf Dieter Bennings dazwischen. »So, wie Sie Ihre angebliche Freundin behandelt haben, machte das nicht den Eindruck, als seien Sie ernsthaft ein Paar.«
»Was geht Sie das an, wie ich meine Freundin behandele?«, verteidigte sich Maarten Rickmers, wobei sich sein Gesicht vor Zorn leicht rot verfärbte. »Manchmal nervt sie halt, klammert ein bisschen viel. Dann zeige ich ihr, wo der Weg langgeht. Das geht Sie überhaupt nichts an.«
»Und der Bürgermeister?«, wechselte Dieter Bennings das Thema und zwinkerte Maarten Rickmers verschwörerisch zu. »Haben Sie dem auch gezeigt, wo der Weg langgeht?«
»Wieso der Bürgermeister?«, horchte der junge Mann vorsichtig auf und blickte zwischen Dieter Bennings und Lena forschend hin und her.
Der wechselt sein Auftreten von einer Sekunde zur anderen, dachte Lena. Ganz schön abgebrüht für so einen jungen Schnösel. »Mit dem sind Sie doch heftig aneinandergeraten. Ein Jüngelchen wie Sie klopft dem Bürgermeister vor die Brust und macht sich über ihn lustig. Finden Sie das nicht auch merkwürdig?«
Maarten Rickmers lachte künstlich auf. »Ach das … Der Bürgermeister hat sich beschwert, dass wir den Bierstand belagert haben und zu laut waren. Ich habe ihm gesagt, dass wir Bürger dieser Stadt sind und ordentlich unsere Steuern zahlen. Also dürfen wir auch am Bierstand stehen wie alle anderen Bürger.«
»Sie zahlen Steuern?«, erkundigte sich Lena. »Womit verdienen Sie als Schüler denn so viel Geld, dass Sie Steuern zahlen? Und warum weiß das Finanzamt nichts davon? Wir haben uns nämlich erkundigt.«
»Mein Vater, meine ich«, korrigierte sich Maarten Rickmers verunsichert. »Äh, meine Mutter mit ihren Fleischereien. Ich verdiene natürlich nicht so viel, dass ich Steuern zahlen müsste.«
»Wissen Sie was, Herr Rickmers«, verkündete Dieter Bennings, »ich glaube Ihnen nicht. Sie lügen, wenn Sie den Mund aufmachen.«
»Sie haben doch selbst gesagt, dass Sie sich beim Finanzamt erkundigt haben.«
»Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie sich mit dem Bürgermeister gestritten haben, weil Sie ihm zu laut waren. Das sah nach einem ganz anderen Streit aus. Worum ging es wirklich?«
Maarten Rickmers schwieg verstockt und sah Dieter Bennings herausfordernd an. Dabei kniff er die Lippen leicht zusammen, als wollte er sagen: Von mir erfährst du nichts.
»Wenn Sie nichts verdienen, wie Sie sagen, wovon haben Sie dann Ihr teures Auto bezahlt?«, schwenkte Lena wieder unvermittelt um.
»Mein Auto? Das hat mein Vater bezahlt.«
»Ihre Mutter bestreitet das.«
»Die weiß nichts davon. Mein Vater hat mir manchmal was zugesteckt, ohne dass sie es mitbekommen sollte.«
»Sie wollen sagen, er hat Ihnen ein Auto für mindestens fünfunddreißigtausend Euro zugesteckt?«, höhnte Dieter Bennings und wechselte mit Lena betont belustigte Blicke.
Maarten Rickmers setzte wieder seine störrische und undurchdringliche Miene auf und antwortete nicht. Auch seine Arme hielt er jetzt wieder verschränkt vor der Brust.
»Steht Ihr Auto vor der Tür?«, erkundigte sich Lena.
»Äh, ja, warum?« Lauernd betrachtete er Lena von unten herauf.
»Sie bleiben hier«, befahl die, stand von der Tischkante auf und ging hinaus, ohne ihm seine Frage zu beantworten. Vor der Zentralstation stand der Mercedes-Geländewagen direkt neben dem Auto von Ole Paulsen. Lena notierte sich das Nummernschild, und als sie schon wieder hineingehen wollte, fiel ihr der Aufkleber auf der Heckscheibe auf: In riesigen Lettern stand dort »Frei-Wild« , wobei das W aus einem martialisch anmutenden Geweih gebildet wurde.
Sie ging zurück in die Wachstube und schob Polizeihauptmeister Jens Olufs, der inzwischen wieder an seinem Schreibtisch saß, den Zettel hinüber. »Kontrollieren Sie doch bitte mal dieses Kennzeichen, Herr Olufs.«
Der Polizist stutzte. »Ich weiß, wem das Fahrzeug gehört.«
»Ich auch: Maarten Rickmers. Trotzdem wüsste ich gerne, ob es auf ihn, seine Mutter oder seinen Vater zugelassen ist.«
»Maarten Rickmers?«, antwortete Jens Olufs erstaunt. »Das kann
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