Leander und die Stille der Koje (German Edition)
klar war, ob sie wütend war oder peinlich berührt, weil man sie ertappt hatte.
»Erpresst werden wir sicher nicht«, brachte sie dann, um eine ruhige Stimme bemüht, hervor. »Ich gebe allerdings zu, dass mir die Sache auch nicht gefällt. Aber was sollen wir machen? Von Kunden wie Frau Rickmers sind wir nun mal abhängig.«
»Ich habe den Eindruck, dass Frau Rickmers von Ihrem – wie sagten Sie doch eben, Herr Steencke? Deal? – gar nichts weiß. Ihrer Ansicht nach hat ihr Sohn das Auto von selbst verdientem Geld bezahlt.«
Frau Steencke blickte ihren Mann erstaunt an. »Weißt du etwas davon?«
»Was weiß ich, was Nahmen seiner Frau erzählt hat«, gab Arno Steencke seiner Frau zur Antwort. »Das geht uns auch gar nichts an. Hilke kümmert sich nicht um das Geschäft. Aber damit du beruhigt bist, werde ich in den nächsten Tagen mit ihr reden. Ich warte noch bis nach der Beerdigung. Verlang aber bitte nicht von mir, dass ich Maarten vor den Kopf stoße; er wird den Laden eines Tages übernehmen.«
»Ihnen gefällt diese Abhängigkeit von so einem jungschen Bengel nicht, habe ich recht?«, wandte sich Lena an Frau Steencke.
»Nein«, kam es gepresst zurück. »Allerdings sind wir keine Beamten. Wir müssen auch dann auf unsere Geschäftsbeziehungen Rücksicht nehmen, wenn es uns nicht gefällt.« Sie funkelte ihren Mann auf eine Weise an, die Lena verriet, dass die glatte Eintracht zwischen den beiden nur Fassade war.
»Erpressung schließen Sie also definitiv aus?«, beharrte Dieter Bennings noch einmal und blickte dabei gezielt Frau Steencke an.
»Selbstverständlich. Mein Mann ist nicht erpressbar.«
»Gut, dann verabschieden wir uns jetzt. Wir haben Sie lange genug aufgehalten«, stellte Lena fest, nickte den Eheleuten zu, die von sich aus auch keine Anstalten machten, ihr zum Abschied die Hand zu geben, und verließ, gefolgt von ihrem Kollegen, das Autohaus.
Draußen empfing sie eine unangenehm blendende Sonne, die erbarmungslos aus einem weißen Himmel brannte und die stehende Hitze unerträglich machte. Lena drehte sich unauffällig um und blickte in den Verkaufsraum, in dem zwischen Arno Steencke und seiner Frau jetzt ein heftiger Streit entbrannt zu sein schien. Sie redete deutlich erregt auf ihn ein, und er reagierte darauf sichtlich ungehalten, bis er schließlich eine wegwerfende Handbewegung machte, sich auf dem Absatz umdrehte und den Ausstellungsraum durch eine Seitentür verließ. Frau Steencke schlich zurück in ihr Büro, zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich damit vorsichtig die Augen, als sie sich wieder hinter ihren Schreibtisch setzte.
»Heiße Luft da drin, trotz Klimaanlage«, kommentierte Dieter Bennings die Situation.
»Weißt du was?«, wandte Lena ein und ging langsam in Richtung Zentralstation durch die Gluthitze voran. »Mir reicht es langsam, dass wir hier ständig an der Nase herumgeführt werden.«
»Wir müssen versuchen, Maarten Rickmers’ Rolle hier auf der Insel endlich zu durchschauen. Ich habe das starke Gefühl, dass da der Schlüssel liegt. Und deshalb sollten wir mit Ariana Jeronski sprechen.«
»Dann werden wir die junge Dame jetzt mal offiziell für morgen Vormittag in die Zentralstation bestellen«, stimmte Lena zu.
Als sie in die Zentralstation zurückkamen, begrüßte Polizeiobermeister Vedder sie mit der Nachricht, dass Ole Paulsen außer Lebensgefahr sei. Wenn diese Nacht alles gut gehe, werde er morgen von der Intensivstation auf die Innere verlegt.
»Vernehmungsfähig ist er allerdings erst in ein paar Tagen«, schloss Vedder seinen Bericht.
»Ein Glück«, sagte Lena zu Dieter Bennings. »Wenigstens ist das dann nicht auch noch ein Mord, sondern nur ein Mordversuch.«
»Was hat die Überprüfung von Mareen Olsens Alibi ergeben?«, erkundigte sich der bei Vedder.
»Mehrere Mitglieder der dänischen Gemeinde haben bestätigt, dass sie bei der Besprechung im Gemeindehaus gewesen ist.«
Bennings nickte und hatte Mühe, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Wieder eine Spur weniger.
In diesem Moment drängte sich Paul Woyke an Jörn Vedder vorbei, der daraufhin zurück in die Wachstube ging, und ließ sich auf den freien Stuhl fallen. Der Schweiß rann ihm von der Stirn und durchnässte sein Jeanshemd auf der Brust.
Lena folgte dem Polizeiobermeister in die Wachstube und bat ihn: »Herr Vedder, rufen Sie doch bitte bei Ariana Jeronski an und bestellen Sie sie für morgen um zehn Uhr hierher.«
Dann ging sie zurück in ihr
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