Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
was sie gesucht hatte, dennoch zögerte sie, die junge Frau aufzuwecken. Eine andere Amazone so zu benutzen, gefiel ihr nicht, anderseits setzte Leandra sie keiner Gefahr aus.
„Hallo“, sagte Leandra und berührte die junge Frau an der Schulter.
„Ja?“ Sie blinzelte müde. „Möchtest du etwas von mir?“
„Hast du fünf Wochen Zeit?“
Plötzlich war sie hellwach, denn Leandras Worte bedeuteten einen großen Auftrag. Jüngere Amazonen aus dem einfachen Volk nahmen gern kleine Aufträge an. Da sie meist kein eigenes Pferd besaßen, lieh man ihnen eines, und nachdem sie den Auftrag erledigt hatten, wurden sie bezahlt.
„Natürlich bin ich interessiert. Mein Name ist Kurane. Worum geht es?“
Leandra setzte sich und sagte: „Ich bin Lara und habe eine Freundin in Glannor, von der ich lange nichts gehört habe, doch leider kann ich nicht selbst hinreiten, um nachzusehen.“
„Glaubst du, ihr ist etwas passiert?“
„Hoffentlich nicht.“
„Wie heißt deine Freundin, und wo soll ich die Suche beginnen?“ Die junge Frau wirkte voller Tatendrang, und Leandra war überrascht. Enos sagte immer, sie könnte nicht gut lügen. Wahrscheinlich hörte sich die Geschichte nach einem kleinen Abenteuer an.
„Sulana arbeitete in der Herberge Ostwind im Hafen. Ich kann nicht abschätzen, wie lange du für Erledigung dieses Auftrages brauchen wirst, deshalb schlage ich einen Tageslohn von 3 Silbermünzen vor. Bist du damit einverstanden?“
„Ja, und wo finde ich dich?“
„Im Palast. Frag einfach nach Lara, Tochter der Akane.“
„Lara, Tochter der Akane“, wiederholte Kurane. „Soll ich sofort aufbrechen?“
„Ja, komm. Draußen steht ein Pferd bereit.“
Sie verließen das Wirtshaus, und Leandra drückte ihr die Zügel des Wallachs in die Hand. Vielleicht sollte ich froh sein, dass man mir dieses Pferd gab , dachte die Prinzessin. An diese seltene Farbe würde sich jeder erinnern.
„Der Wallach heißt Utan. Bitte beeil dich.“
„Ich werde reiten wie der Wind“, versprach Kurane, zog sich geschickt in den Sattel und ritt los. Die Prinzessin sah ihr nach und dachte wehmütig an ihre Stute Balima. Sie hätte Leandra vermutlich nicht fortgeben können, aber sie hatte keine Zeit von dem zu träumen, was sie verloren hatte. Leandra holte ihre Sachen und lief Richtung Berge in einer Geschwindigkeit, die sie einige Stunden durchhalten konnte.
Ich werde dich töten , dachte Farina und schoss. Die Amazone fluchte, als der Pfeil in dem zweiten inneren Ring der Zielscheibe stecken blieb. Im Dunklen traf sie wie die meisten schlechter. Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, etwas zu schlafen, aber wer konnte ruhig schlafen, wenn das Herz in Trümmern lag? Und der Zorn in Farinas Bauch wurde immer größer. Leandra wollte keine Amazone werden. Wie hatte sie ihre Mutter so verraten können?
Bald würde die Sonne aufgehen, doch die Jagd durfte Farina erst gegen Mittag beginnen, und bis dahin musste der Tod der Königin geheim gehalten werden. Die Amazone schloss die Augen. Alle würde der Verlust treffen, trotzdem würde keiner den unsäglichen Schmerz fühlen, den Farina durchlebte. Sie blickte zum Himmel. Später, wenn die Jagd beendet war, würde Farina trauern.
Als der Tag dämmerte, kam Akrissa, und gemeinsam gingen sie zum Tempel, wo die Priesterin Maya sie zu der Hohepriesterin führte. Ruhig hörte Ciara sich an, was in dieser Nacht passiert war.
„So hat sich die Prinzessin also entschieden“, murmelte Ciara, „und das ganze Land muss die Folgen tragen. Ein Königreich kann nicht auf seine Königin warten, Farina. Du willst also die Königswürde ablehnen, um den dunklen Pfad der Rache zu folgen?“
„Ja.“
„So sei es.“ Die Hohepriesterin nickte Maya zu, und diese verließ das Gemach. „Wen schlägst du als deine Nachfolgerin vor?“
„Akrissa.“
„Ich erkenne deine Entscheidung an“, sagte Ciara zu Farina, dann sah sie Akrissa an, und diese erwiderte den Blick ernst. „Die Tradition verlangt, dass du morgen früh den Seher aufsuchst.“
„Natürlich, ehrenwerte Ciara.“
Es klopfte, und die Priesterin Maya trat mit einer reich verzierten Schatulle ein. Ciara öffnete das Kästchen, und Farina sah, dass eingebettet in roten Samt zwölf Dolche lagen. Die Dolche hatten schwarze Griffe. Schwarz wie der Hass und der Durst nach Rache.
Die Hohepriesterin hob einen der Dolche heraus und sprach: „Farina, du wirst dich auf eine Reise begeben – eine Reise, die sehr lange dauern kann, und du darfst erst
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