Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
Timor teilen würde, wenig begeistert, aber jedes andere Tier aus der Herde war schlicht unbrauchbar.
Während Adain ein Naturtalent war und mit den Bewegungen des Pferdes mitging, hielt sich Timor an ihrer Taille fest. Leandra erschauderte. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass das nichts mit der Kälte zu tun hatte. Langsam empfand sie die Nähe als angenehm, und obwohl sie es war, die Timor Halt gab, fühlte sie eine seltsame Geborgenheit.
Die Steppe
Leandra warf einen Blick über die Schulter zurück, und es tat ihr leid, dass sie ihre Gefährten in dieser Stadt zurücklassen musste, doch es war Sitte, dass man Anura alleine gegenübertrat. So war Leandra alleine mit der Stute bei Sonnenaufgang losgeritten – vorbei an Häusern, von denen die Hälfte verfallen und unbewohnt war. Ios war eine sterbende Stadt, die von den Legenden am Leben erhalten wurde. Ein Schauder überlief Leandra, und sie wandte den Blick nach vorne.
Vor ihr breitete sich die berühmte Steppe von Ikerra aus, wo viele Krieger und Amazonen ihre Heldentaten verbracht hatten. Vor vielen Jahren lebten hier Hydras und riesenhafte Vögel, heute beherbergte dieser Ort nur noch ein Wunder: Anura, das unsterbliche Pferd, vom dem man sagte, dass es jede Nacht an den Fluss kam, um zu trinken.
Nach drei Tagen erreichte sie ihn. Träge wie eine Schlange, die eine fette Ratte verschlungen hatte, wand er sich durch die Steppe. Während Leandra den Wasservorrat auffüllte, tat sich die Stute an dem Gras gütlich. Das ist wirklich ein trostloser Ort , dachte Leandra. In der Nähe des Flusses wuchs kräftiges, grünes Gras, aber hundert Schritte weiter, war es gelb, und die verkrüppelten Sträucher streckten ihre Äste zum Himmel, als wollten sie Wasser erflehen.
Nachdem ihr Pferd satt war, führte sie es vom Fluss fort und band es an einen kümmerlichen Strauch fest. Leandra wollte nicht, dass Anura sie witterte.
„Ich komme so schnell wie möglich zurück.“
Leandra kehrte zum Fluss zurück und wartete. Gelangweilt sah sie auf das Wasser, und ihre Gefährten fehlten ihr mehr denn je. Bestimmt stritten sich Adain und Farina in diesem Moment, und Timor saß hilflos daneben. Dieser Gedanke ließ sie lächeln.
Gegen Mitternacht machte Leandra auf der anderen Seite des Flusses eine Bewegung aus, und sie duckte sich. Ein Schatten näherte sich dem Wasser. Das unsterbliche Ross war so schwarz, dass mit der Dunkelheit der Nacht verschmolz, trotzdem war seine Anwesenheit so deutlich wie die Hitze eines Feuers.
Der Wind schob die Wolken vor dem Mond zur Seite, und Leandra konnte sehen, wie der Hengst den Kopf senkte, um zu trinken. Nachdem er seinen Durst gestillt hatte, blickte er zu ihr herüber. Obwohl Anura sie nicht wittern konnte, wusste er, dass sie da war.
Er stieß ein Wiehern aus, bäumte sich einige Male auf und galoppierte davon. Als die Hufschläge verhallt waren, stieß Leandra den Atem laut aus. Das war also Anura, das Pferd, das sie reiten sollte. So bald es hell wurde, konnte sie den Spuren folgen.
Ein schrilles Wiehern voller Angst ließ die Amazonenprinzessin zusammenfahren. Es kam von dort, wo sie ihr Pferd zurückgelassen hatte. Nun herrschte Stille. Sie nahm einen vertrockneten Ast und zündete ihn an. Rasch kehrte sie zum Strauch zurück, an dem sie die Stute angebunden hatte. Das Pferd war fort. Es hatte sich losgerissen. Leandra rief nach ihm, obwohl man nur von einem Streitross erwarten konnte, dass es zu seiner Herrin zurückkehrte, und es hätte keinen Sinn, die Stute in der Dunkelheit finden zu wollen. Die junge Amazone machte ein Lagerfeuer und fiel bald in einem leichten Schlaf.
Die ersten Sonnenstrahlen weckten sie, und nachdem Leandra etwas Brot und Käse gegessen hatte, folgte sie den Hufabdrücken. Allmählich kam Wind auf und warf ihr Staub in Augen. Sie beeilte sich, da die Spuren immer schwächer wurden. Nach zwei Stunden blieb Leandra stehen, die Hufabdrücke waren verschwunden. Sie brauchte sie auch nicht mehr. Hundert Schritt vor ihr lag das Skelett des armen Geschöpfes einsam in der Steppe. Langsam näherte sich Leandra ihm, und in ihrem Herzen spürte sie eine Schwere. Die leeren Augenhöhlen starrten anklagend zum Himmel, die Knochen waren sauber abgenagt, und einige Rippen waren zerbrochen. Welches Raubtier konnte so etwas tun? Die einzigen Wesen, die ihr einfielen, waren Trolle, doch die konnte es hier unmöglich geben. Beunruhigt sah Leandra sich um. Nun war sie froh, dass Farina ihr das Schwert gekauft
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