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Leben Ist Jetzt

Titel: Leben Ist Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün
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den Rücken wohl nie mehr
     ganz weggehen werden, dass die Knie nicht besser werden und das Gehen immer beschwerlicher wird. Das sind keine rosigen Aussichten. Da kommt auch die
     Medizin an ihre Grenzen. Im Alter lässt sich nicht mehr alles reparieren. Manches kann zum Glück erleichtert und gelindert werden. Aber die Begrenzungen
     werden spürbarerer und der Körper immer schwächer. Manche Menschen bedauern sich dann ständig vor anderen. Sie reden nur noch über ihre körperlichen
     Beschwerden und gehen damit ihrer Umgebung auf die Nerven. Andere versuchen, die Beschwerden zu verdrängen. Sie zwingen sich, noch genauso weit zu wandern
     wie sie das früher konnten, auch wenn der Körper inzwischen nicht mehr mitmachen will.

    Doch weder Jammern noch Verdrängen sind die angemessene Reaktion auf die körperlichen Beschwerden. Vielmehr ist ein
     stilles und selbstverständliches Annehmen der eigenen Grenzen gefordert. Wer seine Beschwerden annimmt, der spricht nicht ständig davon. Aber wenn er
     etwas tun soll, das über seine Kräfte geht, dann steht er zu seinen Grenzen. Er steht dazu, dass er den Aufzug braucht, weil er beim Treppensteigen mit
     seinem Herzen Probleme bekommt. Er steht dazu, dass er langsam aufstehen muss, dass er etwas mehr Zeit braucht, ins Auto zu steigen. Aber er macht davon
     kein Aufhebens. Er entschuldigt sich nicht, sondern nimmt es einfach an und steht dazu auch vor anderen. Diese Haltung gelingt aber nur, wenn ich vorher
     Abschied genommen habe von manchen Fähigkeiten. Abschied nehmen tut immer weh. Ich muss betrauern, dass ich nie mehr auf diesen oder jenen Berg steigen
     werde. Ich muss betrauern, dass ich keine weiten Fahrten mehr machen kann. Ich muss betrauern, dass ich nicht mehr tagelang auf die Enkelkinder aufpassen
     kann, weil es mich überfordert. Nur wenn ich das, was ich nicht mehr kann, betrauere, werde ich Neues in mir entdecken, das in mir wachsen will. Und ich
     werde dankbar sein für das, was ich noch tun kann.
Grenzen – auch eine spirituelle Herausforderung
    Die äußeren Grenzen sind immer eine Chance, in sich Neues zu entdecken. Das Neue ist vielleicht die Fähigkeit, still zu werden,
     einfach nur da zu sitzen und durch das Fenster in die schöne Landschaft zu blicken. Der Mann, der immer nur nach außen hin aktiv war, entdeckt auf einmal
     die Fähigkeit, im Haushalt einiges zu erledigen. Vielleicht ist es die Fähigkeit zu kochen. Die Frau, die in der Pfarrei aktiv war und alle Feste
     organisiert hat, beginnt, für ihre Enkelkinder etwas zu stricken oder an sie in aller Ruhe Briefe zu schreiben.

    Die äußere Begrenzung ist immer auch eine spirituelle Herausforderung. Wenn außen nicht mehr viel geht, kann ich nach innen gehen. Ich
     lerne still zu werden, auf die Träume zu achten und auf die leisen Impulse zu hören, die in meiner Seele hochsteigen, wenn ich einfach nur still
     dasitze. Ich kann lernen, mich mit meiner Einsamkeit auszusöhnen. Und auf einmal fühle ich mich auf neue Weise verbunden mit den Menschen um mich
     herum. Aber ich fühle mich auch verbunden mit den Menschen, die mir im Tod vorangegangen sind und von denen ich glaube, dass sie jetzt bei Gott sind. Ich
     spüre eine neue Verbundenheit zu allem, was ist. Das schafft in mir eine Fähigkeit, auch die Menschen um mich herum zuverbinden. Ich
     werde auf einmal zum ruhenden Pol, zu dem andere kommen, um von ihrer Zerrissenheit geheilt zu werden, um zerbrochene Beziehungen wieder zu heilen. Wer
     sich mit seiner äußeren Begrenzung aussöhnt und sich auf den spirituellen Weg der Versöhnung mit sich und mit seiner eigenen Lebensgeschichte einlässt,
     der wird in sich die Fähigkeit spüren, zur Versöhnung in seiner Umgebung beizutragen. Er hat aufgehört zu werten und zu verurteilen. Daher kommen die
     Menschen gerne zu ihm. Sie wagen es, offen und ehrlich über sich zu reden. Denn sie haben das Gefühl: Da hört einer zu, der mich nicht bewertet, der mich
     annimmt, so wie ich bin.
Nichts liegt in unserer Hand
    Dass das Gedächtnis nachlässt, dass einem Namen nicht mehr so schnell einfallen, dass man seine Brille immer häufiger verlegt und
     insgesamt etwas vergesslicher wird, ist nichts Ungewöhnliches, wenn man älter wird. Man kann es hinnehmen, man kann seine Gedächtnisfähigkeit aber auch
     trainieren. Bei vielen hat sich aber eine neue Angst eingeschlichen, die Angst davor, dement zu werden, also die Denkfähigkeit und die Orientierung
     überhaupt zu verlieren. Viele

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