Leben Ist Jetzt
sie sich auch einmal auf die
Nerven gehen. Zuviel zusammen zu sein tut dem Menschen nicht gut. Jeder braucht immer beides: Gemeinschaft und Alleinsein, Nähe und Distanz, gemeinsame
Unternehmungen und Dinge, die man gerne allein tut, in denen man sich vergessen kann und keinen Beobachter dabei hat.
In seinen „Ufergedanken“, mit denen sich Jörg Zink von seinen Lesern verabschieden möchte, kommt er auf seine Ehe zu sprechen, die er
seit fast sechzig Jahren mit seiner Frau Heidi führt. Und er nennt sieben Gründe für ein gelingendes Miteinander auch imAlter. Ich
möchte nur die beiden ersten Gründe zitieren, die die Spannung zwischen Nähe und Distanz auf neue Weise aufgreifen. „Vielleicht ist das erste, das helfen
kann, ein Gönnen. Dem anderen eigene Wege gönnen, eigene Zeit, einen eigenen Zeitrhythmus, eigene Entscheidungen, eigene Wünsche. Eigene
Freundschaften. Überhaupt ihm gönnen, dass er ein eigener Mensch ist, der sein Leben mit seinen eigenen Augen sieht. Vielleicht ist es danach ein
Lassen. Ein freilassender Respekt vor den Gedanken des anderen, die man nicht alle zu wissen braucht. Respekt vor seinen inneren Erfahrungen, die er nicht
alle zu erzählen und die man selbst nicht zu wissen braucht. Ein Wissen auch, dass eine Frau und ein Mann kaum etwas gleich empfinden werden. Respekt auch
vor dem Gebet, das verborgen im anderen geschieht, ohne dass es laut werden muss. Glaubensvorstellungen, die ganz die eigenen bleiben. Und vor allem,
niemals verlangen, dass der eine den anderen zu imitieren habe.“
Eine Angst, die weh tut
Viele Menschen, die in einer glücklichen Partnerschaft leben, haben Angst, dass der Partner früher stirbt. Diese Angst ist
verständlich. Einer Frau, deren Mann an Krebs erkrankt war, habe ich gesagt: Sie werden sich allein fühlen, wenn Ihr Partner vor Ihnen stirbt. Und Sie
wissen nicht, wie Sie allein das Leben schaffen. Ihr Mann hat sich um die Finanzen und um das Haus gekümmert. Sie fühlen sich mit diesen Dingen
überfordert. Sie werden den Schmerz spüren, sich nicht mehr mit Ihrem Mann unterhalten zu können, ihn nicht mehr zu umarmen und zu küssen. Er wird Ihnen
an Ihrer Seite fehlen. Wenn Sie etwas freut, können Sie es ihm nicht erzählen. Wenn Ihnen etwas schwer fällt, haben Sie niemanden, dem Sie es mitteilen
können. Und die Stütze und Liebe, die Sie all diese Jahre erfahren haben, werden wegfallen. Das tut weh. Aber Sie sollen darauf vertrauen, dass Sie in
sich neue Fähigkeiten entwickeln und dass Sie mit dem Segen Gottes Ihren Weg gut weiter gehen können und zum Segen werden für Ihre Kinder.
Wir können die Angst vor dem Tod des Partners nicht vertreiben. Aber wir können sie Gott hinhalten und ihn bitten, dass er seine
gnädige Hand über uns halten möge. Es möge so geschehen, wie es für beide gut ist. Wenn die Frau zuerst stirbt, wird esfür ihren Mann
auch nicht leicht sein. Niemand kann im Voraus wissen, wer von den beiden Partnern es schwerer haben wird, wenn der andere stirbt. Wir können es nur Gott
überlassen und versuchen, in unserer Angst um das Vertrauen zu bitten, dass wir bei allem Schmerz um den Verlust unser Leben trotzdem schaffen
werden. Der, der zurückbleibt, hat die Kinder und Freunde. Und vor allem haben wir Gott, auf den wir uns stützen können. Und wenn der Partner gestorben
ist, wird er uns vom Himmel her weiter begleiten. Er wird uns den Rücken stärken und uns manchmal den richtigen Gedanken eingeben, wie wir mit den
konkreten Dingen des Lebens umgehen können. Und wir können darauf vertrauen, dass wir dann auch Neues in uns selbst entfalten werden, dass wir neue Kräfte
in uns spüren werden, neue Möglichkeiten und neue Lebendigkeit. Und die Partner dürfen darauf hoffen, dass sie sich – ganz gleich, wer zuerst stirbt
– in der Ewigkeit wiedersehen werden, dass ihre Liebe durch den Tod nicht zerbrochen werden kann. Denn die Liebe ist stärker als der Tod. Wir werden
weder aus der Liebe Gottes, noch aus der Liebe des Partners herausfallen.
Auch Trauernde können den Blick in die Gegenwart und in die Zukunft richten
Ein 65-jähriger, dessen Frau vor einem Jahr an Krebs gestorben war, schrieb mir: „Es ist, als ob ein Teil von mir gestorben ist und
mir nun fehlt. Ich kann mich mit meinen 65 Jahren doch nicht noch einmal auf die Suche nach einem Partner machen?“ Viele ältere Menschen machen eine
solche Erfahrung.
Wir müssen unserer Trauer genügend
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