Leben Ist Jetzt
Raum lassen. Es tut weh, dass der Partner gestorben ist. Niemand darf sich von anderen vorschreiben
lassen, wie schnell er seine Trauer überwinden muss. Jede Trauer hat ihre eigene Dauer und will als Erfahrung angenommen werden. Aber die Trauer hat
verschiedene Phasen. In der Trauer werden die unterschiedlichsten Gefühle hochkommen. Es ist immer auch eine innere Arbeit mit der Trauer verbunden. Ein
wichtiger Schritt der Trauer ist, nach der Botschaft zu fragen, die die Partnerin durch ihr Leben und ihr Sterben an mich richtet. Wer war meine Frau
wirklich? Was hat sie bewegt? Was hat sie getragen? Wofür hat sie gelebt? Die Erinnerung an die Partnerin tut weh, aber zugleich werden wir in ihr mehr
und mehr ihr Geheimnis erkennen. Und dann können wir sie fragen: Was möchtest Du jetzt von mir? Wie soll ich mit meinem Leben umgehen, wo ich kaum mehr
leben möchte? Man kann auch einen Brief an die verstorbene Partnerinschreiben, in dem man ihr für alles dankt, was sie für einen
bedeutet hat, in dem man auch um Vergebung bitten kann für alles, was nicht optimal war. Und dann kann man versuchen, einen Brief der Partnerin an sich
selbst zu schreiben. Vielleicht wehrt sich da etwas. Wir meinen, es seien ja doch nur die eigenen Gedanken, die wir da schreiben. Doch das macht
nichts. Auch wenn es eigene Gedanken sind, werden sie aus einer Tiefe kommen, in der sich die eigenen Gedanken mit den Gedanken der Partnerin
vermischen. Und wir werden bemerken, dass es uns gut tut. Wenn wir diesen Brief der Partnerin an uns selbst schreiben, dürfen wir nicht so viel
nachdenken. Wir sollen dabei nicht im Kopf sein, sondern mehr in der Hand, sie soll schreiben, was aus ihr herausfließen möchte.
Ein weiterer Schritt der Trauer wird sein: Wie möchte ich antworten auf das Leben und auf die Person meiner Frau? Wie kann ich jetzt,
da ich allein lebe, trotzdem in Beziehung zu ihr bleiben und mit meiner ganzen Person und Existenz eine Antwort geben auf das, was ich durch sie und mit
ihr erlebt und erfahren habe? Wenn wir über unsere Antwort nachdenken, werden wir nicht nur um die Vergangenheit kreisen, sondern langsam den Blick in die
Gegenwart und in die Zukunft lenken. Eine Frage, die sich dabei stellt, wird vielleicht sein: Soll ich allein leben oder wieder heiraten? Auf diese Frage
gibt es keine allgemeine Antwort. Es gibt Männer, die sagen: Die Beziehungzu meiner Frau war so einmalig. Ich kann keine neue Beziehung
eingehen. Das wäre Verrat an ihr. Andere haben das Gefühl, dass ihnen ihre Frau die Erlaubnis gibt, ja dass sie sie sogar dazu drängt, nicht allein zu
bleiben. Wichtig ist, dass ich auf mein Gefühl höre. Es kann sein, dass die ersten Jahre der Trauer erst durchlebt werden müssen, bevor ich überhaupt
offen bin für diese Frage. Und dann kann ich die Frage ja nicht einfach beantworten. Ich kann mir ja nicht einfach einen neuen Partner suchen. Ich kann
nur offen sein für diese Frage. Und wenn ich dann jemandem begegne und das Gefühl habe, eine Beziehung mit ihr oder ihm würde für mich stimmen, dann kann
ich mich in aller Freiheit dafür entscheiden.
Soziale Beziehungen: Sich einbringen in die Gemeinschaft
Das Bedürfnis, gebraucht zu werden
Irgendwo „dazuzugehören“ ist ein menschliches Urbedürfnis. Das Gefühl, von anderen gebraucht zu werden ist für viele auch eine Form,
Sinn in ihrem Leben zu erfahren. Im Blick auf ihr Alter haben heute viele die Angst, nicht mehr gebraucht zu werden und vielleicht einmal nicht mehr
dazuzugehören. Als Vater und Mutter wurde man von den Kindern gebraucht. Man hat die Familie gestaltet und sie vielleicht auch dirigiert. Jetzt gehen die
Kinder ihre eigenen Wege. Sie brauchen die Eltern und ihren Rat nicht mehr. Die Mutter meint, sie müsse im Haushalt der Tochter aushelfen. Doch die
Tochter möchte es nicht. Sie will ihr Haus selbst in Ordnung halten. Wer im Betrieb eine angesehene Stellung hatte, macht jetzt die schmerzliche
Erfahrung, dass ihn niemand mehr um Rat fragt, dass er mit seinem Wissen und seiner Erfahrung nicht mehr gebraucht wird. Die Angst, nicht mehr gebraucht
zu werden, beginnt bei der Frau oft früher als beim Mann. Die Mutter wird nicht mehr als Mutter von den Kindern gebraucht, die ihre eigene Familie
gegründet haben. Der Mann bekommt Angst, nicht mehr gebraucht zu werden, wenn er seinen Beruf aufgibt. In der Firma hat erEntscheidungen getroffen, nichts lief ohne ihn, er fühlte sich
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