Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
unter keinen Umständen recht.
„Was?“
„Du weißt schon, dein Freund, Till.“
„Ich weiß, wen du meinst. Dem geht’s gut. Lenk’ nicht ab.“
„Ich lenke nicht ab. Aber was du sagst ist völliger Blödsinn. Na gut, ich hab etwas zu viel abgenommen, aber eigentlich finde ich das gut.“
„Das kann unmöglich dein Ernst sein. Schau dich doch mal an. Du bist wirklich zu dünn.“
„Ich bin nicht so dünn, wie früher.“
„Das kann ich nicht beurteilen, vorher kannten wir uns nicht. Ist mir auch ehrlich gesagt egal. Jetzt bist du zu dünn.“
„Nein, bin ich nicht und abgesehen davon will ich nie wieder dick sein.“
„Du hast einfach den Überblick verloren. Dass du nie wieder so werden willst, wie du mal warst, kann ich ja verstehen. Aber versuch’ du auch zu verstehen, dass es nicht gesund ist, was du treibst. Du bist doch eine intelligente Frau.“
Damit hatte er sie in ihrer Ehre gepackt und sie war still. In diesem Augenblick wollte sie ihm nicht recht geben. Aber später, als sie wieder allein in ihrer Küche saß und darüber nachdachte, was er gesagt hatte, musste sie feststellen, dass sie wirklich zu wenig aß. Sie überschlug kurz, wie viel Kalorien sie am Tag zu sich nahm. Das war eindeutig zu wenig. An manchen Tagen kam sie kaum auf achthundert. Wenn sie zudem lief, reduzierte sie die Anzahl auch noch. Insgesamt hatte sich ihr Stoffwechsel umgestellt und sie verbrannte jetzt viel schneller zugeführte Kalorien.
Aber magersüchtig war sie deshalb noch lange nicht. Wenn sie ehrlich zu sich selbst gewesen wäre, hätte sie einsehen müssen, dass sie auf dem besten Weg dorthin war. Sie hatte den realen Blick auf sich selbst verloren.
13. Kapitel: Party
An einem Samstagnachmittag Anfang Mai machte Julia etwas für sie völlig abwegiges. Sie ging an der Alster spazieren. Das hatte sie schon eine Ewigkeit nicht mehr getan. Seit sie angefangen hatte zu laufen, ging sie nur noch deshalb an die Alster. Sie hatte Steffen versprechen müssen sich zu bessern und nicht mehr so viel Sport zu treiben, regelmäßig zu essen und vor allem nach dem Laufen ein Malzbier zu trinken, um wenigstens die verbrauchten Kalorien aufzufüllen. Es half tatsächlich und sie nahm nicht weiter ab. Ganz im Gegenteil nahm sie sogar wieder zu. Sie fand es grauenvoll und hätte am liebsten sofort wieder angefangen zu hungern. Als sie sich bei dem Gedanken darüber ertappte, musste sie feststellen, dass Steffen wohl doch recht hatte.
Um etwas zu ändern, dachte sie, es sei eine gute Idee einmal nicht um die Alster zu laufen, sondern einfach nur einen Spaziergang zu machen. Das Wetter war wunderbar an diesem Samstagnachmittag. Nur vereinzelt zeigte sich eine Wolke am sonst makellosen Himmel. Die Temperatur lag bei knapp zwanzig Grad. Der Wind war angenehm und nicht zu kühl. Sie war ganz überrascht, wie schön es hier war. Wenn sie lief, war sie so sehr mit sich beschäftigt, dass sie keinen Blick für die Natur hatte. Abgesehen davon, ließ sie sich mit lauter Musik beschallen, da sie von ihrer Umwelt nichts weiter wahrnehmen wollte.
Jetzt blieb sie sogar stehen, um Vögel zu beobachten. Erstaunlich, dachte sie, es ist äußerst beruhigend die Natur zu betrachten. Wieso war ihr vorher noch nie aufgefallen, wie wunderbar es hier war? Das Laub der Bäume hatte noch eine unverbrauchte hellgrüne Farbe und ließ die Sonnenstrahlen hindurch scheinen. Es rührte sie geradezu, wie schön die Umgebung war und wie gut es roch. Sie hörte, wie der Sand unter ihren Füßen knirschte. Der Wind ließ die Blätter rauschen und hinterließ auf dem Weg wilde Schatten. Gänse trotteten von einer Wiese zur anderen. Hunde flitzten an ihr vorbei, um einen Stock zu ergattern, der von ihren Besitzern geworfen worden war. Liebespaare, und welche, die es noch werden wollten, schlenderten an ihr vorbei. Auf Bänken saßen Menschen, die einfach so in die Landschaft blickten. Taten die das etwa öfter?
All das, hatte sie früher nie bemerkt. Sie fing an es zu Bedauern, dass sie die Schönheit der Natur bis jetzt übersehen hatte. Dann hatte sie auf einmal die Alster fast umrundet und war an dem kleinen, zu einem Lokal umgebauten, Klohäuschen angekommen, an dem sich die ganze Stadt zu treffen schien. Nur selten ging sie hierher, um sich mit Gitte und Steffen oder anderen Freunden zu treffen. Dabei war es eigentlich ganz nett an diesem Stück der Alster. Zumal man von hier einen atemberaubenden Blick über den angestauten Fluss hatte. Sie
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