Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
auf dich acht geben”, fügte er hinzu, bevor Julia auf seine erste Frage hatte reagieren können.
Erschöpft nahm Julia ihm gegenüber an seinem Schreibtisch platz.
„Und, wie ist es hier sonst gelaufen?“, wollte sie wissen.
„Es ist gut, dass du wieder da bist. Hast du schon dein neues Büro bezogen? Ich habe ein Team für dich zusammengestellt und eine Assistentin für dich eingestellt. Ich denke, du kannst mir vertrauen, dass ich die Richtige für dich ausgesucht habe. Da du ja gerade andere Sorgen hattest, wollte ich dich damit nicht behelligen.“
Er benahm sich absolut professionell, als ob zwischen ihnen nie etwas vorgefallen wäre. Tatsächlich war er dankbar, dass sie ihm Zeit gelassen hatte, sich zu beruhigen.
„Das ist nett, danke. Ich muss mich an diesen Gedanken erst gewöhnen, dass du nun nicht mehr mein Chef bist.“
„Zum gewöhnen ist leider keine Zeit. Hopp, hopp, rann an die Arbeit. Du weißt doch, Zeit ist Geld.“
In ihrem geräumigen, neuen Büro wartete eine Riege Anwälte auf sie sowie eine junge Assistentin, die ihr sehr sympathisch erschien. Die Kollegen kannte sie gut, mit ihnen hatte sie zuvor einige Fälle durchfochten. Dass sie plötzlich ihre Vorgesetzte war, daran musste sie sich dennoch erst gewöhnen. Vor allem, dass sie ab jetzt weniger aktiv arbeiten würde, vielmehr gehörte es nun zu ihren Aufgaben zu delegieren. Wie viel mehr Verantwortung es mit sich brachte, merkte sie, als sie die Aktenberge auf ihrem Tisch liegen sah. Sie kannte im Grunde die Arbeit eines Partners von Robert, den sie manches Mal nicht um seine Stellung beneidet hatte. Trotzdem war sie nun am Ziel ihrer Träume. Sie hatte es geschafft.
Erstaunlicherweise war sie weniger stolz auf sich, wie sie angenommen hatte. Was ausschließlich daran lag, dass sie pausenlos an Till denken musste. Viel lieber hätte sie sich in seinen privaten Räumen von ihm verwöhnen lassen, als vor Aktenbergen zu sitzen. Sie liebte ihre Arbeit, das war bisher ihr Leben gewesen und nichts anderes hatte sie gewollt.
Nun aber war sie unkonzentriert und brauchte für alles wesentlich länger. Als sei ihr in den letzten zwei Wochen ein Stück von ihrem Verstand geraubt worden. Sie entschloss sich, ihm eine Mail zu schreiben, damit sie danach eventuell ihren Kopf frei bekommen konnte.
Lieber Till,
ich sitze hier in meinem neuen, geradezu riesigen Büro und sollte einen ebenso riesigen Berg Akten bearbeiten. Aber ich kann an nichts anderes als an dich denken. Ich vermisse dich so sehr. Ich spüre deine Hände auf meiner Haut und will mehr von dir. Wie soll ich bei dem Gedanken arbeiten können?
Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es schaffe, heute Abend rechtzeitig hier raus zu kommen, dass wir uns sehen können. Dabei weiß ich, dass ich es nicht überleben werde, dich nicht zu spüren.
Tausend Küsse
Deine Julia
Ohne zu zögern drückte sie auf senden und verzog augenblicklich ihr Gesicht. Wie peinlich war das jetzt? Was für eine schwachsinnige Idee, ihm so eine Nachricht zu schicken. Sie selbst hasste sich dafür. Was sollte er nur von ihr denken? Ihr wurde heiß. Und anstatt dass sie nun endlich produktiv würde arbeiten können, starrte sie aus dem Fenster.
„Es ist schon zwei, du musst auch mal was essen“, sagte Robert, der wie aus dem Nichts plötzlich vor ihr stand.
Erschrocken sah sie ihn an und fragte sich, wie lange er schon dabei zugesehen hatte, wie sie planlos Akten von links nach rechts schob.
„Ich habe keinen Hunger, danke. Und du siehst ja, was hier für Arbeit auf mich wartet.“
„Papperlapapp, du kommst jetzt mit.“
Er war um den Schreibtisch gekommen, griff sich eine ihrer Hände und zog sie hinter sich her aus der Kanzlei.
Nur widerwillig stocherte Julia in einem Salat herum, während Robert mit großem Appetit ein Steak aß und pausenlos erzählte, welche wichtigen Fälle die Kanzlei in der Zwischenzeit betreute.
„Was ist eigentlich mit dir los?“, wollte er auf einmal wissen.
Robert war mittlerweile aufgefallen, dass Julia mit ihren Gedanken in einem anderen Universum unterwegs war.
„Nichts, was soll schon sein?“
„Wie geht es denn deiner Mutter? Und wie wird dein Vater mit dem ganzen fertig?“
Julia sortierte den Salat gerade nach Farben, anstatt ihn zu essen.
„Julia?“
„Ja.“
„Deine Mutter hat mit mir gesprochen. Es geht ihr wunderbar.“
Julia war derart in Gedanken, dass sie nicht bemerkte, dass Robert versuchte sie zu
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