Leben ohne Krankheit: »Einer der besten Mediziner Amerikas lehrt ein radikal neues Denken über unsere Gesundheit.« Al Gore (German Edition)
weiteren Entwicklung. Mithilfe der Daten des staatlichen finnischen Krebsregisters behielten sie ihre Patienten noch weitere 14 Jahre, bis Dezember 2007, genau im Auge. Sie wollten mehr erfahren und erzielten einige bedenkenswerte Resultate:
Während der achtjährigen Nachuntersuchungsperiode lag die Gesamtsterblichkeit bei den ehemaligen Beta-Carotin-Konsumenten um 7 Prozent höher als bei der Placebogruppe. Diese Erhöhung war allerdings hauptsächlich auf die ersten vier bis sechs Jahre begrenzt; in den letzten beiden Jahren war die Gesamtmortalität wieder mit den Zahlen der Nicht-Beta-Carotin-Konsumenten vergleichbar. In der Beta-Carotin-Gruppe wurde die höhere Sterbeziffer während der gesamten 22 Jahre der Studie durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs verursacht. Die höhere Sterbeziffer während der achtjährigen Einnahmeperiode lag an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das erhöhte Lungenkrebsrisiko bei den Beta-Carotin-Konsumenten begann bald nach dem Ende der Vitamineinnahme zu sinken und lag nach vier Jahren wieder bei dem der Placebogruppe.
Die niedrigere Mortalität des Prostatakrebses bei Vitamin-E-Konsumenten während der Laufzeit des Versuchs stieg bald nach Studienende wieder auf den Normalwert, blieb aber während der sechsjährigen Nachuntersuchungsperiode unterhalb der Rate in der Placebogruppe.
Die nachteiligen Effekte von Beta-Carotin und die positiven einer zusätzlichen Einnahme von Vitamin E verschwanden während der Nachuntersuchungsperiode weitgehend. Wenn man sich die Befunde genau ansieht, bemerkt man eine Symmetrie in der Verteilung vor und nach der Studie. Das heißt, die Zeit für die Entwicklung der erhöhten Lungenkrebs- und verminderten Prostatakrebsraten entsprach derjenigen für die Rückbildung dieser Effekte. Nach dem Ende des Versuchs wurden keine weiteren positiven Effekte auf den Krebs oder die Mortalität mehr registriert.
Diese Studie hat die These positiver Effekte von Beta-Carotin deutlich widerlegt, und das ist auch in anderen großen Vorbeugungsstudien bestätigt worden. Eine der bekanntesten in den USA war das Beta-Carotene and Retinol Efficacy Trial (CARET), das die Wirkungen von Beta-Carotin in Kombination mit Vitamin A (als Retinylpalmitat) gegenüber einer Placebogruppe bei 18314 Männern und Frauen zwischen 45 und 74 Jahren verglich, die entweder rauchten, früher geraucht hatten und/oder Asbest eingeatmet hatten. Die Gruppe mit der zusätzlichen Vitamineinnahme zeigte eine um 28 Prozent erhöhte Lungenkrebsrate und um eine um 17 Prozent höhere Gesamtsterblichkeit.
Die Frage nach dem möglichen Nutzen von Vitamin E bei der Prostatakrebsvorsorge ist noch nicht entschieden. Als 2007 die National Institutes of Health-AARP Diet and Health Study (Ernährungs- und Gesundheitsstudie der National Institutes of Health und der American Association of Retired Persons) erschien, brachten die darin enthaltenen überzeugenden Resultate Menschen wie mich noch mehr auf die Seite der Nahrungsergänzungsmittel-Skeptiker. Diese Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Multivitaminen, die gewöhnlich auch Vitamin E enthalten, und dem Prostatakrebsrisiko an 295344 Männern. Sämtliche Teilnehmer – im Alter zwischen 50 und 71 Jahren – waren zur Zeit der Anwerbung für die Studie (1995/96) krebsfrei. Während der fünfjährigen Nachuntersuchungsphase wurde bei 10241 von ihnen Prostatakrebs diagnostiziert, bei 1476 im fortgeschrittenen Stadium. Zur Überraschung der Forscher zeigten jene, die einen umfangreichen Vitaminkonsum angaben (»übermäßige Einnahme«, definiert als mehr als siebenmal wöchentlich), ein gestiegenes Risiko für fortgeschrittenen und tödlichen Prostatakrebs. Zwar wurde kein Zusammenhang zwischen Multivitaminkonsum und dem Risiko für heilbaren Prostatakrebs (im Frühstadium) festgestellt, dafür aber ein doppelt so hohes Risiko für tödlichen Prostatakrebs unter regelmäßigen Konsumenten von Multivitaminpräparaten!
Lassen Sie mich dieses Resultat ein wenig einordnen, bevor Sie überhastete Schlüsse ziehen. Die fraglich Studie der NIH-AARP war eine reine Beobachtungsstudie und daher im Hinblick auf viele andere Variablen möglicherweise verfälscht, aber ich möchte erwähnen, dass die Probandengruppe sehr groß war, was die Möglichkeit zu geringer Randomisierung einschränkt, und die Studie insgesamt sehr gut organisiert. Die Ergebnisse stimmen mit denen systematischer Bewertungen und Metanalysen
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