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Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)

Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition)

Titel: Leben um zu lieben (Junge Liebe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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nicht leben. All das passte nicht zu mir und passte nicht in den Alltag, der mir über Wochen zur Gewohnheit geworden war. Mich hatte immer mein Wecker geweckt, ich hatte einen Strich an die Wand gezogen, etwas gegessen und aufgeräumt. Ich hatte mich immer selbst beschäftigen können und war mit der Art zu leben zufrieden gewesen. Mit einem Mal änderte sich so viel um mich herum, dass ich überfordert mit den vielen Eindrücken war. Ich spülte mir das Shampoo aus den Haaren und verließ die Dusche, um mich gleich daraufhin in ein warmes Handtuch einwickeln zu können. Wasserdampf zog sich wie ein morgendlicher Nebel durch das Badezimmer und legte sich wie ein feuchter Schleier auf die kalten Fliesen.
    Ich putzte mir die Zähne und rubbelte meine Haare trocken, um das Handtuch dann über die Heizung zu hängen. Daraufhin griff ich nach meiner Kleidung und zog mir eine frische blaue Jeans sowie ein schwarzes T-Shirt über. Ich verschaffte mir eine klare Sicht in den Spiegel und versuchte meine Haare mit etwas Haarspray in Form zu bringen. Vielleicht war es Einbildung, doch fühlte ich mich nach dem Duschen meist lebendiger als zuvor. Das schwarze Oberteil ließ mich noch blasser wirken, doch störte mich diese Feststellung kaum. Als letztes sprühte ich mich mit einem dezenten Deodorant ein und war bereit dafür, das Badezimmer wieder zu verlassen, um Kevin zu begegnen. Dabei hoffte ich instinktiv, dass er bereits aufgewacht war und ich ihn nicht erst wecken musste.
    Ich holte ein letztes Mal tief Luft und drückte die Klinke herunter, um gleich darauf die Tür aufzudrücken.
    Was ich dann erblickte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Mein Puls beschleunigte sich. Ich begann zu zittern.
    Als Kevin meine Anwesenheit bemerkte, blickte er erschrocken zu mir auf und schien nach den passenden Worten zu suchen:
    „Ich … ich wollte nur aufräumen und dabei ist eine Flasche unter die Couch gerollt. Wirklich, ich … ich weiß, dass mich das alles nichts angeht und es tut mir so leid“, er holte tief Luft. „Ich war so neugierig und habe mit nichts Schlimmen gerechnet.“
    Ich brachte keine weitere Reaktion hervor, als ihn bloß fassungslos anzustarren. Vor ihm befand sich der Karton mit den Familienfotos und Zeitungsartikeln, von denen Kevin ein paar in seinen Händen hielt.
    „Yannek, es tut mir so unglaublich leid …“

VII

Der erste Streit

    Innerlich schrie ich. Äußerlich verfiel ich in einen tranceähnlichen Zustand. Ich kannte Kevin nur einen Tag und hätte meine Vergangenheit auch nach Wochen noch nicht mit ihm teilen wollen. Unzählige Worte und Formulierungen bildeten sich in meinem Kopf, dich ich Kevin vorwerfen wollte, doch brachten meine Lippen keinen Laut hervor. Den Blick nicht abwendend, sackte ich zu Boden, winkelte meine Beine an und starrte auf den geöffneten Karton.
    „Yannek, ich kann verstehen, wenn dich das fertig macht, aber du darfst doch jetzt nicht sauer sein! Das alles war keine Absicht! Ich wollte nicht in deinen Sachen rumwühlen …“, Kevin wirkte verzweifelt und hilflos. Auch wenn jemand anderes in dieser Situation Verständnis haben sollte, war mir dieses Mitgefühl nicht möglich. Ich selbst wusste nicht, ob ich enttäuscht oder verärgert war, ob ich mich schämte oder bestätigt fühlte.
    „Ich geh jetzt lieber …“, murmelte Kevin.
    Ich nahm diese Worte nur beiläufig wahr und beobachtete unbewusst, wie er die Erinnerung vorsichtig zurück in den Karton legte, ihn verschloss und unter die Couch schob. Dass er noch etwas Ordnung machte, indem er den Müll wegräumte, schien mir nach Zeitschindung auszusehen.
    Als er fertig war, warf er mir einen schuldbewussten Blick zu: „Vielleicht meldest du dich ja …“, es glich einem Flüstern. Die Worte hingen wirkungslos im Raum, bis Kevin schließlich durch die Tür verschwand und mich im Chaos der Gefühle und Gedanken allein ließ.
    Ich hatte den gestrigen Abend genossen und mich auf den heutigen Tag gefreut. Ich fühlte mich, als ob ich mich hinter einer festen Mauer versteckte und die Schuld immer bei anderen zu suchte. Tief im Inneren wusste ich, dass Kevin recht und dass er nicht im Bösen gehandelt hatte. Dennoch schämte ich mich für meine Vergangenheit. Ich schämte mich dafür, was der Unfall damals ausgelöst hatte und in welchen verwahrlosten Zustand ich die letzten Monate über gefallen war. Ich sollte bereuen, dass ich mich auf jemand Fremden eingelassen hatte, doch konnte ich es nicht. Merkwürdige

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