Lebens-Mittel
Lager hat?
Die gute Nachricht ist: Dem Karottenesser kann das ganz egal sein. Das ist das Schöne, wenn Sie Lebensmittel und nicht Nährstoffe essen: Sie brauchen der Komplexität einer Karotte nicht auf den Grund zu gehen, um von ihr zu profitieren.
Die geheimnisvollen Antioxidanzien machen klar, wie gefährlich es sein kann, einen Nährstoff aus dem Kontext der Nahrung zu lösen; einen zweiten, verwandten Fehler machen die Wissenschaftler, wenn sie versuchen, Nahrungsmittel ohne den Kontext der Ernährung zu studieren. Wir essen Lebensmittel in einer Kombination und in einer Reihenfolge, die beeinflussen kann, wie wir sie verstoffwechseln. Die Kohlenhydrate in einem Brötchen werden langsamer resorbiert, wenn es mit Erdnusscreme bestrichen ist; die Ballaststoffe, das Fett und das Protein in der Erdnusscreme dämpfen die Insulinreaktion und schwächen so die Wirkung der Kohlenhydrate ab. (Deshalb ist es eine gute Idee, das Dessert am Ende der Mahlzeit zu essen und nicht am Anfang.) Wenn Sie eine Tasse Kaffee zu Ihrem Steak trinken, ist Ihr Körper nicht in der Lage, das Protein im Fleisch vollständig zu resorbieren. Das Olivenöl, mit dem ich Tomaten esse, macht das in ihnen enthaltene Lycopen für meinen Körper besser verfügbar. Gewisse chemische Verbindungen im Thymianzweig werden vielleicht die Verdauung des Gerichts beeinflussen, an das ich ihn gegeben habe, und dazu beitragen, eine chemische Verbindung aufzuspalten oder die Produktion eines Enzyms anzuregen, das gebraucht wird, um ein anderes unschädlich zu machen. Wir fangen gerade erst an, die kulinarische Beziehung der Lebensmittel zueinander zu verstehen.
Ein paar simple Relationen zwischen Lebensmitteln sind allerdings schon klar, zum Beispiel die Nullsummen-Relation: Wenn Sie von einer Sache viel essen, werden Sie von etwas anderem wahrscheinlich nicht viel essen. Schon allein diese Tatsache könnte dazu beigetragen haben, die Herzforscher, die sich die Ernährung vorgeknöpft haben, in die Irre zu führen. Wie die meisten von uns haben sie angenommen, ein schlechtes Ergebnis, zum Beispiel eine Herzkrankheit, müsse eine schlechte Ursache haben, etwa gesättigtes Fett oder Cholesterin, und deshalb haben sie ihre investigativen Energien auf die Frage konzentriert, wie diese schlechten Nährstoffe Krankheiten verursachen könnten. Sie haben sich nicht damit beschäftigt, welche Rolle die Abwesenheit von etwas anderem, etwa Pflanzenkost oder Fisch, bei der Entstehung einer Krankheit spielen könnte. Ganz allgemein hat die Ernährungswissenschaft mehr Energie in die Vorstellung gesteckt, die von ihr studierten Probleme seien das Ergebnis von zu viel von etwas Schlechtem, als die Folge von zu wenig von etwas Gutem. Ist das nun gute Wissenschaft oder nutritionistisches Vorurteil? Der Epidemiologe John Powles meint, aus dieser Präferenz spräche letztendlich eine puritanische Voreingenommenheit: Schlechte Sachen passieren Leuten, die schlechte Sachen essen .
Aber das, was die Leute nicht essen, ist möglicherweise genauso wichtig wie das, was sie essen. Dieser Sachverhalt könnte erklären, warum Populationen, die sehr viel tierische Nahrung zu sich nehmen, generell höhere Raten von koronaren Herzkrankheiten und Krebs haben als Populationen, die dies nicht tun. Der Nutritionismus jedoch hat die Forscher ermuntert, hinter dem eventuell schuldigen Lebensmittel an sich – dem Fleisch – nach dem schuldigen Nährstoff im Fleisch zu suchen, und als der galt lange das gesättigte Fett. Nachdem breit angelegte Ernährungsstudien wie die Women’s Health Initiative und die Nurses’ Health Study keine Belege dafür gefunden haben, dass eine Reduzierung des Fettverzehrs das Auftreten von Herzkrankheiten oder Krebs wesentlich vermindert, sind die Wissenschaftler natürlich ziemlich perplex.
Dank der (von der ebenfalls reduktionistischen Lipid-Hypothese inspirierten) Fettarm-Manie können Sie ohne Weiteres Ihren Verzehr an gesättigtem Fett herunterfahren, ohne sehr viel weniger tierisches Protein zu essen: Trinken Sie einfach fettarme Milch, kaufen Sie fettarmen Käse und bestellen Sie statt einem Burger Hähnchenbrust oder Truthahnschinken. Denn die großen Ernährungsstudien haben ja nicht das Fleisch, sondern nur das Fett belastet, oder? Die Fixierung auf die Nährstoffe hat uns leider nicht viel über die Nahrungsmittel erzählt. Vielleicht ist der schuldige Nährstoff in Fleisch und Milchprodukten das tierische Protein an sich, wie einige Forscher
Weitere Kostenlose Bücher