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Lebensbilder I (German Edition)

Lebensbilder I (German Edition)

Titel: Lebensbilder I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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neuen Werke kaufen, damit er sie am Tage ihres Erscheinens auf dem Kamin sinde; von Stunde zu Stunde muß ich nach dem Feuer sehen und nach allem, damit es schon da ist, bevor er's begehrt. Ich habe ein kleines Büchlein, worin all meine Funktionen verzeichnet stehen, und das ich wie den Katechismus auswendig gelernt habe. Sommers muß ich durch Eisstücke die Luft kühlen, winters die stets gleichmäßige Temperatur erhalten und von Zeit zu Zeit überall frische Blumen hinstellen. Ach! man sollte es kaum glauben, wie weit er seine Sonderbarkeit treibt! – So zum Beispiel liegen seine Gemächer alle in einer Reihe, und keine Tür hat eine Klinke; wie er auf die Schwelle tritt, öffnen sie sich durch Springfedern, und wenn eine Tür sich öffnet, öffnen sich alle, und er spaziert, ohne eine Tür zu öffnen, durch alle seine Zimmer. Das ist bequem, nicht wahr? Je nun, er ist reich, er hat an 1000 Taler täglich zu verzehren. Das arme Kind, er weiß auch, was Armut ist, es fehlte ihm eine Zeitlang am Nötigsten. Und sehen Sie nur, er ist so gut, er hindert niemanden, man hört kein lautes Wort von ihm. Welche Stille zum Beispiel hier im Hause, hier im Garten, und doch geht alles seinen richtigen, pünktlichen Gang. Aber, Herr Perriguet, Freude werden Sie nicht an Ihrem Schüler erleben. Er hat so manche ausländische Sprache bei Ihnen gelernt und konnte ehemals, wie die Apostel zu Pfingsten, in allen Zungen reden. Aber was hilft das, er gewöhnt sich das Sprechen ganz ab; wenn's so fort geht, müssen Sie von vorn wieder mit ihm anfangen.«
    »Nicht doch,« fiel der Professor ein, »Sie sagen ja, der Herr Marquis liest und schreibt den ganzen Tag.«
    »Freilich und kümmert sich um nichts, denn ich bin gleichsam Herr im Hause. ›Jonathan!‹ sagte er im Anfang zu mir, ›sorge für mich wie für ein Kind in den Windeln. Denk du an alle meine Bedürfnisse, damit ich es nicht brauche.‹ Warum? Er ist Herr, und ich bin Diener, mehr begreife ich nicht davon, und das übrige mag Gott wissen.«
    »Er dichtet!« rief der alte Professor.
    »Meinen Sie? Aber er sagt ja, daß er ein Pflanzenleben führe! Neulich brachte ich ihm eine kostbare Tulpe, aufmerksam betrachtete er sie – es war gerade beim Ankleiden – und sagte: ›Mein armer Jonathan, sieh da mein Leben!‹«
    »Dies alles, Herr Jonathan, beweist mir,« sagte der Professor mit pedantischer Strenge, der Jonathan großen Respekt erwies, »daß Herr Raphael, mein Zögling, wie ich mir zu Ruhm und Ehre schätze, carus alumnus , wie der Lateiner sagt, gegenwärtig an einem großen und wichtigen Werke arbeitet; weil er sich in dasselbe vertieft, will er mit den alltäglichen Lebenssorgen nichts zu schaffen haben, denn ein Gelehrter vergißt über seinen Gedanken alles. Der berühmte Newton –«
    »Newton, Newton! so heißt keiner der Bekannten meines Herrn!«
    »Newton«, nahm der Professor das Wort, »war ein großer Philosoph und Mathematikus –«
    »Ganz richtig! Ich kenne ihn also nicht!«
    »– und hatte einst, sein Haupt gestützt auf den Ellenbogen, vierundzwanzig Stunden in Nachdenken verbracht, als er endlich aus demselben erwachte; er glaubte, noch am gestrigen Tage zu leben, und konnte es nicht begreifen, daß man ein Datum weiter zählte.«
    »Das konnte ein so großer Gelehrter nicht begreifen?«
    »Je nun! weil er ganz in Gedanken vertieft dagesessen hatte und aus denselben wie aus einem Schlafe erwachte. Aber ich will zu meinem Zögling, denn ich werde ihm nützlich sein können.«
    »Einen Augenblick!« rief Jonathan, »und wären Sie der König von Frankreich, ich meine den neuen, so kämen Sie nicht hinein, ohne die Tür zu sprengen oder einen Weg sich über meine Leiche zu bahnen; aber ich will zu ihm und sagen: Professor Perriguet! dann sagt er ja oder nein. Niemals sage ich: befehlen Sie, wünschen Sie, wollen Sie; dergleichen Worte sind aus unserer Haussprache gestrichen, und da mir etwas Ähnliches einmal entfuhr, fragte er mich zornig: ›Soll ich vor Langeweile umkommen?‹ – Seitdem aber bin ich auf meiner Hut.«
    Ohne Umstände ließ hierauf Jonathan den Professor stehen, dem all das Gehörte zu folgenden Gedanken Anlaß gab: »Ohne Zweifel hat der Stil meines Eleven eine Tacianische Gedrungenheit. Je nun, er ist reich, und Tacitus war es auch. Wir armen Schulmänner, die wir von unseren Schriften leben und nach dem Bogen bezahlt werden, müssen uns schon der Ciceronianischen Schreibart befleißigen.«
    Jonathan kehrte bald mit einem

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