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Lebensbilder II (German Edition)

Lebensbilder II (German Edition)

Titel: Lebensbilder II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Paris zu verlassen, als die Ereignisse des 20. März einen neuen Sturm über die Legitimität und ihre Verteidigung heraufbeschworen. Der Graf Fontaine nahm von seinen Landgütern wieder Gelder zu hohen Interessen auf, ohne zu wissen, ob die neuen Opfer ihm besser vergolten würden als die früheren, und war einer der fünf getreuen Diener, welche das Exil des Hofes zu Gand teilten, und einer der Fünfzigtausend, welche aus diesem Exil zurückkehrten. Während dieser kurzen Abwesenheit indessen hatte er das Glück, den König selbst zu bedienen, der sich von den redlichen Gesinnungen und der unerschütterlichen Treue seines Anhängers überzeugte. Einst erinnerte sich der König sogar jenes Scherzes, den der Graf in den Tuilerien gemacht, worauf ihn dieser von seiner ganzen Lage in Kenntnis setzte. Die Folge davon war, daß der Graf von Fontaine, nach der zweiten Rückkehr, einer jener außerordentlichen Gesandten ward, welche die Departements durchreisten, und bei seiner Rückkehr nach Paris erhielt er einen Sitz im Staatsrat, ward Deputierter, sprach wenig, hörte viel und änderte gar seine aristokratischen Gesinnungen.
    Der geistreiche König, der ihm mehr und mehr seine Gunst zuwandte, sagte ihm einst: »Mein Freund Fontaine! Ich vermag es weder Sie zum Generaldirektor noch Minister zu machen, denn unserer Ansichten halber werden wir alle beide unsere Stellung nicht behaupten können, die Repräsentativmacht hat das Gute, daß wir selbst nicht nötig haben, unsere Staatsräte abzuschaffen. Unser Staatsrat ist eine wahre Schenke geworden, die sogenannte öffentliche Meinung führt oft drollige Passagiere herbei, dennoch aber wissen wir, wo wir unsere treuen Diener unterbringen können.«
    Infolge dieses Scherzes erhielt Herr von Fontaine einen sehr einträglichen Posten bei der Verwaltung der Krondomänen.
    Er hörte die Witzeleien seines königlichen Beschützers mit feiner Aufmerksamkeit an, auch rühmte er sich der besonderen Gunst seines Königs niemals; dieses, und weil er die ministeriellen, die Hof- und Stadtanekdoten sehr geistreich wieder zu erzählen wußte und Ludwig XVIII. derlei Gespräche besonders liebte, befestigten ihn immer mehr und mehr in der Gunst des Königs, und nicht nur Herr von Fontaine selbst, sondern ein jedes Mitglied seiner Familie setzte sich, wie der König scherzhaft zu sagen pflegte, den Seidenraupen gleich, jeder auf ein Blatt des Budgets. Der älteste seiner Söhne erhielt eine immerwährende Magistratur, der andere, welcher vor der Restauration Hauptmann war, avancierte in kurzer Zeit zum Generalleutnant, und der dritte ward Unterpräfekt in der Provinz. Damit aber war die ganze Familie des Herrn von Fontaine noch nicht versorgt. Er hatte noch drei Töchter, und aus Furcht, die Gnade des Königs zu sehr in Anspruch zu nehmen, redete er vorläufig nur von einer Demoiselle de Fontaine. Der König wollte das Glück seines Lieblings vollkommen machen und vermählte die älteste seiner Töchter mit einem Generaleinnehmer.
    Bald darauf sprach der Graf auch von einer zweiten Demoiselle Fontaine. Der König, in einem Anfall von neckischer Laune, vermählte die Tochter des alten Edelmanns mit einer reichen, aber bürgerlichen Magistratsperson, den er, um die Bosheit auf die Spitze zu treiben, baronisierte.
    Als er indessen von der dritten Demoiselle Fontaine hörte, antwortete er dem Vater: » Amicus Plato, sed magis amica natio « [Fußnote: Ich liebe den Plato, aber mehr noch die Nation. ] .
    Einige Tage darauf zeigte er dem Grafen Fontaine ein Epigramm, worin er sich über die drei Töchter, welche der Vater so zudringlich seiner Gnade empfohlen, ein wenig lustig machte.
    »Geruhen Ew. Majestät,« sagte der Graf, »das Spottgedicht in ein Hochzeitsgedicht zu verwandeln.«
    »Ich sehe nicht ein, wozu,« versetzte der König stolz.
    Diese abschlägige Antwort bekümmerte den Grafen um so mehr, weil Emilie, seine jüngste Tochter, eigentlich sein Lieblingskind war. Um dies gehörig zu erklären, sehen wir uns genötigt, den Leser in das schöne Hotel einzuführen, welches der Verwalter der Krondomänen auf königliche Kosten bewohnte.
    Emilie hatte ihre Kindheit auf den Landgütern ihres Vaters verlebt, deren Reize den unschuldigen Freuden ihrer Jugend genügten. Ihre Schwestern, Brüder, Eltern liebten die Kleine und suchten, jeden ihrer Wünsche zu erfüllen. Als sie indessen verständiger geworden war, um das Kostbare von dem Gewöhnlichen zu unterscheiden, traf es sich gerade,

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