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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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Stunden schon so ausgesehen?
    Lukas sorgenvolles
Gesicht stand ihr noch deutlich vor Augen. Er wollte mit ihr reden, wissen, wie
sie sich fühlte und was sie empfunden hatte. Gestern, während dieser Zeit, an
die er sich nicht erinnern konnte. Hatte er ihr wehgetan?
Nur ungern ließ er sie allein in der Wohnung zurück. Nora würde sie sicher gern
besuchen kommen, schlug er vor. Dabei musste er damit rechnen, dass Tony Nora
vom vergangenen Tag erzählte. Eine Vorstellung, die Lukas kaum gefallen konnte.
Tony wusste, sie sollte ihm anrechnen, dass ihr Wohlbefinden ihm wichtiger
erschien.
Sie brauchte Zeit für sich, machte sie ihm klar - und schließlich gab er auf.
    Es wäre
einfacher, wenn sie ihm die Schuld geben könnte, an dem Loch, in das sie so
unvermittelt gefallen war.
Er hatte ihr oft genug klar zu machen versucht, dass er kein Mensch war. Sie
hatte es hingenommen, als hätte er zu ihr gesagt: Ich bin kein Deutscher. Oder:
Ich bin kein Christ. Sie war sogar ein kleines bisschen beleidigt gewesen. Hielt
er sie für kleinkariert?
    Jetzt waren alle
Unsicherheiten, die sie längst überwunden geglaubt hatte, in ungeahntem Ausmaß
über sie hereingebrochen und erinnerten sie an ihre Gespräche mit Thomas. An
ihre eigene Überheblichkeit.
Sie hatte den Gefährten bemitleidet, war überzeugt gewesen, dass die schlechten
Erfahrungen aus seiner Vergangenheit ihm die Fähigkeit genommen hatten, sich
vollständig auf Jan einzulassen. Dabei verstand Thomas das Verhältnis zwischen
sich und seinem Bluttrinker womöglich viel besser als sie. Ohne die romantischen
Wunschvorstellungen, die ihr den Blick auf die Realität vernebelten.
     
    Im ersten Moment
glaubte Tony, der hohe, schrille Ton, der plötzlich die Luft erfüllte, käme aus
dem Fernseher. Sie ließ ihren Waschbeutel fallen und eilte ins Wohnzimmer
zurück. Das ohrenbetäubende Jaulen erinnerte an einen Schwarm Heuschrecken und
schien immer lauter zu werden, je länger es anhielt - dann verstummte es, so
unvermittelt, wie es begonnen hatte.
Die Stille danach wirkte bedrohlich. Der hölzerne Dialog aus dem Fernseher, das
leise Brummen des Kühlschranks - Tony hörte sogar die Wanduhr ticken.
    Mit einem
albtraumhaft unwirklichen Gefühl machte sie ein paar Schritte in Richtung Diele
und nahm das Bedienungspaneel der Alarmanlage in Augenschein. Die Kontrollleuchten
blinkten wie ein Weihnachtsbaum und ließen nur einen Schluss zu: Jemand hatte
sich durch die Tiefgarage gewaltsam Zutritt verschafft!
    Angst ballte sich
in Tonys Magen zu einem schmerzhaften Klumpen zusammen. Ihr Herz pochte so
laut, dass ihre Ohren dröhnten.
Sie wusste, diese Wohnung glich einem Warenhaus voller Luxusartikel. Genug um
einen Lkw mit lohnendem Diebesgut zu füllen. Aber gleichzeitig kam das
Penthouse einem Hochsicherheitstrakt so nahe, wie Tony es sich bei einer
Wohnung nur vorstellen konnte. Es gab gewiss Hunderte Wohnungen in der
Innenstadt, die ebenfalls teuer ausgestattet waren und nicht einmal annähernd
so gut gesichert. Warum, verdammt noch mal, mussten diese Einbrecher sich so
viel Arbeit machen?
Zweifellos hatten sie herausgefunden, dass die Wohnung monatelang unbewohnt
war. Sicher rechneten sie nicht damit, jemanden anzutreffen.
Was würden sie tun, wenn sie sie hier vorfanden?
Im Schnelldurchlauf durchzuckten Horrorvisionen ihr Hirn. Leise, mit zitternder
Hand, öffnete sie die Tür zum Treppenhaus einen Spalt weit.
    Der Lift surrte.
Im Erdgeschoss oder im Keller hatte jemand den Knopf gedrückt. Auf der Treppe
hörte sie Schritte, im Moment noch weit unten.
Kurz dachte sie an die Pistole in Lukas Schreibtisch. Ihr Gefährte hatte darauf
bestanden, dass sie regelmäßig mit der handlichen Glock 19 übte. Wenn sie sich
bedroht fühlte, so hatte er ihr eingeschärft, sollte sie auf alles schießen,
was ihr zu nahe kam. Zum Fragen stellen blieb später noch Zeit.
Dafür war es zu spät!
Die Schritte auf der Treppe hörten sich nach mehreren Männern an und Tony
vermutete, dass mit dem Fahrstuhl ebenfalls mehr als ein Eindringling auf dem
Weg nach oben war. Wenn sie jetzt zu Lukas Arbeitszimmer lief, um die Waffe zu
holen, war sie in der Wohnung gefangen.
    Tony handelte
ohne nachzudenken. Sie ergriff ihre Stoffschuhe, die auf der Matte neben der
Eingangstür standen, glitt durch den Türspalt und zog die Sicherheitstür
lautlos hinter sich ins Schloss.
Barfuß eilte sie die kühlen Marmorstufen hinab, bis zum nächsten Treppenabsatz.
Hier gab es einen schmalen Raum, eigentlich

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